Mehr Intelligenz für mobile Geräte

Eine Technik namens Deep Learning lässt Computer zuverlässig Muster und Gesichter erkennen. Bald könnte sie, unterstützt durch spezielle Hardware, auch in Smartphones oder Autos zum Einsatz kommen.

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Von
  • Tom Simonite

Eine Technik namens Deep Learning lässt Computer zuverlässig Muster und Gesichter erkennen. Bald könnte sie, unterstützt durch spezielle Hardware, auch in Smartphones oder Autos zum Einsatz kommen.

Viele der Geräte um uns herum könnten bald in der Lage sein, Bilder und Videos weitaus besser zu verstehen. Möglich wird das mit Hilfe von Hardware, die speziell auf eine Technik für maschinelles Lernen namens Deep Learning ausgelegt ist.

Unternehmen wie Google haben mit Deep Learning, riesigen Datensammlungen und leistungsfähigen Computern zuletzt Durchbrüche bei Bilder- und Gesichtserkennung erreicht. Jetzt kündigten zwei wichtige Chiphersteller und der chinesische Suchriese Baidu Hardware an, mit der diese Technik auch in Mobiltelefonen, Kameras, Autos und anderswo Einzug halten soll.

Üblicherweise verraten Chiphersteller neue Funktionen nicht im Voraus. Synopsys aber, ein Unternehmen, das Software und geistiges Eigentum an die größten Chipfirmen lizenziert, wich Mitte Mai auf einer Konferenz für maschinelles Sehen von dieser Branchenpraxis ab: Es zeigte einen neuen Kern zur Bildverarbeitung, der speziell auf Deep Learning ausgerichtet ist. Er dürfte in Chips integriert werden, die in Smartphones, Kameras oder Autos stecken. Bei den verbreitetsten Fertigungsverfahren würde er nur etwa einen Quadratmillimeter Platz einnehmen.

Das neue Prozessor-Design stehe den Kunden ab diesem Sommer zur Verfügung, sagte Pierre Paulin, Leiter für Forschung und Entwicklung bei Synopsys, der US-Ausgabe von Technology Review. Viele hätten sich sehr interessiert daran gezeigt, Hardware für Deep Learning zu bekommen.

Ein Demo-Video von Synopsys zeigte auf der Konferenz, wie die neue Hardware Schilder mit Geschwindigkeitsbegrenzungen erkennt. Außerdem präsentierte Paulin die Ergebnisse eines Deep-Learning-Netzes, das auf die Erkennung von Gesichtern trainiert war. So genau wie die besten Forschungsprojekte, die auf leistungsfähigen Computern laufen, war es noch nicht, räumte Paulin ein. „Für Anwendungen wie Video-Überwachung funktioniert es aber schon sehr gut“, sagte er. Der spezialisierte Kern benötigt deutlich weniger Strom als ein konventioneller Chip für dieselbe Aufgabe.

Damit könnte die Synopsys-Hardware vielen Arten von Geräten mehr visuelle Intelligenz verleihen, von Telefonen bis zu billigen Überwachungskameras. Die eigenständige Erkennung von Tausenden Objekten wäre damit laut Paulin nicht möglich, aber immerhin die von einigen Dutzend.

Nutzen ließe sich das für neuartige Kamera- oder Foto-Apps. Außerdem, so Paulin, könne die Technologie Kameras für Autos, Verkehrsbeobachtung und Überwachung besser machen. Beispielsweise könnte eine Kamera zur Hausüberwachung erst dann anfangen, Bilder ins Internet zu schicken, wenn ein Mensch in den Beobachtungsbereich kommt. „Und es sind auch schwierigere Sachen möglich, etwa zu erkennen, wenn jemand auf die U-Bahn-Strecke fällt“, sagt Paulin.

Jeff Gehlhaar, Vice President für Technologie bei Qualcomm Research, sprach auf der Konferenz über Bemühungen seines Unternehmens, Deep Learning über Apps für bestehende Telefon-Hardware zu ermöglichen. Ob auch eine eingebaute Unterstützung für Deep Learning in den eigenen Chips geplant ist, wollte er nicht verraten. Über die Branche allgemein sagte er aber, derartige Chips würden mit Sicherheit kommen. Deep Learning auf mobilen Prozessoren könne entscheidend für Navigation und Interaktionen von Robotern in der echten Welt sowie die Entwicklung autonomer Autos werden.

„Ich denke, es wird spezielle Hardware zur Lösung dieser Probleme geben“, sagte Gehlhaar. „Unseren traditionellen Ansätzen für Silizium geht allmählich die Kraft aus, also müssen wir die Ärmel hochkrempeln und etwas anders machen.“ Wann es so weit sein könnte, wollte er nicht sagen. Nach Angaben von Qualcomm wird die nächste Generation seiner Mobilchips zumindest Software enthalten, die Kameras und anderen Anwendungen Deep-Learning-Fähigkeiten verleiht.

Ren Wu, Forscher bei dem chinesischen Suchmaschinenbetreiber Baidu, sagte auf der Konferenz, Chips mit Unterstützung für Deep Learning würden für leistungsfähige Forschungscomputer täglich gebraucht: „Man muss diese Intelligenz überall und jederzeit einsetzen können.“

Bilder direkt auf einem Gerät zu analysieren, also ohne Daten über eine Internet-Verbindung hin- und herzuschicken, könne Apps schneller und energieeffizienter machen, sagte Wu. Er und Gehlhaar waren sich zudem einig darüber, dass intelligentere Mobilgeräte auch Datenschutzbedenken in Bezug auf manche Apps mildern könnten, weil dadurch weniger persönliche Daten wie etwa Fotos das Gerät verlassen müssen.

„Man möchte, dass die Intelligenz die Rohdaten filtert und nur die wichtigen Informationen, die Metadaten, in die Cloud schickt“, sagte Wu.

(sma)