Man lügt nur zweimal

No-Spy-Staatstheater wird immer peinlicher

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Demnächst jährt sich der Beginn der Snowden-Affäre zum zweiten Mal – und damit auch der Beginn des Schmierentheaters, das "M" und ihre Handlanger inszenierten, um den Verrat der Daten ihrer Untertanen an die NSA zu vertuschen. Merkels linke Hand Ronald Pofalla versuchte es mit Desinformation: So ließ sich der Wahlkämpfer von der NSA „schriftlich“ versichern, alles sei töfte, erklärte die Affäre für beendet und quasselte etwas von einem No-Spy-Abkommen, bevor man ihn aufs Abstellgleis der Bahn parkte.

Ein No-Spy-Abkommen war schon deshalb unglaubhaft gewesen, weil Washington den Status einer spionagefreien Zone nicht einmal den engsten Partnern aus dem renommierten Five-Eyes-Club gewährt. Obwohl nun inzwischen aufgrund von geleakter Korresondenz "schriftlich" nachzulesen ist, dass die US-Seite keineswegs zu derartigen Erklärungen neigte, wirft sich M‘s Spionagechef Gerhard Schindler mannhaft in die Schusslinie.

So habe er mit den Amerikanern ernsthaft über ein No-Spy-Abkommen verhandelt und die US-Seite habe den Abschluss eines solchen Deals "mündlich" zugesagt. Eine heimliche Gesprächsaufzeichnung, wie sie Luxemburger Geheimdienstchefs mit ihrer Uhr oder FIFA-Gangster mit Schlüsselanhängern anzufertigen pflegen, will der Meisterspion nicht versucht haben. Chefin M nun redet sich allen Ernstes damit heraus, dass die Details nur in den geheimnisvollen Gremien besprochen werden könnten.

Doch selbst ein "schriftliches" No-Spy-Abkommen durch die US-Regierung wäre nichts weiter als ein ungedeckter Scheck gewesen. So wies der Doppelagent im Unruhestand Rainer Rupp in der Jungen Welt erneut darauf hin, dass der US-Regierung ein solches No-Spy-Abkommen von Rechts wegen gar nicht möglich wäre. Dazu hätte es nämlich einer Änderung des Bundesgesetzes Public Law 106-567 vom 27. Dezember 2000 bedurft, das eine Ergänzung zum Nationalen Sicherheitsgesetz der USA aus dem Jahr 1947 darstellt. Eine solche Gesetzesänderung könnte nur der US-Kongress vornehmen, wo man derzeit auf die Deutschen nicht gut zu sprechen ist.

Sollte der BND mit 6.500 Mitarbeitern ernsthaft nicht in der Lage gewesen sein, die unverhüllte Rechtslage zu enttarnen, müsste Pullach gegenüber dem Veteranen des Ministeriums für Staatssicherheit eine späte Kompetenzniederlage einräumen. Wahrscheinlicher hingegen erscheint die Annahme, dass die Strategen im Bundeskanzleramt bewusst Desinformation lancierten. Offenbar rechneten die Wahlkämpfer mit der Unfähigkeit von Oppositionspolitikern und Journalisten, die durchzureichende Propaganda auf Schlüssigkeit zu prüfen. Dieser Plan jedenfalls erwies sich als brauchbar.