CDU/CSU-Politiker und EU-Parlamentspräsident erhöhen Druck auf Griechenland

"Das Experiment mit den reformunwilligen Griechen im Euro-Raum ist gescheitert". CDU-Politiker Christan von Stetten und andere forden ein Ende des Entgegenkommens

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Nachdem auch das ultimativ vorgetragene letzte Angebot an Tsipras aus dem Berliner Kanzleramt nicht die gewünschte Wirkung zeigte und die griechische Regierung deutlich gemacht hat, dass sie sich nicht erpressen lässt, legen Politiker der Unionsparteien jetzt nach. Der konservative Mittelstandspolitiker Christan von Stetten fordert ein Ende der sogenannten Griechenlandhilfe. Seine Wortwahl ist verräterisch.

"Die europäischen Regierungen müssen sich ehrlich machen: Das Experiment mit den reformunwilligen Griechen im Euro-Raum ist gescheitert und muss beendet werden", sagte der CDU-Politiker dem "Handelsblatt". Wenn er von Experiment spricht, sagt von Stetten wohl indirekt die Wahrheit. An Griechenland sollte mit dem Austeritätsprogramm experimentiert werden, wie weit sich eine Bevölkerung im EU-Raum verelenden lässt.

Hätte es dort funktioniert, wäre es weiter exportiert wurden. Nur die Mehrheit der griechischen Bevölkerung hat sich mit ihren Protesten und ihrer Wahlentscheidung im Januar 2015 gegen solche Experimente ausgesprochen und ist in der Diktion von Stettens reformunwillig.

Neue Parlamentsdebatte über "Griechenlandhilfe"

Er ist nicht allein beim Druckmachen. So mehren sich in der Union die Stimmen, die eine neue Abstimmung im Bundestag über die "Griechenlandhilfe", die ja ein Support für die Banken ist, fordern. So echauffiert sich der christsoziale Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses, Peter Ramsauer, gegenüber der "Bild"-Zeitung:

Deutschland kann sich keine faulen Kompromisse mehr leisten. Deshalb muss der Bundestag auch über die neuen Änderungen am zweiten Hilfspaket abstimmen.

Auch der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Eckhardt Rehberg, verlangt eine Bundestagsabstimmung über weitere Auszahlungen. Es gehe in den Verhandlungen zwischen Griechenland und seinen Geldgebern gerade über "wesentliche Änderungen" am laufenden Hilfsprogramm, zitierte ihn die "Bild". Es sei "ein glasklarer Fall" und "geltende Rechtslage", dass der gesamte Deutsche Bundestag über solch gravierende Korrekturen abzustimmen habe. "Die Zeit dafür müssen wir uns nehmen." Es reiche nicht aus, "die Sache nur im Haushaltsausschuss zu behandeln".

Der CDU-Finanzpolitiker Frank Steffel sekundiert und macht gleichzeitig deutlich, was er mit dieser Initiative bezweckt. "Ein weiteres Entgegenkommen der Bundesregierung an Griechenland darf es nicht geben", sagte er. Wenn man weiß, dass es schon während der letzten Parlamentsdebatte zur "Griechenlandhilfe" eine populistische ressentimentgeladene Kampagne gegen das südeuropäische Land und seine Regierung gab, die von der Bildzeitung noch befeuert wurde, kann man sich vorstellen, dass die Union sich mit der Forderung nach einer neuen Abstimmung auch auf Wählerfang begeben will.

Sie will wieder die Hoheit über die Stammtische erlangen, die sie durch die Wahlerfolge der Alternative für Deutschland zu verlieren drohte. Die dortige interne Richtungsdebatte scheint ihr eine gute Gelegenheit, sich wieder als Stimme der deutschen Steuerzahler, die angeblich für die Pleitegriechen zahlen sollen aufzuschwingen. Dass diese Hilfe nicht der Mehrheit der griechischen Bevölkerung, sondern den Eliten und Banken zugute kommt, will man dort nicht so genau wissen.

Dass mit dem EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz ein prominenter Sozialdemokrat der Unionskampagne nicht etwa entgegentrat und die europäische Solidarität anmahnte, sondern sie noch indirekt unterstützte, kann nur jene erstaunen, die sich noch Illusionen über die Sozialdemokraten machen. Schulz hat die griechische Regierung aufgefordert, ihre Wahlversprechen endlich aufzugeben und das letzte Angebot aus dem Kanzleramt anzunehmen.

"Die ideologische Verbohrtheit eines Teils der griechischen Regierung ist ärgerlich", umschreibt Schulz die Rüge an eine Regierung, die nicht gleich alle Wahlversprechen über Bord wirft. Schon als Diskussionsteilnehmer einer Talkshow übte sich Schulz vor wenigen Tagen als Konkurrent zu Unionspolitikern für den Posten des besten Populisten.

Ihm gehe "Griechenland auf die Nerven" und er habe "die Faxen langsam dicke" schimpfte der Parlamentspräsident, der eigentlich nach den bürgerlichen Rollenvorstellen sein Amt so ausüben müsste, dass er sich als Interessenvertreter aller EU-Bürger geriert.

Kommt mehr Trotz aus Athen?

Es ist fraglich, ob Unionspolitiker, die den deutschen Bundestag wieder gegen Griechenland in Stellung bringen wollen, nicht eher jenen Kräften in Südeuropa Auftrieb geben, die sowieso schon der Meinung sind, nur Deutschland diktiere in Europa die Austeritätspolitik. Wenn dann noch ein EU-Parlamentspräsident so offen deutlich macht, dass ihm eine griechische Regierung, wie sie nun mal mehrheitlich gewählt wurde, auf die Nerven geht, könnte auch die Zahl derer in Griechenland zunehmen, die sich trotz vieler Bedenken von einer EU verabschieden wollen, die nicht reformfähig ist.

Die hohen Zustimmungsraten, welche die Regierung wegen ihrer harten Haltung bei den Verhandlungen mit den Institutionen bis heute bekommt, könnten darauf hindeuten. Dann könnte der Druck aus Berlin und Brüssel eher zur Unterstützung der gegenwärtigen Regierung beitragen und sie ermutigen, tatsächlich Wege eines Austritts aus der EU zu begehen.