Schweiz: Im Prinzip Ja zur neuen präventiven Überwachung

Der Schweizer Ständerat hat das neue Nachrichtendienstgesetz debattiert. Der Geheimdienst soll stark ausgeweitete Überwachungskompetenzen bekommen.

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Schweiz: Im Prinzip Ja zur neuen präventiven Überwachung

(Bild: parlament.ch)

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Von
  • Tom Sperlich

Die Kompetenzen des Schweizer Nachrichtendiensts (NDB) sollen ausgebaut werden. Künftig soll er Telefone anzapfen, in Computer und Netzwerke eindringen sowie Privaträume verwanzen können. Im März dieses Jahres hatte bereits der Nationalrat, die große Kammer des Schweizer Parlaments, dem neuen Nachrichtendienstgesetz (NDG) zugestimmt. Nun hat auch der Ständerat, die kleine Kammer des Parlaments, prinzipiell für das NDG gestimmt.

Noch ist aber nichts endgültig entschieden, denn ob der Ständerat der Vorlage zustimmt, hängt noch von den Detailentscheidungen ab, vor allem für die Ständeräte der Grünen und der SP. Neben den 32 Ja-Stimmen bei 3 Enthaltungen lehnten 2 SP-Granden das neue Gesetz ab. Darunter Paul Rechsteiner, der darauf hinwies, dass das Parlament 2009 noch Nein zu einem Kurswechsel bei geheimen Überwachungen sagte. Seither habe sich nichts geändert, was einen derartigen Ausbau des Überwachungsstaates rechtfertigen könnte.

Der SP-Ständerat aus St. Gallen meint, dass Gefahren, wie sie etwa vom "IS" ausgehen, bekämpft werden müssen. Doch dafür seien bei Verdachtsmomenten und wo es Bedarf nach einer geheimen Überwachung gebe, "wie bisher das gerichtspolizeiliche Ermittlungsverfahren, also die Bundesanwaltschaft da."

Rechsteiner meinte, der Entwurf zum NDG "sprengt mit der so genannten Kabelaufklärung alle bisher vorstellbaren Dimensionen". Der Nachrichtendienst wolle künftig per Schlüsselwortsuche à la NSA auch auf die gesamte private Kommunikation im Internet zugreifen. Rechsteiners Antrag, den Punkt "Kabelaufklärung" im NDG streichen zu lassen, wurde aber mit großer Mehrheit abgelehnt.

Auch SP-Parteikollegin Anita Fetz kritisierte den Gesetzentwurf scharf – sie sieht massive Eingriffe in die Grundrechte und die Privatsphäre dräuen. Eine präventive Überwachung könne Taten wie zum Beispiel zuletzt in Paris nicht verhindern. Aber jeder, der überwacht werde, habe Hunderte oder Tausende Kontakte zu unbescholtenen Bürgern, die es dann auch betreffe.

Nächste Woche will der Ständerat in die Detailberatungen gehen, dabei geht es darum, welche Aufsichtsinstitutionen und -mechanismen durch das NDG implementiert werden sollen und wie mit dem illegalen Eindringen in Computer im Ausland künftig umgegangen werden soll. Am Ende wird vermutlich das Schweizer Stimmvolk entscheiden.

Die Gegner, die ein Referendum anstreben, werden angeführt von Organisationen wie die Digitale Gesellschaft, Amnesty International oder der Stiftung für Konsumentenschutz. Zwei Jahre nach den Enthüllungen von Edward Snowden zum "unfassbaren Ausmaß der globalen Überwachung durch westliche Geheimdienste" sei eine Diskussion über den Schutz der Privatsphäre dringend nötig, schreiben die Organisationen in einem offenen Brief an die eidgenössischen Räte. (anw)