Intels Crusoe-Killer - ein Papiertiger?

Wenige Tage vor der PC-Expo in New York zog Intel plötzlich zwei Low-Power-Prozessoren aus dem Hut, die zuvor auf keiner Roadmap verzeichnet waren.

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Von
  • Andreas Stiller

Wenige Tage vor der PC-Expo in New York zog Intel plötzlich zwei Low-Power-Prozessoren aus dem Hut, die zuvor auf keiner Roadmap verzeichnet waren. Und der Low-Power Mobile Pentium III soll sogar weniger als ein Watt verbrauchen. Diese überraschende Aktion kommt nicht von ungefähr, denn auf der am Samstag beginnenden PC-Expo wollen mehrere Firmen erstmals Produkte mit Transmetas Crusoe-Prozessoren vorstellen, darunter offenbar auch IBM – Big Blue will das Thinkpad 240 wohl mit dem TM5400-Prozessor von Transmeta bestücken.

Doch während die normalen Typen von Intels insgesamt fünf neuen Mobile- Prozessoren schon am Vorstellungstag in diversen Notebooks von Dell, IBM und Co. erhältlich waren, ist von den Low-Power-Vertretern, inbesondere vom 1,1-V-Typ, derzeit weit und breit noch nichts zu sehen. Genau dieser Chip soll ja mit seinem Durchschnittsverbrauch von weniger als einem Watt (im Batterie-Betrieb bei 500 MHz und 1,1 V) Transmetas Crusoe den Garaus machen: Auch die Crusoes warten mit dieser magischen 1-Watt-Zahl auf.

Allerdings liegen die Vorstellungen, was unter "durchschnittlichem Verbrauch" zu verstehen ist, weit auseinander. Offenbar inspiriert von National Semiconductors, die den Verbrauch für den Geode-Prozessor SC1400 bei 80 Prozent Windows-Leerlaufzeit (Idle) spezifizierten, legt nun auch Intel für den Verbrauch einen Prozessor zu Grunde, der hauptsächlich Däumchen dreht. Intels "Average Power" wird durch ein Script bestimmt, das einem eintippenden Benutzer nachempfunden ist. Beim dem auf der Intel-Website angegebenen SYSmark98 for Batterie Life sind das hauptsächlich Office-97-Anwendungen, wobei das Script pro Durchlauf auch eine 20-minütige Pause einschließt. Und das andere von Intel benutzte Script, Ziff Davis BatteryMark 3.0, verwendet so genannte Denkpausen zur Simulation eines Benutzers. Nebenbei bemerkt ist der BatteryMark 3.0 für Prozessoren mit mehr als 400 MHz ohnehin fehlerhaft und wurde inzwischen durch eine neue Version 4.0 ersetzt.

Nun beträgt der maximale Verbrauch des Mobile Pentium III 8,1 W bei 500 MHz und 1,1 V und beim Warten im Quickstart-Modus 0,6 W. Um auf unter 1 W zu kommen, müßte folglich der Prozessor zu rund 95 Prozent im Ruhezustand sein.

Transmeta hat demgegenüber andere typische Anwendungen, wie das Abspielen von DVD (1,8 W) oder von MP3 (1 W) zu Grunde gelegt. Diese Werte enthalten außerdem bereits den Verbrauch der integrierten Northbridge. Zum fairen Vergleich müßte man also beim Mobile Pentium III die Northbridge, etwa des BX-Chipsatzes, mit knapp 2 W Leistungsaufnahme hinzurechnen. Und so kann man hier den realen Verbrauch beispielsweise beim Abspielen von MP3 inklusive Northbridge auf rund 6 W abschätzen: mithin das Sechsfache des Crusoe-Konkurrenten. (as)