Polemische Debatte rund ums "Pograbschen" führt zu Gesetzesposse

Außer Kontrolle

Nach Monaten der Debatte wurde in Österreich das Strafrecht reformiert. Im Zentrum stand eine Veränderung bezüglich der Frage, was sexuelle Belästigung ist.

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In Österreich wurde seit Monaten unter medialem Dauerfeuer darüber diskutiert, ob das "Pograbschen" sexuelle Belästigung sei oder nicht. Was sich als Problem so simpel anhört, ist es nicht. Denn der Griff an die Gesässbacke - egal ob beim Mann oder einer Frau - gilt nicht als Griff an ein Geschlechtsorgan, weshalb das ungewünschte und unerlaubte Kneifen, Drücken, Berühren, Tätscheln usw. bisher lediglich als Anstandsdelikt angesehen wurde:

"Eine geschlechtliche Handlung an einer Person nimmt vor, wer diese (sei es über der Kleidung) intensiv im Bereich des Geschlechtsorgans oder der (weiblichen) Brust (vom Opfer sinnfällig als Eingriff in die sexuelle Integrität empfunden und vom Ausprägungsstadium unabhängig) berührt oder wer sein Geschlechtsteil derart mit dem Körper des Opfers kontaktiert. Der immer wieder kolportierte seitliche Griff an die Gesäßbacke einer Person fällt jedenfalls nicht darunter."

Das schrieb die Staatsanwaltschaft Graz als Begründung dafür, dass sie die Ermittlungen wegen eines Verdachts einer sexuellen Belästigung einstellte.

Diese und ähnliche Begebenheiten führten dazu, dass immer wieder eine Verschärfung des Strafrechts gefordert wurde. Dabei gab es zur Äußerung skurriler Meinungen wie der des Nationalratsabgeordneten Marcus Franz (ehemals Team Stronach, jetzt ÖVP), der das Thema aus einer eigenwilligen Art von Verbraucherschutzperspektive heraus betrachtete und meinte:

"Ob der Popsch hält, was der Blick verspricht. Das erfahren zu wollen wird nun bestraft."

Wer der Meinung ist, dass das Gesäß grundsätzlich der Sexualsphäre zuzuordnen ist und daher glaubt, dass man die ungefragte bzw. unerwünschte Berührung, welche nicht versehentlich erfolgt, als sexuelle Belästigung werten müsse, dürfte sich bei der jetzt initiierten Strafrechtsreform darüber wundern, wie vage diese Veränderungen formuliert wurden.

Um nicht peu à peu weitere Bereiche des Körpers aufnehmen zu müssen, hat man schwammige Formulierungen gewählt, die in der nächsten Zeit die Gerichte beschäftigten dürften.

Ebenfalls umstritten ist, dass nunmehr schon entwürdigende und intensive Berührungen einer Zone reichen, die der Geschlechtssphäre zugeordnet wird, um den Tatbestand der sexuellen Belästigung zu erfüllen (sofern diese Berührung vorsätzlich geschieht). Da stellen sich Fragen wie: Wann ist etwas entwürdigend? Welche Zonen sind gemeint? Was gilt als intensiv und was nicht? Das bedeutet viel Arbeit für die Rechtssprechung, die diese neuen Regelungen erst durch ihre Urteile mit Leben füllen wird.

Die Regelungen zum Cybermobbing, die ebenfalls Bestandteil der Strafrechtsreform sind, hat man ähnlich schwammig formuliert – Gesetzesklarheit sieht anders aus.