Der Vorteil der Piraten

Schon die Musikbranche musste schmerzhaft miterleben, dass die leichtere Nutzbarkeit von Raubkopien den Reiz der illegalen Gratis-Ware auf den Konsumenten noch steigert. Hollywood und die TV-Produzenten machen noch immer den gleichen Fehler.

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Seit mehreren Jahren leben Film- und Fernseh-Freunde in einem kleinen Paradies - durch den Siegeszug der DVD gibt es heutzutage mehr TV- und Kino-Inhalte käuflich zu erwerben, als dies jemals der Fall war. Fernsehserien kann man sich so gleich boxenweise ansehen - Marathonsitzungen mit "Futurama", "Star Trek" oder "Seinfeld" sind kein Problem. Dank der Werbefreiheit kommt es so zu einem ganz neuen Gefühl für die Kunstform TV-Show.

Derweil bietet auch das Internet für den Fernsehfreund seine Reize. Piraten stellen nahezu jede Folge jeder bekannteren TV-Sendung vor allem aus den USA ins Netz - natürlich ohne Kopierschutz, aber dafür für jeden vollständig illegal herunterzuladen. Wer keine Skrupel oder Angst vor Strafverfolgung kennt, kann sich so beliebig die Festplatte mit neuester amerikanischer Fernsehunterhaltung vollpacken.

Alternativangebote gibt es zumindest hier zu Lande so gut wie nicht: Während in den USA mit "iTunes" zwar nahezu jede wichtige TV-Sendung inzwischen zum vergleichsweise günstigen Preis von 2 Dollar pro Ausgabe zu haben ist, wird in Deutschland immer noch um Rechte gerungen. Und wenn die Shows dann tatsächlich bei den wenigen Anbietern einmal verfügbar sind, werden sie nur verspätet beziehungsweise (für Fans unerträglich) eingedeutscht angeboten.

Und selbst wer einfach zu einer der DVD-Sammlungen greift, die seit kurzem auch recht flott bei uns in den Handel kommen - der Pirat bleibt im Vorteil. Denn wer will schon ständig für eine gewünschte Folge DVDs wechseln, wenn man die Raubkopie auf der Festplatte feinsäuberlich sortiert einfach nur anklicken muss? Selbst die so beliebten DVD-Extras werden inzwischen auch illegal im Netz angeboten.

Gleichzeitig kann der DVD-Käufer immer seltener von seinem Recht auf Privatkopie Gebrauch machen, selbst wenn er die Kopie nur auf den PC bringen möchte, um den selben Komfort wie der Pirat zu haben. Immer mehr Scheiben aus Hollywood und von anderswo besitzen einen Kopierschutz, den man laut geltendem deutschen Recht selbst als rechtmäßiger Käufer eigentlich nicht brechen darf. Dass diese "Un-DVDs" aufgrund des Kopierschutzes möglicherweise auf lange Sicht nicht mehr lesbar sind, kommt erschwerend hinzu.

Und dieser Problemkomplex gilt nicht nur für TV-Serien: Wer sich den Job als DVD-Wechsler ersparen will, und seine brav käuflich erworbene Filmsammlung in den Rechner einlesen möchte, steht inzwischen ebenfalls mit einem Bein im Knast - wegen Brechens des Kopierschutzes. Film-DVDs, die auch noch eine sofort nutzbare PC-Version enthalten, existieren nicht - natürlich aus Angst vor Raubkopierern, die den Film doch aber schon längst im Internet gefunden haben dürften.

Fazit: Hollywood und die TV-Produzenten machen derzeit den gleichen Fehler, wie man ihn bislang nur von der Musikindustrie kannte - die Raubkopie ist das bequemere Medium. Sie hat keinen Kopierschutz, läuft auf nahezu jedem Abspieler und ist leicht zu nutzen und zu navigieren. Als DVD-Käufer entwickelt man hingegen einen Scheibenwechsler-Tennisarm.

Im Musikbereich wurde das Problem inzwischen durch einfach zu bedienende Download-Dienste gelöst - ob die nun auch im Fernseh- und Film-Bereich nach Deutschland kommen, ohne dass der Konsument mit übertriebenen Kopierschutzmaßnahmen und Einschränkungen leben muss? Lange warten sollten die Medienkonzerne nicht mehr - sie verlieren nämlich Kunden. An Piraten. (wst)