Studie: "Google manipuliert Suchergebnisse"

Der Medienrechtler Tim Wu schlägt sich in einer vom Bewertungsportal Yelp bezahlten Studie auf die Seite des Google-Konkurrenten. Der Nachweis ist jedoch wenig überzeugend.

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EU-Kommission droht Google

(Bild: dpa, Jens Büttner)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Torsten Kleinz

Er ist einer der bekanntesten Verfechter des offenen Internets: US-Rechtsprofessor Tim Wu prägte den Begriff der Netzneutralität, beriet die US-Aufsichtsbehörde Federal Communications Commission (FCC) und setzt sich gegen ein von Konzernen bestimmtes Netz ein. In einer Aufsehen erregenden Studie wirft er nun seinen Hut gegen Google in den Ring.

Wu hatte die Studie zusammen mit dem Wirtschaftswissenschaftler Michael Luca von der Harvard Business School und Mitarbeitern von Yelp verfasst. Der auf Ortssuchen spezialisierte Anbieter gehört zu den Beschwerdeführern im laufenden Wettbewerbsverfahren der EU-Kommission gegen Google.

Die Erkenntnisse der Studienautoren klingen für den Konzern vernichtend: "Unsere Befunde legen nahe, dass Google zumindest in manchen Fällen sein eigenes Produkt verschlechtert, um den eigenen Inhalten eine Vorzugsbehandlung einräumen zu können."

2013 hatte Wu Google noch gegen ähnliche Vorwürfe verteidigt. Seinen Ansichtswandel begründet Wu in US-Medien mit neuen Fakten. Kernpunkt der Kritik ist die so genannte OneBox, mit der Google seine klassischen Suchergebnislisten ergänzt. Je nach Natur der Abfrage werden hier zum Beispiel Wettervorhersagen, ein Taschenrechner oder auch eine Kartenübersicht mit lokalen Anbietern prominent eingeblendet.

Während die Autoren der Studie einräumen, dass manche dieser Dienste durchaus im Sinne des Kunden sind, bestreiten sie das für lokale Suchergebnisse vehement. Denn hier führe Google nur Inhalte auf, die in seinen eigenen Diensten wie Maps und Google+ erfasst sind. Andere Anbieter haben demnach das Nachsehen.

Je nach Suchanfrage streut Google diese Ergebnisse in die klassischen Ergebnislisten ein oder verwendet einen Großteil der ersten Ergebnisseite für die OneBox. Der Vorwurf der Konkurrenten lautet, dass Google seine Vormachtstellung in der Websuche auf die Spezialsuchen ausdehnen will. Google argumentiert hingegen damit, dass der Markt der Konkurrenten trotz seiner angeblichen Vormachtstellung kräftig wachse.

Um Googles Behauptung zu prüfen, die OneBox sei ganz im Sinne des Kunden designt worden, entwarfen die Autoren der Studie ein Experiment. Über die Clickworker-Plattform Mechanical Turk wurden 2690 Testpersonen angeworben, die sich zwischen zwei Screenshots entscheiden mussten. Auf der Seite wurden die Original-Onebox von Google angezeigt, auf der anderen eine hypothetische OneBox, die mit Ergebnissen der Spezialsuchmaschinen Yelp, Tripadvisor und ZocDoc bestückt wurde.

Im Experiment wurde erfasst, wohin die Probanden klickten.

(Bild: Yelp Data Science Team)

Tatsächlich klickten die Probanden das alternative Suchergebnis mehr: Googles Onebox wurde von 32 Prozent der Probanden gewählt, die Alternativversion von 47 Prozent. Daraus eine bessere Suchqualität oder eine absichtliche Manipulation abzuleiten, erscheint jedoch voreilig. So zeigen die der Studie beigefügten Screenshots, dass bei den künstlichen erzeugten Ergebnissen deutlich mehr Nutzerbewertungen angezeigt wurden und jeder Eintrag eine Sterne-Bewertung hatte. Bei der Original-Onebox gab es hingegen deutlich weniger Bewertungen. Die substanziell höhere Klickrate konnte daher kaum überraschen. Inwieweit diese Unterschiede repräsentativ sind oder ob die Probanden mit dem erklickten Ergebnis zufrieden waren, wurde erst gar nicht untersucht.

Kernproblem des Experiments: Da die alternativen Ergebnisse auch über eingeschränkte Google-Suchen bezogen wurden, behaupten die Studienautoren, dieses Ergebnis basiere auf dem "natürlichen Google-Suchalgorithmus". Angesichts der sehr engen Suchparameter und der Beschränkung auf drei Konkurrenzseiten muss man hinter diese Behauptung jedoch Fragezeichen setzen.

Nutzer können sich auch selbst ein Bild machen: Auf der Kampagnenseite der Google-Konkurrenten mit dem Titel Focus on the User wird ein Plug-in für Google Chrome angeboten, das wie in dem Experiment die Google-Suche mit der hypothetischen OneBox einblendet .

[Update 30.06., 13 Uhr]

Auf Anfrage von heise online hat Google Stellung zu der Studie bezogen: "Die Vorwürfe sind nicht neu – Yelp hat schon seit fünf Jahren derlei Argumente bei Regulierern vorgebracht und für sich eine höhere Platzierung in Suchresultaten eingefordert. Die jüngste Studie basiert auf einer mangelhaften Methode, die sich auf Resultate für nur eine nur Handvoll gezielt ausgesuchter Suchanfragen stützt. Wir konzentrieren uns dagegen darauf, dass wir die besten Resultate für Nutzer anzeigen." (hob)