Ortung für den Handbetrieb

GPS wird zum Standard in Japans Mobiltelefonen. Schon boomen virtuelle Schnitzeljagden, neue Wegedienste, und Fußgänger-Navigation in 3D.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 9 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Martin Kölling

Satellitengestützte Navigation für das Auto ist in Japan schon seit Jahren Standard. Nun ist sie das auch bei Handys. Beim zweitgrößten Mobiltelefonnetzbetreiber AU wird kaum noch ein Handy ohne GPS ausgeliefert, auch bei den anderen Diensten steigt die Zahl rasant. Denn den Stadtplan jederzeit zur Hand zu haben ist einfach praktisch in einem Land, das grundsätzlich keine Straßennamen kennt – in Japans Hauptstadt Tokio mit ihren zwölf Millionen Einwohnern gibt es gerade ein paar Dutzend Straßen mit Namen. Generell werden die Adressen nach Postleitzahl, Stadtteil, Bezirk, Stadtteil und dann mit Nummern nach Viertel, Block und Haus sortiert. Das sieht dann so aus wie die folgende Adresse des Kantei, des Amtssitzes von Japans Ministerpräsidenten Yasuo Fukuda: 100-8968 Tokyo, Chiyoda-ku, Nagatacho 1-6-1. Dummerweise sind die Blöcke selten logisch sortiert, so dass Adresssuche ein beliebtes Gesellschaftsspiel ist.

In der analogen Zeit haben sich Privatleute und Unternehmen damit geholfen, Wegepläne an ihre Besucher zu faxen. Mit dem Internet kamen virtuelle Stadtpläne auf, die das gesuchte Ziel markierten und die man sich ausdrucken konnte. Mit dem Siegeszug von GPS im Handy wanderten die Karten nun aufs Handy – mit einem großen Mehrwert: der individualisierten Routenführung. Mehrere Dienste wetteifern um Kunden. AU drückt gleich fünf verschiedene GPS-Dienste in den Markt, die jeweils rund zwei Euro Monatsgebühr kosten. Zum Beispiel die Sorgenfreiheits-Navi, die besorgten Eltern den aktuellen Standort ihres Kindes meldet. Oder die Naturkatastrophen-Navi, die die nächsten Evakuierungsorte anzeigt (ein recht hilfreicher Service, falls man unglücklicherweise gerade in einer Region ist, die von einem Erdbeben eingeebnet wurde). In die richtige Navigation geht es dann mit der EZ Guide Map, die sich mit einer zusätzlichen Auto-Navi fürs Handy oder der Fußgänger-Navi EZ Navi Walk kombinieren lässt.

Das System funktioniert wie bei der Autonavigation, nur dass es gleich mit Marketing verbunden wird: Auf dem Handydisplay wird die empfohlene Route vom Standort zum Ziel gezeigt, inzwischen bei den neuesten Handys sogar dreidimensional aus Augenhöhe, so dass man die Wegmarken auf dem Handy-Bildschirm sehen kann. Dazu gibt es bei Bedarf noch jede Menge Zusatzinformationen von Lokalen und Läden, Supermärkten, Tankstellen und Postämtern in der Umgebung. Oder Coupons von Restaurants zum Runterladen aufs Handy, mit denen die Kunden dann einen kleinen Rabatt auf ihre Mahlzeit bekommen können.

Natürlich werden auch GPS-gestützte Schnitzeljagden als neue Massenunterhaltung durchgeführt. Vor allem nutzen Unternehmen die neuen Möglichkeiten, um sich zu vermarkten. So bietet die kleine mit dem Red Herring-Preis ausgezeichnete Agentur Naviblog einen Dienst an, mit dem Kunden einen kleinen Blogeintrag – zum Beispiel über die Qualität eines Restaurants – auf einer auf Google-Maps basierenden Karte anlegen können. Andere Handynutzer, die in der Gegend auf Restaurantsuche sind, können dann den Eintrag lesen und kommentieren. Eine andere Aktion hat das von Ausländern gegründete Start-up mit Guinness durchgeführt. So können sich Guinnessfans die Guinnesskneipen ihn ihrer aktuellen Umgebung auf den Handy-Schirm rufen. Einfach die Internet-Adresse der Kampagne eingeben und schon werden Guinnessgläser auf eine Karte von Google-Maps gestellt. Prosit! (wst)