Bakterien produzieren Butanol

Gentechnisch veränderte E. coli-Mikroorganismen sollen in Zukunft besonders effizient Biotreibstoffe produzieren.

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  • Alexandra M. Goho

Auf der Suche nach besseren Biotreibstoffen, mit denen sowohl Benzinverbrauch und als auch CO2-Ausstoß reduziert werden sollen, setzen Forscher zunehmend auf gentechnisch veränderte Mikroorganismen. Das jüngste Beispiel ist eine abgewandelte E. coli-Variante, die besonders effizient Butanol produzieren soll. Sollte die neue Technik wie vorgesehen funktionieren, könnte der Biotreibstoff schneller zu einer kostengünstigen Ethanol-Alternative werden.

Ethanol ist vor allem auf dem US-Markt nicht zu schlagen, doch die Branche schaut sich zunehmend nach Alternativen wie Butanol um. "Es hat viele attraktive Eigenschaften", meint Jim McMillan, Manager des Bereiches Bioraffinerieprozessforschung am Zentrum für Bioenergie des US-Nationallabors für erneuerbare Energie. Weil Butanol eine höhere Energiedichte aufweist, ist der Verbrauch des Brennstoffes im Fahrzeug niedriger. Im Gegensatz zu Ethanol vermischt sich die Flüssigkeit außerdem nicht so leicht mit Wasser und kann daher problemlos über die bestehende Leitungsinfrastruktur für Benzin verteilt werden kann.

Gleich mehrere Forschergruppen haben Mikroorganismen geschaffen, die Zucker aus verschiedenen Ausgangsprodukten zu Butanol umbauen können. Dabei wurde bislang zumeist auf das Bakterium Clostridium acetobutylicum gesetzt, das bereits in der Natur 1-Butanol produziert. "Clostridien sind aber nur schwer zu handhaben. Sie wachsen langsam, sind anspruchsvoll und lassen sich nicht gerade leicht genetisch manipulieren", sagt James Liao, Chemieingenieur an der University of California in Los Angeles. Ergo: Obwohl schon seit mehreren Jahrzehnten mit den Mikroorganismen experimentiert wurde, können sie noch immer nicht genügend Butanol produzieren, um den Prozess für die Treibstoffproduktion wirtschaftlich zu machen.

Stattdessen schauen sich Liao und seine Kollegen nun E. coli an. Obwohl das Bakterium in seiner natürlichen Form kein Butanol produziert, lässt es sich doch einfach modifizieren und wächst zudem schnell. Statt die genetischen Eigenschaften zu verändern, die die Mikroorganismen-Klasse zur Fermentierung von Zucker zu Alkohol nutzt, wollte der Wissenschaftler E. coli so umprogrammieren, dass das Bakterium einen Teil seiner Stoffwechselprodukte zur Alkoholproduktion verwendet. Diese Stoffwechselprodukte, auch Ketosäuren genannt, sind normalerweise mit der Synthese von Aminosäuren beschäftigt, den Grundbausteinen der Proteine.

Um Butanol aus Ketosäuren zu produzieren, ergänzten die Forscher zwei verschiedene nicht natürlich vorkommende Gene bei E. coli. Das erste stammt aus einem Mikroorganismus, der normalerweise in der Käseproduktion verwendet wird. Er sorgt für die Bildung eines Enzyms, das aus Ketosäuren Aldehyde macht. Gen Nummer zwei stammt aus der Hefe und schafft Enzyme, die Aldehyde wiederum in Butanol umwandeln können.

Zusammengenommen erlaubten beide Gene E. coli anfangs nur, kleine Mengen Butanol zu produzieren. Mit weiteren Erbgutmodifikationen wurde die Effizienz des Prozesses jedoch dramatisch gesteigert. Die Löschung bestimmter Gene und die Verstärkung der Aktivität anderer erhöhte die Ketosäure-Menge, die sich dann in Butanol verwandeln ließ. Mit dieser Kombination aus verschiedenen Veränderungen sollen die von Liao geschaffenen Mikroorganismen nun bereit sein, in industriellem Maßstab kostendeckend zu arbeiten.

Gevo, ein Biotreibstoff-Start-up aus dem kalifornischen Pasadena, hat die exklusiven Lizenzrechte zur Kommerzialisierung der Technologie erworben – Liao sitzt im Forschungsbeirat. "Das ist ein echter Durchbruch", meint Mathew Peters, Wissenschaftschef der Firma. Liao sei es nicht nur gelungen, die Effizienz des Prozesses zu steigern, sondern auch die Herstellung einer bestimmten Butanol-Form, dem Isobutanol. "Wir glauben, dass das ein besserer Treibstoff ist." Im Vergleich zu 1-Butanol hat Isobutanol eine höhere Oktanzahl, was das Motorklopfen reduziert.

Hinzu kommt, dass die biochemische Methode, die Liao entwickelt hat, auch auf andere Mikroorganismen übertragbar sein soll. Gevo untersucht neben E. coli verschiedene andere Arten, die sich ähnlich verändern lassen könnten. "Wir interessieren uns für jeden Organismus, der den Prozess verbilligt", sagt Peters.

Gevo ist im Butanol-Geschäft allerdings nicht allein. Im Juni 2006 gründeten der Ölriese BP und der Chemiegigant DuPont ein Gemeinschaftsprojekt, das ebenfalls die Chancen des Ethanol-Konkurrenten prüfen soll. Im Sommer 2007 kündigten beide Firmen schließlich an, zusammen mit dem Nahrungsmittelhersteller Associated British Foods eine Pilotanlage zur Biobutanolproduktion aufzubauen – auf einem bestehenden BP-Gelände in England. Die Anlage, die Zuckerrüben als Ausgangsmaterial verwendet, soll 2009 mit der Produktion beginnen, ab 2010 soll Butanol dann kommerziell verkauft werden.

Gevo will sich laut Peters Ende dieses Jahres entscheiden, ob eine eigene Butanolfabrikation inhouse aufgebaut wird. Zuvor müssen noch bestimmte technische Hürden genommen werden, um die Kosten niedrig zu halten. Dazu gehört eine schnellere Butanol-Produktion durch die Mikroorganismen und die Erhöhung ihrer Toleranz gegenüber Isobutanol, das auf sie giftig wirkt. Peters ist sich aber sicher, dass diese Probleme in den nächsten Monaten gelöst werden. (bsc)