Auf dem Weg zur kostengünstigen Wasserstoffproduktion

Ein neuartiger Prozess verwendet Sonnenenergie und ein spezielles Katalysematerial, um kostengünstig und effizient emissionsfreie Treibstoffe zu produzieren.

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Von
  • Kevin Bullis

Nanoptek, ein Start-up aus dem amerikanischen Maynard, hat ein Verfahren entwickelt, mit dem aus Wasser mit Hilfe von Sonnenenergie Wasserstoff produziert werden kann. Der Prozess soll billig genug sein, um mit den aktuell günstigsten Konkurrenzmethoden mithalten zu können, die Erdgas als Ausgangsmaterial verwenden. Der Hauptvorteil beim Nanoptek-Ansatz: Es wird keinerlei CO2 freigesetzt.

Die neue Technologie wurde teilweise mit Forschungsmitteln der NASA und des US-Energieministeriums entwickelt. Nanoptek komplettierte kürzlich aber auch eine erste Risikokapitalrunde in Höhe von 4,7 Millionen Dollar, die in den Aufbau einer Pilotanlage fließen soll. Zum Einfangen des Sonnenlichts wird Titandioxid verwendet, ein kostengünstiges und auf der Erde reichlich verfügbares Material. Die absorbierte Lichtenergie setzt Elektronen frei, die das Wasser chemisch aufspalten und schließlich Wasserstoff erzeugen. Titandioxid wurde bereits früher in der Forschung zu diesem Zweck verwendet, doch die Nanoptek-Wissenschaftler wenden den Stoff so an, dass es deutlich mehr Licht absorbieren kann. Der Prozess werde so viel billiger und effizienter, meint Firmengründer und CEO John Guerra.

Bereits seit den Siebzigerjahren des vorigen Jahrhunderts ist bekannt, dass Titandioxid als Katalysator für derartige Reaktionen verwendet werden kann. Das Problem: Der Stoff absorbiert normalerweise nur ultraviolettes Licht, was große Teile des Sonnenspektrums wirkungslos verpuffen lässt. Versuche, die Absorptionsleistung über Farbstoffe oder Dotiersubstanzen zu verbessern, scheiterten, weil die sich ergebenden Kombinationen entweder zu schwach oder insgesamt zu ineffizient sind.

Nanopteks Ansatz setzt nun auf Erkenntnisse aus der Halbleitertechnologie, um Titandioxid mehr Sonnenlicht aufnehmen zu lassen. Laut Guerra kennen Chiphersteller schon seit längerem Phänomene, bei denen durch mechanische Spannungen Atome in Materialien leicht zusammengepresst oder auseinander gezogen werden. und sich so die elektrischen Eigenschaften von Materialien ändern lassen. Überzieht man kuppelförmige Nanostrukturen mit Titandioxid, werden die Atome in dieser Schicht auseinander gezogen. "Tut man dies, ist plötzlich weniger Energie notwendig, um die Elektronen aus ihrer Bahn zu werfen", sagt Guerra. Das bedeute, dass man Licht mit weniger Energiegehalt nutzen könne - auch das sichtbare und nicht nur das ultraviolette.

Die Belastung der Atome verändert auch den Weg, den die Elektronen durch das Material nehmen. Ist sie jedoch zu hoch, werden sie neuerlich absorbiert, bevor sie das Wasser aufspalten können. Deshalb musste Nanoptek eine Balance finden - zwischen zusätzlicher Absorption und der Bewegungsfreiheit der Elektronen. Daneben hat die Firma günstigere Methoden zur Produktion der notwendigen Nanostrukturen entwickelt. Anfangs setzte man auf Prozess aus der DVD-Herstellung, nutzt nun aber eine noch günstigere Eigenentwicklung.

John Turner, der am US-National Renewable Energy Laboratory an Wasserstoff-Technologien arbeitet, hält den Prozess von Nanoptek für "sehr, sehr viel versprechend". Harriet Kung, Leiterin des Büros für Grundlagenforschung beim US-Energieministerium, das die Firma mitfinanzierte, sieht in dem Titandioxid-Prozess einen Ansatz, der zu den spannendsten Fortschritten gehört, seit dem man in den Siebzigerjahren die Wasser spaltende Katalyse-Wirkung des Stoffes entdeckte.

Sollte die Technologie wie gewünscht arbeiten, könnte sie ein fundamentales Problem lösen, das die junge Wasserstoffwirtschaft plagt. Zwar ist der Brennstoff emissionslos und hinterlässt nur Wasser, doch er wird zumeist aus Erdgas gewonnen, was auch wieder Kohlendioxid freisetzt. Die zweite Option, die Elektrolyse, ist selbst mit Hilfe der Fotovoltaik noch ineffizient und teuer. Titandioxid in Kombination mit der günstigen Nanoptek-Technik könnte hier helfen - auch, weil sie mit Wasserstoff aus Erdgas konkurrenzfähig sein soll. Gleichzeitig könnten solche Anlagen näher an den Endkunden rücken und somit Transport- und Infrastrukturkosten sparen. (Wasserstoff aus Erdgas wird zentral hergestellt und lässt sich nur schwer verlustfrei transportieren.)

Experte Turner hält die Nanoptek-Technologie auch bei großen Solaranlagen für interessant. Sollte die Sonne eines Tages wirklich zur Hauptenergiequelle der Menschen werden, braucht es Methoden, überschüssige Energie zu speichern. Wasserstoff wäre ein durchaus praktischer Weg. (bsc)