20 Jahre Amazon.com: Work hard. Have fun. Make history

Am 16. Juli 1995 startete Amazon.com mit einer Datenbank von einer Million Büchern seinen Online-Buchhandel. 20 Jahre später ist Amazon der größte Onlinehändler der Welt und feiert einen Tag vor dem Jubiläum mit einer Rabattschlacht ("Prime Day").

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20 Jahre Amazon

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Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Detlef Borchers
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Amazon.com ist die Idee von Jeff Bezos. Im gerade einsetzenden Internet-Boom anno 1994 überlegte der 30-jährige Informatiker, der bei der D.E. Shaw einen sehr gut dotierten Posten als Chefentwickler hatte, welche Ware er am besten im Internet verkaufen konnte. Die Wahl fiel auf Bücher, als Bezos las, dass der Buchhandel 1994 Bücher im Werte von 19 Milliarden Dollar umsetzte, während Software gerade mal bei 7 Milliarden lag.

Nach der Sparte wählte Bezos die Lage seiner Firma. Wegen der Mehrwertsteuer auf Bücher musste es eine Stadt in einem US-Bundesstaat mit wenigen Einwohnern sein, die einen Flughafen besitzt und ein Vertriebsszentrum des Buchhandels in der Nähe hat: Im Juli 1994 wurde Amazon in Seattle zunächst unter dem Firmennamen Cadabra eingetragen. Weil der zuständige Anwalt Cadaver verstand, nannte man sich lieber Amazon und machte sich daran, die auf CD vorhanden Buchlieferlisten in eine Oracle-Datenbank einzugeben. Ein Jahr später startete Amazon am 16. Juli 1995.

Als Amazon.com online ging, zählte man weltweit 16 Millionen Internetnutzer. In der ersten Woche verschickte man Bücher im Werte von 846 Dollar, kam jedoch schon nach drei Tagen auf die "What's Cool"-Seite von Yahoo. In der zweiten Woche kletterte der Bestellwert auf 12.000 Dollar und im Oktober 1997 verkaufte man erstmals 100 Bücher am Tag. Zum Jahresende erreichte Amazon im Weihnachtsgeschäft die Marke von 100 Büchern in der Stunde. Amazons Erfolg beruhte auf einem schmucklosen, schnell zu ladenden Internet-Auftritt und auf einer Buchdatenbank mit zunächst einer Million Titeln, von denen die 1000 beliebtesten Bücher in einem 25 MByte großen Cache-Speicher gehalten wurden.

Amazon.com wird 20 (15 Bilder)

Die erste beschauliche Amazon-Zentrale in Seattle.
(Bild: amazon)

Mit dem Slogan "die größte Buchhandlung der Welt" übertrieb man ein bisschen, denn in der Garage in Seattle hatte man ein Dutzend Bücher auf Lager. Die 20 bestverkauften Bücher gab man 30 Prozent unter Listenpreis ab und holte sie mit einem Lieferwagen aus dem Vertriebszentrum der Ingram Books Group, um sie dann in langen Nachtschichten in der Garage umzupacken: Jeff Bezos hatte bei der Standortsuche in Seattle ausdrücklich auf einer Wohnung mit Garage bestanden, um wie Apple und Hewlett Packard in der Garage starten zu können.

Amazon.com wurde schnell zum Geheimtipp für Leseratten, weil die Firma bereits Anfang 1996 dazu überging, die redaktionelle Arbeit der Buchempfehlungen den Kunden zu überlassen. In der Anfangszeit gingen Redakteure in die nah gelegene Filiale von Barnes & Noble und schrieben Klappentexte von neuen Büchern ab. Der Coffeeshop dieser Buchhandelskette war denn auch der "Besprechungsraum" der 14 Köpfe großen Firma. Bereits im Mai 1997 erfolgte der Börsengang, nach dem Amazon einen Firmenwert von 429 Millionen Dollar hatte. Im September desselben Jahres gelang der Firma mit dem vom Programmierer Peter Hartmann entwickelten 1-Click-Patent ein wichtiger Durchbruch beim eCommerce, der zäh verteidigt wurde und die Diskussion um Trivialpatente entfachte.

Im Juni 1998 stieg Amazon in den Vertrieb von Musik-CDs ein und konnte innerhalb von vier Monaten den zu Bertelsmann gehörenden Marktführer CDNow überholen. Mit dem ersten Firmenankauf von IMDb bereitete Bezos den Einstieg in das nächste Geschäft vor. In der New York Times erklärte er damals: "Wir sind nicht rentabel. Nichts wäre leichter, als Gewinne zu machen und nichts dümmer. Wir nehmen das, was wir als Gewinn ausweisen könnten und reinvestieren es in die Firma.

Im Jahre 1998 begann die internationale Expansion in Deutschland und Großbritannien. Ein Deal mit Bertelsmann platzte, weil Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff auf einem Deal von 50:50 bestand. Im Gegenzug stieg Bertelsmann bei Barnes & Noble ein, um mit Amazon zu konkurrieren. Ein AOL-Manager sollte das "Leben von Mr. Bezos so elend wie möglich machen", schrieb die New York Times. Zunächst wurde dieser aber von Time zur "Person des Jahres" gekürt.

Bezos und Amazon überlebten die Attacke von Bertelsmann ebenso wie das Platzen der Dotcom-Blase im Jahre 2000. Zwar sank der Preis der Aktie zunächst von 100 auf 10 Dollar, erholte sich aber schnell wieder, nachdem die Firma im vierten Quartal 2001 den ersten Gewinn ausweisen konnte. Die riesigen Lagerhäuser und die ausgefeilte Logistik waren mehr Wert als die vagen Netzpläne der Konkurrenz. Nicht weniger als 15 Firmen wurden von Bezos aus dem Dotcom-Ramsch aufgekauft, vom Hochzeitslistenservice über einen Sportartikelladen bis zum Gemüselieferanten.

Zuvor hatte er mit Alexa Internet zur umfassenden Kundenanalyse und zShops (Amazon Marketplace) zwei künftig wichtige Bereiche besetzt: Amazon wurde zu einer der größten Datensammelmaschinen im Internet und öffnete seine Plattform kleinen Händlern. Der nächste Schritt kam mit der Entscheidung, auch
Rechenleistungen und Web Services anzubieten. Erwähnenswert ist auch der Entschluss von Bezos im Jahre 2004, mit Apple zu konkurrieren und in das Hardware-Geschäft einzusteigen. Mit der Übernehme der Entwicklercrew um den PalmOne-Ingenieur Gregg Zehr (Treo) konnte Bezos schließlich den E-Book-Reader Kindle vorstellen, der sich nach einem Start als hässliches Entlein zum Platzhirschen entwickelte.

Heute ist Amazon mit 154.100 festen Mitarbeiten und Saisonarbeitern, die zur Weihnachtszeit in den Lagerhäusern schuften müssen, ein Allesverkäufer. Mit einem Umsatz von 89 Milliarden Dollar bei einem Verlust von 241 Millionen ist man der größte Online-Händler der Welt. In Deutschland erwirtschaftete der Konzern im Jahre 2014 einen Umsatz von 11,9 Milliarden Dollar – mit Arbeitsverträgen, die in diesem Jahr den BigBrother Award "gewinnen" konnten.

Momentan ruht die Auseinandersetzung mit ver.di über die Arbeitsbedingungen. Die Arbeiter bekommen viel zu tun: Einen Tag vor dem großen Jubiläum schaltet Amazon einen Prime Day mit besonders rabattierten Angeboten frei. (axk)