Wo Googles Geld herkommt und wo es bleibt

Googles Einnahmequelle Nummer 1 ist und bleibt Werbung. Doch dieses Geschäft wandelt sich stark. So bald nicht ändern dürfte sich, dass die Aktionäre nichts abbekommen.

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Hand über Touchscreen

Zwar sind die erzielten Preise je Klick rückläufig, aber weil das Volumen stärker wächst, steigt der Umsatz insgesamt.

(Bild: Bin im Garten CC BY-SA 3.0)

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Donnerstagabend hat Google die Börse mit dem zweitbesten Ergebnis der Firmengeschichte überrascht. Die Anleger jauchzten und trieben die Aktienkurse in unerforschte Höhen. Neu ist Googles Geschäft nicht, zumindest auf den ersten Blick. Nach wie vor erzielt Google etwa 90 Prozent seines Umsatzes mit Werbeeinnahmen.

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Aber dieses Geschäft wandelt sich stark. Es wird immer mobiler und immer videolastiger – vor wenigen Jahren wäre das noch ein Widerspruch gewesen. Doch die neuen Mobilfunknetze schaffen Übertragungskapazitäten, und Videos füllen sie aus. YouTube erfreut sich extrem starken Zulaufs, betonte Googles Chief Business Officer Omid Kordestani Donnerstagabend.

"Wir erfinden die Fernseh-Erfahrung neu für das digitale Zeitalter", frohlockte er in einer Telefonkonferenz mit Finanzanalysten. Die Nutzer würden YouTube immer häufiger so aufrufen, wie sie auch den Fernsehapparat einschalteten. YouTube sei heute dreimal so häufig die eingerichtete Startseite wie vor einem Jahr.

In den USA erreiche YouTube mehr 18-49jährige als der stärkste Sender im US-Kabel-TV. Und das bezog Kordestani nur auf YouTube-Nutzung mit mobilen Endgeräten. Auch die Dauer der durchschnittlichen mobilen "YouTube-Sitzung" steigt seinen Angaben zu Folge rasant. Sie soll inzwischen bei über 40 Minuten liegen, ein Zuwachs von mehr als 50 Prozent.

"Während die Verbraucher ihren Konsum von Inhalten vom TV hin zu digital verlagern, folgen die Dollar der Marken(unternehmen)", berichtete Kordestani wenig überraschendes. Doch die nackten Zahlen vermochten dann doch zu beeindrucken: Es soll heute gut 40 Prozent mehr Unternehmen geben, die auf YouTube Werbespots schalten, als vor einem Jahr. Und die Reklametreibenden sollen im Schnitt gut 60 Prozent mehr für die Filmchen ausgeben.

Ob YouTube damit allerdings profitabel geworden ist, ließen sich weder Kordestani noch die erst im Mai bestellte Finanzchefin Ruth Porat entlocken. Sie erwähnte lapidar drei Gründe für das gute Quartalsergebnis: Disziplin, Management der Ausgaben, und gesunkene Anwaltskosten ("legal expenses"). Auf Letzteres ging sie nicht näher ein.

Der Trend zur mobilen Internetnutzung schlägt sich natürlich nicht nur auf YouTube nieder. In zehn Ländern verzeichnet Googles Suchmaschine inzwischen mehr mobile Anfragen als Desktopanfragen. Von diesen zehn Ländern erwähnte Kordestani nur zwei namentlich, nämlich die Vereinigten Staaten von Amerika und Japan. Beruhigend für die Aktionäre ist, dass der Datenkonzern das Werbegeschäft auf herkömmlichen Computern stabil halten kann.

Mobil wird vor allem nach Informationen gesucht, die Bezug zu einer Örtlichkeit aufweisen.

Die stark wachsende mobile Suche eröffnet auch ganz neue Werbemöglichkeiten. Google hat einen eigenen Index mit Links in Apps hinein. 50 Milliarden Links sind darin bereits gespeichert. Und diese Links zeigt die Suchmaschine auch laufend an: Jede vierte Abfrage eines eingeloggten Android-Users zeitige mindestens einen solchen App-Link, sagte der Manager.

Beim Werbegeschäft konzentriert sich Google inzwischen auf die eigenen Seiten und Dienste. Werbung auf Webseiten Dritter, den sogenannten "Network Partnern", betrachtet der Datenkonzern inzwischen als "legacy business" – quasi Schnee von gestern, um den man sich halt auch noch kümmert. Dieser Bereich zeichnet sich durch einen besonders deutlichen Verfall der Preise aus, die pro Klick durchschnittlich gezahlt werden.

Und noch eine Facette des Reklamebusiness hat sich gewandelt. Der Handel mit Werbeschaltungen läuft immer häufiger völlig automatisch ab. Beim "programmatic advertisement" übernehmen Computer sowohl beim Werbekunden als auch bei Google die Arbeit, Reklame zu (ver)kaufen und zu platzieren.

Die Neue in Googles Führungsteam, Finanzchefin Ruth Porat, enttäuschte die Finanzanalysten insofern, als sie kaum handfeste Informationen preisgab. Wie schon bisher verrät Google nicht, wie sich die verschiedenen Konzernteile schlagen. Und auch die Mittelzuteilung ist geheim. Es gäbe nur eine ganz grobe Vorgabe: 70-20-10. 70 Prozent des Budgets für die Kernbereiche, 20 Prozent für damit Verbundenes, und zehn Prozent für Experimentelles.

CFO Ruth Porat verriet keine Details.

(Bild: Google)

Allerdings sei es gar nicht so leicht, zehn Prozent für gewagte Ideen auszugeben, sagte Porat. Denn diese Projekte würden in erster Linie viel Nachdenken erfordern. Das tatsächliche Budget, welches gerade für 2016 erstellt wird, dürfte also noch stärker zum Kerngeschäft tendieren. "Chrome und Android waren auch einmal (in der zweiten Kategorie), gehören jetzt aber zum Kernbereich", unterstrich Porat.

Zur Jahresmitte verfügte Google über fast 70 Milliarden US-Dollar an Finanzreserven. Nicht nur einmal wurde Porat Donnerstagabend gefragt, wann denn die Aktionäre einen Teil davon bekommen würden, oder unter welchen Bedingungen das Sinn machte. Eine echte Antwort blieb Porat schuldig. Es sei noch zu früh, um abzuschätzen, ob und in welcher Weise eine Ausschüttung an die Eigentümer in die Unternehmensstrategie passe, meinte die Managerin. Sie hätte es auch kürzer formulieren können : "Warten Sie nicht drauf." (ds)