Das unendliche Gedächtnis

Und auch die Frage, wie es gelingen kann, die Daten vor Missbrauch zu schützen, ist noch längst nicht befriedigend geklärt.

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Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Steffan Heuer

Menschen sind ideale Aufzeichnungsgeräte – jedenfalls wenn man ihnen gleich nach der Geburt eine Netzhaut-kamera mit integriertem Speichermedium einpflanzt. Nach ihrem Ableben lässt sich der Chip dann entfernen und aus den Mitschnitten ein „Best of Life“ produzieren. So läuft es jedenfalls im 2004 erschienenen Film „The Final Cut – Dein Tod ist erst der Anfang“. Robin Williams spielt darin einen der Cutter, die mehrere Jahrzehnte Leben auf Spielfilmlänge bringen. „Mein Job besteht darin, den Leuten dabei zu helfen, sich an die Dinge zu erinnern, an die sie sich erinnern wollen“, verteidigt der postmoderne Leichenbestatter seine Arbeit.

Der Film, von Kritikern gelobt, aber an den Kassen kein großer Erfolg, zeichnet eine durchaus zweifelhafte Zukunft. Und doch können es einige Tausend Menschen von heute offenbar nicht erwarten, bis es so kommt. Sie nutzen die derzeit verfügbaren Möglichkeiten, tatsächlich ihr eigenes Leben aufzuzeichnen – manche als Video- und Audiostream, andere über digitale Spuren ihrer Aktivität am Computer. Manche halten sie für Vorreiter eines großen Trends: „Lifelogging ist unvermeidbar. Früher oder später werden alle Menschen ihre Aktivitäten aufzeichnen wollen“, sagt Eric Horvitz, für Adaptive Systeme und Interaktion verantwortlicher Forscher bei Microsoft Research.

Der kanadische Computerwissenschaftler Steve Mann schneidet schon seit 1980 sein eigenes Leben mit. Mit einer am Kopf montierten Kamera und einem tragbaren Computer hat er die eigene Wahrnehmung der Wirklichkeit erweitert und unter anderem die Geburt und Kindheit seiner Tochter Christina dokumentiert. Während seine erste Ausrüstung eine massive Installation an Helm und Gürtel war, ist seine heute an einem Halsband getragene Halbkugel-Kamera fast schon ein unauffälliges Schmuckstück. Hinter ihrem schwarzen Gehäuse verbirgt sich eine Linse und Platz für 32 Gigabyte Daten, die drahtlos heruntergeladen werden können. Als neueste Version hat Mann eine modifizierte Brille namens EyeTap entwickelt, die nicht nur aufzeichnet, sondern auch bestimmte Elemente im Blickfeld ergänzen oder ausblenden kann. Bislang hat Manns Idee des „Cyborg-Logging“ oder „Glogging“ rund 30000 Anhänger gefunden. Die meisten von ihnen sind erst in den letzten paar Jahren dazugestoßen, berichtet der Forscher, der heute an der Universität Toronto arbeitet. Die Glogger erfassen ihren Alltag mit tragbaren Kameras oder Handys und laden Clips auf eine gemeinsame Webseite.

„Die technischen Probleme haben wir gelöst“, behauptet Mann und verweist zum Beleg auf seine Hardware und auf Software.... (kd)