US-Gericht gibt Akten über US-Unternehmen und Terroristen frei

Chiquita-Konzern unterliegt im Rechtsstreit über gut 9.000 Dokumente aus Verfahren über Kooperation mit rechten Milizen in Kolumbien

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Der Bananenproduzent Chiquita muss die Veröffentlichung von über 9.000 internen Dokumenten akzeptieren, die weitere Auskunft über Schmiergeldzahlungen an bewaffnete Gruppen in Kolumbien geben könnten. Ein Gericht in Washington entschied zugunsten einer Klage der Forschergruppe National Security Archives an der George-Washington-Universität. Chiquita hatte sich bis zuletzt gegen die Veröffentlichung der 9.257 Dokumente gewehrt, die das Unternehmen im Zuge einer Ermittlung der US-Börsenaufsicht SEC zur Verfügung stellen musste.

Schon 2011 hatte die Publikation von mehreren tausend entsprechenden Dokumenten brisante Details über die Kontakte zwischen der US-amerikanischen Aktiengesellschaft und rechtsgerichteten Paramilitärs enthüllt.

Vor vier Jahren hatte die Forschergruppe über das US-Freiheitsgesetz schon einmal rund 5.500 Dokumente zum Chiquita-Prozess aus dem Beständen des Justizministeriums in Washington erhalten. Der Bananenproduzent war einige Jahre zuvor wegen der Verbindungen zu den rechtsgerichteten Vereinigten Selbstverteidigungsgruppen (AUC) in Kolumbien angeklagt.
2007 bekannte sich Chiquita schuldig und akzeptierte einen Vergleich sowie Strafzahlungen in Höhe von 25 Millionen US-Dollar.

Die US-Staatsanwaltschaft zeigte sich dazu bereit, weil das Unternehmen angeblich keine Gegenleistungen von den Paramilitärs erhalten hatte. Doch eben das hatten die 2011 freigegebenen (Terror fürBananen) und vom National Security Archive ausgewerteten Daten widerlegt. Aus mehreren Dokumenten ging hervor, dass Chiquita über Jahren hinweg den Schutz der Paramilitärs genossen hatte.

Bis zuletzt versuchte das Unternehmen daher, weitere Veröffentlichungen zu verhindern. Die Freigabe der Dokumente aus dem Beständen der Börsenaufsicht würde ein laufendes Verfahren gegen den Konzern in Florida negativ beeinflussen, argumentierte Chiquita. Dort hatten Opfer
der AUC-Milizen geklagt. Doch dieses Argument wies ein Bundesberufungsgericht in Washington nun zurück: "Weder die (Börsenaufsicht, die Securities ans Exchange) Commission, noch das mit
dem Fall betraute Bundesbezirksgericht haben das Argument geteilt, dass die Veröffentlichung ein faires Verfahren verhindert. Wir schließen uns dieser Meinung an", heißt es in der Stellungnahme des Washingtoner Gerichts.

Die neuen Akten, die nun erst ausgewertet werden müssen, dürften weitere brisante Details über die Zusammenarbeit zwischen transnationalen Konzernen und Paramilitärs liefern. In Kolumbien stehen vor allem Palmölproduzenten und andere agrarwirtschaftliche Großproduzenten im Verdacht, mit Paramilitärs zusammenzuarbeiten, um Arbeiter zu unterdrücken und die lokale Bevölkerung zu vertreiben.

Die AUC wurde theoretisch zwar 2006 aufgelöst. Menschenrechtsorganisationen verweisen
jedoch darauf, dass sich die Milizen unter mehreren Namen neu formiert haben und weiterhin Gewaltverbrechen begehen. Nutznießer davon könnten auch deutsche Unternehmen etwa im Energiebereich sein.

Vertreter des National Security Archives zeigten sich verständlicherweise erfreut über das Washingtoner Urteil und das zu erwartende Aktenkonvolut. "Vor acht Jahren war Chiquita das erste
US-Unternehmen, das wegen Transaktionen mit einer internationalen Terrororganisation verurteilt wurde", sagte Michael Evans von der Forschergruppe: "Nun werden die Opfer der AUC und die Öffentlichkeit Zugang zu dem möglicherweise wichtigsten Aktenbestand über Verbindungen zwischen Unternehmen und Terroristen erhalten."