Umweltschädliches Maisethanol

Eine Studie, die Ethanol aus Mais, Ethanol aus zellulosehaltiger Biomasse und Benzin miteinander auf ihre Gesundheits- und Umweltauswirkungen vergleicht, kommt zu überraschenden Ergebnissen.

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Von
  • Anna Davison

Der Umstieg von Benzin auf maisbasierte Biotreibstoffe könnte mehr negative Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt haben als bislang angenommen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die verschiedene Treibstoffe für das Verkehrswesen in den USA miteinander vergleicht.

Die Umwelt- und Gesundheitskosten, die Ethanol aus stark zellulosehaltiger Biomasse hervorruft, liegen demnach bei der Hälfte derer von Benzin und dem heute in dem Land gebräuchlichen Maisethanol.

Die Analyse bezog dabei die unterschiedlichsten Auswirkungen mit ein – von der Energie, die in Raffinerien aufgewendet werden muss, über Schadstoffe, die aus dem Auspuff kommen bis hin zu den Klimakonsequenzen der Kultivierung von Mais und anderen Pflanzen zur Herstellung von Biotreibstoffen.

Es ist die erste Untersuchung, die nicht nur die Umweltauswirkungen betrachtet, sondern auch die Konsequenzen auf die menschliche Gesundheit. Schadstoffe in der Luft, die bei Produktion und Verbrauch von Treibstoffen entstehen, können Atemprobleme hervorrufen, Asthma verstärken und die Lebenszeit des Menschen verkürzen.

"Wir wollen herausfinden, welche Treibstofftechnik sich im Interesse der Gesellschaft am besten weiterentwickeln lässt", sagt Jason Hill, Resident Fellow am Institut für Umwelt an der University of Minnesota und Hauptautor der Studie, die in den "Proceedings of the National Academy of Sciences" veröffentlicht wurde.

Zellulosebasiertes Ethanol, das beispielsweise aus Pflanzenstängeln und anderem pflanzlichen Material gewonnen wird, die sonst als Abfall gelten, war dabei der klare Gewinner. Der Wechsel hin zu diesem Treibstoff könnte gegenüber der Benzinverbrennung die Menge an Schadstoffen, die während der Produktion und dem Verbrauch entstehen, deutlich reduzieren, fanden Hill und seine Kollegen heraus. Ethanol verbrennt sauberer als Benzin und Pflanzen, die zur Produktion von Biotreibstoffen kultiviert wurden, können Kohlendioxid absorbieren. Zellulosebasiertes Ethanol ist dabei eine bessere Alternativ zu Maisethanol, weil es weniger Dünger in der Produktion benötigt und in den verwendeten Bioraffinerien nahezu keine Energie benötigt wird. Dort entstünde sogar Zusatzstrom durch das Verbrennen von Lignin, so Hill.

Biotreibstoffe aus Maiskörnern haben laut der Studie hingegen Umwelt- und Gesundheitskosten zur Folge, die denen von Benzin gleichkommen oder sogar noch größer sind. Letzteres hänge davon ab, welche Form der Energie für die Hitzegewinnung in den Bioraffinerien verwendet werde – Erdgas, Kohle oder Maisreststoffe.

Unerwartet kommen diese Erkenntnisse nicht, wie Roger Sedjor, Senior Fellow bei der Non-Profit-Gruppe "Resources for the Future" sagt, die unabhängige Umwelt- und Energieforschung betreibt. Er hält Hills Studie dennoch für "interessant und wichtig".

Lester Lave, Professor an der Carnegie Mellon University, der viel über Energieökonomie publiziert hat, lobt Hill und seine Kollegen für ihre Arbeit an der Quantifizierung der Auswirkungen, die die unterschiedlichen Treibstoffe mit sich bringen. "Das ist ein mutiges Paper. Es leistet so gute Arbeit."

Um die Umwelt- und Gesundheitskosten von Herstellung und Verbrauch von Treibstoffen einzuschätzen, konzentrierten sich Hill und seine Kollegen auf die beiden schädlichsten Emissionen: Feinstaub, der Lungenkrankheiten verschlimmern kann und auch sonst negative Einflüsse auf die Gesundheit hat, sowie Treibhausgase. Sie verwendeten eine Analysemethode der US-Umweltbehörde, um die durch Feinstaub hervorgerufenen Gesundheitsauswirkungen monetär auszudrücken – etwa durch verlorene Arbeitstage, Krankenhausbesuche und ein zu frühes Ableben. Die Forscher nutzten außerdem unabhängige Schätzungen, um die Kosten zur Vermeidung von CO2-Auswirkungen zu berechnen, zudem den Marktwert für Emissionsrechte und die sozialen Kosten.

Hill und seine Kollegen bestimmten die Emissionen, die mit einer Erhöhung der Ethanolproduktion um eine Milliarde US-Gallonen samt entsprechendem Verbrauch einhergehen und verglichen sie mit denen einer gleichwertigen Erhöhung des Benzinkonsums. Die Menge entspricht ungefähr der Zunahme der Benzinproduktion in den USA zwischen 2006 und 2007.

Beim Benzin kombinierten die Forscher Klimawandel- und Gesundheitskosten, die um 469 Millionen Dollar zunehmen würden. Bei Maisethanol lagen sie dagegen zwischen 472 und 952 Millionen, je nach Produktionsmethode. Bei zellulosebasiertem Ethanol sah es hingegen ganz anders aus: Der Wert lag bei 123 bis 208 Millionen, je nach verwendetem Pflanzenmaterial.

Untersuchungsergebnisse, die gegen eine breite Verwendung von Maisethanol sprechen, gab es in den letzten Jahren öfter. Die Hauptkritikpunkte: Es benötigt viel Energie, um die Pflanze anzubauen und die Körner schließlich zur Ethanolproduktion zu fermentieren. Dabei fallen deutliche Klimagasmengen an. Hills Analyse legt nahe, dass Maisethanol sogar mehr Umwelt- und Gesundheitsprobleme hervorrufen könnte als Benzin.

Satish Joshi, Umweltökonom an der Michigan State University, der Hills Studie kennt, will Maisethanol allerdings trotzdem nicht vom Hof jagen: "Die Technik hat sich bewiesen und funktioniert schon heute." Es sei zwar gut, dass Hill nun mehr Daten zu den Vorteilen zellulosebasierten Ethanols gesammelt habe, doch sei der Ansatz noch sehr neu. Außerdem fehle es noch an Methoden, den Treibstoff auf diese Art wirtschaftlich herzustellen. "Mais hat eine längere Geschichte und einen funktionierenden Herstellungsapparat. Zellulosebasiertes Ethanol ist technisch weiterhin unbewiesen."

Hills Studie verglich drei Methoden zur Herstellung von Maisethanol (Erdgas, Kohle und Maisnebenprodukte zur Erhitzung der Bioraffinerien) sowie vier Ausgangsstoffe für zellulosebasiertes Ethanol (Maisnebenprodukte, Switchgrass, Präriegräser und Elefantengras, ein hochwachsendes Dauergewächs). Die Ergebnisse zeigten, wie viel Einfluss unterschiedliche Produktionsmethoden auf die Umweltbilanz hätten, so der Forscher.

Auch spiele es eine Rolle, wo der Treibstoff produziert werde. Die Gesundheitskosten beim Feinstaub unterschieden sich außerdem je nach Atmosphärenbedingungen und Bevölkerungsdichte. "Vielleicht gibt es eine Möglichkeit, die Produktion von Biotreibstoffen an einem Ort vorzunehmen, der zu den wenigsten negativen Auswirkungen auf die Gesundheit führt." Das wolle er als nächstes untersuchen.

Seine Analyse nimmt zur Vereinfachung an, dass der zusätzliche Mais oder das andere Pflanzenmaterial zur Produktion von Biotreibstoffen auf Weideland angebaut werden, die heute zur US-Landreserve gehören. In der Realität würden die Biotreibstoffpflanzen aber wohl auf Feldern angebaut, auf denen heute andere Pflanzen etwa zur Nahrungsmittelproduktion wachsen. So würde eine Kaskade aus Nutzungsveränderungen aufgebaut. Würde man beispielsweise Regenwälder in anderen Ländern roden, um dort Mais anzubauen, hätte dies Auswirkungen auf den Klimawandel, die die Vorteile des Umstiegs auf Biotreibstoffe negieren würden.

Die Berechnungen der Feinstaubauswirkungen sieht Hill nur als einen zusätzlichen Punkt in einer ganzen Liste. Dazu kämen auch Bodenerosion, Pestizidverunreinigungen und Probleme wie Ölteppiche, meint Soren Anderson, Juniorprofessor an der Michigan State University, der sich bei seinen Forschungen im Bereich der Umweltökonomie auf Biotreibstoffe konzentriert. "Dieser zusätzliche Punkt stellt klar, dass Maisethanol tatsächlich schlechter als Benzin ist und zellulosebasiertes Ethanol viel besser darsteht." (bsc)