Hochauflösendes TV via WLAN

Neue Drahtloschips könnten demnächst mit bis zu einem Gigabit pro Sekunde funken.

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Von
  • Kate Greene

Verschiedene Drahtlosstandards der nächsten Generation, darunter Wimax, 4G-Mobilfunk und andere Technologien, die bislang ungenutzte Bereiche des Frequenzbandes verwenden, versprechen ein schnelleres und besseres kabelloses Internet. Durchgesetzt hat sich aufgrund technischer wie wirtschaftlicher Herausforderungen allerdings noch keiner von ihnen. Das Start-up Quantenna will das drahtlose Netz nun mit einer relativ einfachen Methode auf ein neues Niveau hieven: Es möchte die populäre WLAN-Technik aufbohren. In den nächsten Monaten sollen dazu neue Chipsätze herausgebracht werden, die pro Sekunde ein Gigabit übertragen können. Das wäre genug, um High Definition-Videos und andere bandbreitenhungrige Inhalte über kurze Distanzen zu übertragen.

"Meiner Erfahrung nach kann man keine erfolgreiche Firma im Wireless-Sektor gründen, wenn sie nicht auf Standards basiert", meint Technikchefin Andrea Goldsmith, die parallel als Professorin an der Stanford University arbeitet. Es sei wesentlich einfacher, eine zu WLAN kompatible Technik auf den Markt zu bringen, anstatt Chips zu bauen, die noch relativ neue Frequenzbänder nutzten. Der Grund sei ganz einfach ein wirtschaftlicher: Die Bereitschaft, ein noch unbewiesenes System zu nutzen, sei bei Firmen eher gering.

Die Quantenna-Chips nutzen den WLAN-Standard 802.11n. Er erlaubt unter anderem, vier Antennen zum Senden und vier zum Empfangen zu nutzen. Verglichen mit WLAN-Chips mit einem "Zwei plus Zwei"-Antennenschema, die auf dem Markt heute üblich sind, verdoppelt sich so die Leistungsfähigkeit, sagt Goldsmith. "Bei gleicher Datenrate und gleichen Anwendungsfällen können wir die doppelte Distanz zurücklegen."

Quantenna hat dazu eine eigene Technik entwickelt, die bestimmt, wie die verschiedenen Antennen über bestehende WLAN-Frequenzen funken: Sie bilden eine direkte drahtlose Verbindung zwischen kompatiblen Geräten. Die Idee nennt sich "Beam Forming". Während herkömmliche Funksender Daten in allen Richtungen senden und empfangen, kann ein Beam Forming-fähiges Gerät den Empfänger selbst lokalisieren und sein Signal dann auf einen engen Sichtlinienbereich konzentrieren. Ist dieser Beam einmal etabliert, lassen sich Daten mit deutlich höherer Geschwindigkeit übertragen. So könnte man beispielsweise die Komponenten eines Heimkinos drahtlos verbinden, um HD-Inhalte zwischen einem Blu-ray-Player und einem Fernseher zu übertragen. Aktuell wird Beam Forming bei Drahtloschips verwendet, die zwischen 60 und 100 Gigahertz funken - einer deutlich höheren Frequenz als die bei 802.11n-WLAN üblichen 2,5 und 5 Gigahertz.

Der Aufbau solcher Beams würde ohne die insgesamt acht Antennen nicht funktionieren, sagt Goldsmith. Der Grund: Die Antennen empfangen und senden nicht nur Daten, sondern müssen auch ihre Umgebung überwachen und Störungen erkennen. Existieren beispielsweise gerade zwei Datenströme, kann bei vier plus vier Antennen eine den Job übernehmen, den Verkehr zu belauschen und die anderen Antennen so zu instruieren, dass sie den Weg des Beams leicht verändern, um Unterbrechungen zu vermeiden. "Mit vier Antennen können wir Störungen ausgleichen und den Beam in die optimale Richtung lenken", sagt Goldsmith.

Beam Forming ist keine neue Technik, doch das Quantenna-Team musste zunächst sicherstellen, dass der Ansatz überhaupt mit dem WLAN-Standard konform ist. Einerseits müssen die Chips ihre Sendeleistung schnell genug zwischen WLAN-Standardmodus und Beam Forming umschalten - innerhalb vier Mikrosekunden, um genau zu sein. Alles andere wäre nicht standardgemäß. Goldsmith will zwar nicht verraten, wie schnell ihre Technik inzwischen ist, gab aber an, dass ihr Team Algorithmen entwickelt habe, die die Umschaltung sehr rasch bewältigen könnten.

Außerdem wurden bei Quantenna Algorithmen entwickelt, mit denen Umgebungsinformationen, die von der vierten Antenne gesammelt werden, schnell genug in Ausrichtungsinformationen umgewandelt werden können, damit es keine Verzögerungen gibt. "Beam Forming ist tatsächlich eine gute Methode, die Kapazität zu erhöhen", meint auch Jan Rabaey, Professor für Elektrotechnik an der University of California in Berkeley. "Die Technik kommt jetzt bestimmt."

Der Experte warnt allerdings, dass Antennen, die im WLAN-Frequenzbereich arbeiten, im Zentimeterbereich auseinander stehen müssen. Dies setzt ein unteres Limit bei der Verkleinerung der verwendeten Arrays. Er erwartet trotzdem, dass ein solcher Chip eines Tages seinen Weg in Laptops und sogar Palmtops finden könnte, wenn er nur miniaturisiert genug ist.

Anfangs will sich Quantenna aber auf den Einbau der Technik in Basisstationen und Flachbildschirme konzentrieren. Die seien im Drahtlossegment der nächste Boom-Bereich. Die Firma arbeitet dazu mit klassischen Anbietern von WLAN-Equipment. Die ersten Produkte sollen in den nächsten Monaten in Asien auf den Markt kommen. (bsc)