Arduino vs. Arduino – der Graben wird tiefer
Das Mikrocontroller-Projekt war mal ein wunderbares Beispiel, was Enthusiasten unter Open-Hardware-Lizenz erreichen können. Doch inzwischen hängt bei Arduino der Haussegen irreparabel schief.
Durch die Arduino-Welt geht ein tiefer Graben, und inzwischen müssen sich auch alle jene damit auseinandersetzen, die das beliebte Mikrocontroller-Board einfach nur benutzen wollen. Denn mittlerweile gibt es zwei offizielle Arduino-Webseiten: arduino.org, betrieben von Arduino S.R.L. und die schon länger bekannte Webseite arduino.cc von Arduino LLC. Noch verwirrender: Auf beiden Webseiten gibt es die Arduino-Entwicklungsumgebung (IDE) zum Download, allerdings nicht in derselben Version: Während der Entwicklungszweig der IDE bei arduino.cc noch bei Version 1.6.5 steht, hat arduino.org die Versionsnummer in seinen eigenen Branch inzwischen auf Version 1.7.6 gehievt.
Im Vorabtest erwiesen sich aber die neuen Hochleistungs-Arduinos Zero (Arduino LLC) beziehungsweise M0 Pro (Arduino S.R.L.) mit den IDEs von beiden Webseiten kompatibel. Wie Hackaday berichtet, soll der Auslöser für die Abspaltung im IDE-Code ein Pop-Up-Fenster gewesen sein, das vor einem Board eines "uncertified manufacturer" warnte, sobald ein Arduino aus italienischer Produktion angeschlossen wurde. Bei arduino.org kann man neben der konventionellen IDE auch schon mal eine frühe Vorabversion einer neuen Entwicklungsumgebung namens Arduino Studio begutachten, die allerdings erst die Nummer 0.0.2 alpha trägt.
Streit mit Folgen
Spätestens seit Februar 2015 tobt eine offene (und auch vor Gericht ausgetragene) Auseinandersetzung zwischen den ehemaligen Initiatoren von Arduino. Zentraler Punkt des Streits ist, wo in Zukunft offizielle Arduino-Boards gefertigt werden und ob sich die Firma eher als Anbieter einer offenen Entwicklungsplattform oder als Verkäufer von Hardware sieht. Vor Gericht wird allerdings vor allem um Namensrechte gestritten, die beide Parteien der jeweils anderen aberkennen lassen möchten – eine international bekannte Marke wie Arduino kann schließlich viel Geld bringen.
Auf der einen Seite im Konflikt steht Arduino LLC, die Firma der fünf Arduino-Gründer Massimo Banzi, David Cuartielles, David Mellis, Tom Igoe und – früher einmal: Gianluca Martino. Sie wurde 2009 in den USA gegründet und kümmerte sich bisher vor allem um die Entwicklung der Boards und der Software.
Daneben gab es schon vorher eine Firma namens Smart Projects S.R.L., bei der Gianluca Martino Teilhaber war und die seit zehn Jahren im italienischen Strambino den Großteil der weltweit verkauften Arduino-Platinen (erkennbar am Aufdruck "Made in Italy") herstellte. Im November 2014 eskalierte ein wohl schon länger schwelender Konflikt mit den anderen vier Gründern über den weiteren Kurs des gemeinsamen Projekts, als Martino Smart Projects in Arduino S.R.L. umbenannte, ohne dies den anderen vorher mitzuteilen.
Welches ist das Original?
Die Namensrechte für Arduino liegen für Länder wie Italien, Deutschland oder die Schweiz bei Smart Projects beziehungsweise Arduino S.R.L. Das gilt allerdings nicht für die USA, wo Arduino LLC die Namensrechte innehat. Als das Mikrocontrollerboard im Jahr 2008 seinen Durchbruch erlebte, versuchten offenbar mehrere Gründungsmitglieder des Projekts unabhängig voneinander, den gerade prominent werdenden Namen Arduino gegen Trittbrettfahrer zu schützen, die den Markt mit billigen Klonen überschwemmen und die sogar noch mit dem offiziellen Logo schmücken könnten. Offenbar ohne die anderen groß darüber zu informieren, ließ sich Gianluca Martino die Marke in Italien und anderen Länder schützen, um nicht mit seiner Firma, dem offiziellen Arduino-Produzenten Smart Projects S.R.L. baden zu gehen. Immerhin fertigt man in Italien Mikrocontroller-Boards mit höheren Lohnkosten als in Fernost.
Lange Zeit funktionierte diese Arbeitsteilung: Arduino LLC kümmerte sich um die Entwicklung, Smart Projects S.R.L. produzierte die offiziellen Boards – die einzigen. Doch seit dem Schisma suchen sich die US-Arduinos neue Kooperationspartner mit Produktionsstraßen: Wie auf der Maker Faire Bay Area in diesem Jahr mitgeteilt wurde, fertigt Adafruit inzwischen die Arduino-Boards für die amerikanische Arduino-Firma. Diese hat wiederum eine neue Marke namens Genuino für den internationalen Markt aus der Taufe gehoben und arbeitet bereits an Kooperationen: So soll die Firma Seeedstudio die Herstellung und den Vertrieb in Asien übernehmen. Der Name Genuino ist dabei auch ein Seitenhieb: Im Italienischen bedeutet der Begriff so viel wie unverfälscht oder echt. (pek)