Leuchtendes Sandwich

Die Hybrid-Leuchtdiode, in der eine Polymer- und eine Halbleiterkristallschicht chemisch verbunden werden, könnte eine robustere und günstiger zu produzierende Alternative zu rein organischen Leuchtdioden sein.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Anne-Marie Corley

Mehr und mehr halten Organische Leuchtdioden (OLEDs) Einzug in Alltagsgeräte wie Handys und Flachbildschirme. Da sie aus Schichten von Polymeren, langkettigen organischen Molekülen, bestehen, können sie zu biegsamen Leuchtflächen verarbeitet werden. Zudem verbrauchen sie weniger Strom als Flüssigkristall-Displays.

Einen Nachteil haben sie jedoch: Die Polymere reagieren leicht mit Sauerstoff und Wasser. Obwohl sie als Werkstoff eigentlich billig sind, müssen sie deshalb im Hochvakuum verarbeitet und mit einer Schutzschicht versehen werden, um zu verhindern, dass später Feuchtigkeit oder Luft eindringen können. Das macht ihre Herstellung derzeit teurer als die von herkömmlichen Displays.

Die MIT-Chemikerin Karen Gleason und ihr Mitarbeiter Sreeram Vaddiraju haben nun einen Ansatz entwickelt, der beide Probleme lösen soll: die Hybrid-Leuchtdiode (HLED). Sie besteht aus einer organischen und einer anorganischen Schicht. Auf diese Weise bleibt die HLED so flexibel wie eine OLED, wird aber chemisch so stabil wie anorganische Licht emittierende Materialien. „Die Idee dahinter ist, Eigenschaften zusammen zu bringen, die sowohl eine kostengünstige Fertigung als auch Stabilität ermöglichen“, sagt Karen Gleason.

Zunächst wird aus elektrisch leitfähigen Polymeren mittels chemischer Dampfablagerung in einem Grobvakuum die erste Schicht erzeugt. Dies ist auch der einzige Schritt, der in einer Vakuumkammer erfolgen muss, was die Kosten senkt. Dann wird eine Licht emittierende Schicht aus Quantenpunkten aufgebracht. Das sind Halbleiterkristalle von wenigen Nanometern Durchmesser, die Photonen emittieren, wenn sie elektrisch angeregt werden. Deren Wellenlänge hängt dabei vom Durchmesser der Quantenpunkte ab. Weil sie so klein sind, bleibt ein durchgehender Film aus ihnen biegsam.

Neu an dem Ansatz ist nicht die Verwendung der Quantenpunkte selbst, sondern wie die hauchdünne Quantenpunktschicht fest mit der Polymerschicht verbunden wird. Dazu bedienen sich Gleason und Vaddiraju eines Verfahrens, dass sie „molekulare Verdrahtung“ nennen. Die Quantenpunkte liegen nicht einfach auf den Polymeren auf, sondern werden mit zusätzlichen Molekülbrücken chemisch gebunden.

„Damit bekommen sie eine sehr robuste Struktur“, lobt Vladimir Bulovic die Methode, „mechanisch, chemisch und elektrisch“. Der MIT-Ingenieur arbeitet selbst mit Quantenpunkten in optoelektronischen Geräten, war aber an dieser Arbeit nicht beteiligt. Zwar seien noch weitere Probleme zu lösen, doch Gleason und Vaddiraju hätten eine wichtige Hürde genommen. „Das bestätigt die Idee, dass Quantenpunkte in organischen Materialien mit Hilfe von kovalenten Bindungen stabilisiert werden können.“ In kovalenten Bindungen teilen sich benachbarte Atome je zwei Elektronen.

Auf diese Weise wird auch das Problem der chemischen Instabilität von OLEDs beseitigt. Weil nämlich alle freien Bindungsstellen in den Polymermolekülen belegt sind, können sie nicht mehr mit Luftmolekülen reagieren. Die Polymerschicht wird durch die Konstruktion von Gleason und Vaddiraju versiegelt.

Die Verbindungsmoleküle sorgen auch dafür, dass die Millionen Nanohalbleiter einen gleichmäßigen Film auf der Polymerschicht bilden. Im Unterschied zu anderen mechanischen Verfahren zum Aufbringen der Quantenpunktschicht werden dabei alle Polymere und Quantenpunkt aufgebraucht. „Wir haben im Prinzip keinen Materialausschuss“, sagt Vaddiraju.

Der Prototyp ist eine rot leuchtende HLED, die bei 100 Grad Celsius Betriebstemperatur 2200 Stunden hielt. Das würde, so die Forscher, bedeuten, dass bei Zimmertemperatur 10000 Betriebsstunden möglich sind – legt man pro Tag zehn Stunden zugrunde, würde die HLED also ungefähr drei Jahre halten. Genug für die übliche Lebensdauer eines Handys, schätzen die beiden.

Als nächstes wollen sie HLEDs mit grün und blau emittierenden Quantenpunkten herstellen. Denn für einen voll funktionsfähigen Prototypen sind alle drei Grundfarben nötig. Um daraus Muster zu erzeugen, wollen sie die Quantenpunkte später wie im Tintenstrahldruck auftragen. Ziel ist, die dünnen und biegsamen HLED-Folien ähnlich wie im Rotationsdruck über ein Rollensystem zu beschichten – „genauso, wie die metallische Schutzschicht von Chipstüten aufgebracht wird“, sagt Karen Gleason. „Und wenn das für Kartoffelchips nicht zu teuer ist, sollte es auch billig genug für Displays sein.“ (nbo)