Sonnenenergie für schattige Regionen

Neuartige Solargeneratoren, auf der Basis eines Stirlingmotors erzeugen sowohl Wärme als auch Strom. Sie sind speziell für den Betrieb in kühlen Regionen ausgelegt - beispielsweise in der nördlichen Hälfte der USA oder auch in Nordeuropa.

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Von
  • Kevin Bullis

Cool Energy, ein Start-up aus Boulder in Colorado, hat einen Solargenerator entwickelt, der gleichzeitig Wärme und Strom produziert. Er soll dabei helfen, Sonnenkraft als bequeme Energiequelle auch in relativ schattigen und kühlen Regionen zu etablieren - beispielsweise in der nördlichen Hälfte der USA, in Kanada oder auch in Nordeuropa.

Die Technologie kombiniert einen konventionellen Solar-Wassererhitzer mit einem neuartigen Generator auf Basis eines verbesserten Stirlingmotors. In kühlen Monaten produziert das sonnengespeiste Heizelement warmes Wasser und wärmt die Wohnung. Im Sommer wird die nicht benötigte Wärme dagegen verwendet, um den Stirlingmotor anzutreiben – und so Strom zu erzeugen.

Cool Energy-Chef Samuel Weaver erklärt, dass das System wirtschaftlicher als reine Solar-Wassererhitzer ist, weil es Wärme ausnutzt, die in den Sommermonaten sonst verloren ginge. Das System rechne sich zudem im Vergleich zu konventionellen Photovoltaikanlagen doppelt so schnell. Im Winter spart es Heizkosten, was mit einer Solarstromanlage so nicht möglich ist. Außerdem nutzen die Vakuumröhren, mit denen die Sonnenwärme aufgefangen wird, auch gestreutes Licht sehr gut aus.

Das Cool Energy-System ist so gestaltet, dass damit nahezu die komplette Wärmeversorgung eines Hauses sichergestellt werden kann. Allerdings reicht der enthaltene Generator mit seinen 1,5 Kilowatt nicht aus, um die gesamte Wohnfläche mit Strom zu versorgen. Zumindest energieintensive Geräte wie Kühlschränke lassen sich damit aber betreiben – oder Teile der Beleuchtung. Möglich ist auch eine Rückeinspeisung ins Stromnetz.

Die Hauptinnovation ist der Stirlingmotor, der so verändert wurde, dass er bei wesentlich geringeren Temperaturen arbeitet als herkömmliche Vertreter dieses Typs. Beim Stirlingmotoren – einem Anfang des 19. Jahrhunderts erfundenen Heißluft-Motor – wird der Kolben durch die Erwärmung einer Seite des Motors bewegt, während die daneben liegende kühl bleibt. Üblicherweise werden dazu Temperaturen von über 500 Grad Celsius benötigt, Cool Energys Motor läuft aber bereits mit den rund 200 Grad, die der solare Wassererhitzer liefert.

Der Erfolg der Technologie hänge ganz vom Wirkungsgrad ab, meint Dean Kamen, Erfinder des Elektrorollers Segway, der selbst an Hochtemperatur-Stirlingmotoren für weitere Anwendungen, darunter auch das Transportwesen, arbeitet. "Dazu brauchen wir Daten." Der zweite Prototyp von Cool Energy erreichte bei der Umwandlung von Wärme in Strom nur einen Wirkungsgrad von zen Prozent. Das nächste Labormodell soll aber bereits 20 Prozent erreichen, hoffen die Ingenieure.

Der erzielbare Wirkungsgrad hat jedoch ein grundlegendes Limit – er wird vom maximalen Temperaturunterschieden zwischen der kalten und warmen Seite des Motors bestimmt. Normalerweise benötigt das Erreichen der für den Stirlingprozess notwendigen Temperatur allein durch Sonnenkraft diverse Spiegel und Linsen, damit die Konzentratoren stets zur Sonne ausgerichtet bleiben. Diese müssen stets in direktem Licht stehen, so dass das System nicht bei bedecktem Himmel arbeiten kann. Außerdem ist die notwendige Optik so schwer und voluminös, dass sie nicht auf gewöhnliche Dächer passt.

Um einen praktisch umsetzbaren Stirlingmotor zu schaffen, der auch bei geringeren Temperaturen läuft und keine komplizierten Konzentratoren benötigt, lösten die Cool Energy-Ingenieure ein Problem, das bei herkömmlichen Vertretern der Technik zu Energieverlust führt: Wärmelecks zwischen der heißen und kalten Seite des Systems, die zu einer Verringerung der erwünschten Temperaturunterschiede führen.

Diese entstehen, wenn die Materialien, die für die hohen Temperaturen und den notwendigen Druck benötigt werden - normalerweise Metalle -, gleichzeitig Wärmeleiter sind. Arbeitet man jedoch mit niedrigeren Temperaturen, wird es möglich, auch Kunststoffe und bestimmte Keramikwerkstoffe einzusetzen, denen diese Eigenschaft fehlt. So geht weniger Energie verloren. Die Nutzung solcher Werkstoffe reduziert außerdem die Kosten: Sie sind billiger als die meisten Metalle und benötigen auch keine Schmierung, was die Zuverlässigkeit steigert und die Wartungskosten senkt.

Die Ingenieure bei Cool Energy arbeiten derzeit am dritten Prototypen der Technik. Dieser soll die gewünschten Wirkungsgradziele bis Ende dieses Sommers erreichen. Danach soll ein Pilotsystem außerhalb des Labors aufgebaut und ausführlich getestet werden. Innerhalb von zwei Jahren könnte eine Massenproduktion erreicht sein. Dann beginnt auch der Verkauf zu marktüblichen Preisen. (bsc)