Klone der Schöpfung

Der von Zeitungen und Fernsehen zum "König der Klone" ausgerufene Südkoreaner Hwang Woo Suk, hat in nur wenigen Monaten einen dramatischen Aufstieg und Niedergang erlebt.

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Von
  • Hanno Charisius

Der von Zeitungen und Fernsehen zum "König der Klone" ausgerufene Südkoreaner Hwang Woo Suk, hat in nur wenigen Monaten einen dramatischen Aufstieg und Niedergang erlebt. Im Februar 2004 präsentierte der bis dahin weitgehend unbekannte Forscher der Welt den ersten Menschenklon und Stammzellen, die er aus einem geklonten Embryo hergestellt hatte. Und kam damit den Zielen der Stammzellforscher, die wandlungsfähigen Zellen gegen Krankheiten einzusetzen, ein ganzes Stück näher.

Gut ein Jahr später, im Mai 2005, demonstrierte er, dass er die Effizienz seines Klonverfahrens dramatisch gesteigert habe: Er zeigt nicht nur noch einmal, dass er menschliche Embryonen klonen kann, sondern auch noch, dass es ihm sehr leicht fällt. Noch dazu benutzte er das Gewebe von kranken Menschen, um daraus Klon-Embryonen und daraus wiederum Stammzellen zu erzeugen. Diese Arbeit sollte als Beleg dafür herhalten, dass das Konzept vom so genannten therapeutischen Klonen funktioniert. Seither ziert Hwangs Antlitz Briefmarken in Südkorea. Im August präsentierte er dann den ersten Klon-Hund. Snuppy (kombiniert aus SNU für Seoul National University und puppy, dem kleinen Hund), ein afghanischer Hütehund, wurde von seinem Team am 24. April 2005 per Kaiserschnitt auf die Welt geholt. Mitte Oktober eröffnete Hwang dann den World Stem Cell Hub (WSCH) in Seoul, der, finanziert von der südkoreanischen Regierung, zum Knotenpunkt eines internationalen Stammzell-Netzwerks erwachsen sollte.

Im Herbst begann der Absturz – als bekannt wurde, dass Hwang mit den internationalen Ethikstandards gebrochen hatte: Für seine Experimente hatte er sowohl Eizellen von untergebenen Mitarbeiterinnen verwendet, als auch solche Keimzellen, für die die Spenderinnen bezahlt worden waren. Es folgte die Demontage seiner wissenschaftlichen Arbeit: Zuerst sah es nur so aus, als wären nur ein paar Bilder in der Veröffentlichung vertauscht worden waren. Elf Stammzell-Linien, so stand in dem Aufsatz, habe Hwang mit seinem Team aus den Zellen von Patienten erschaffen. Diese Zahl steht nun in der Diskussion.

Hwang bat die Redaktion der Zeitschrift Science, in der die Mai-Arbeit veröffentlicht worden war, den Aufsatz zurückzuziehen. "Menschliche Fehler" hätten zu all den Missverständnissen geführt, erklärte Hwang auf einer Pressekonferenz am Freitag in Seoul. Er und sein Team seien im Umgang mit den Fehlern, die passiert seien, "lax" gewesen. Er entschuldigte sich für die "Diskussionen und Enttäuschungen", die daraus entstanden seien. Dennoch wollte er klarstellen, dass er und sein Team patientenspezifische Stammzellen hergestellt hätte. Die Gruppe wolle das in den nächsten Wochen durch eingefrorene Proben beweisen.

Der Aufsatz in Science war also Murks, geben die Autoren zu. Den Daten darin könne nicht vertraut werden, sagten sie dem Science-Chefredakteur Donald Kennedy am Telefon. Aber steckte betrügerische Absicht dahinter? Oder können die Forscher beweisen, dass sie ihre behaupteten Leistungen tatsächlich vollbracht haben? Das muss nun schleunigst geklärt werden, schon jetzt ist der Schaden für das gesamte Forschungsgebiet immens.

Eigentlich ein überflüssiges Problem, wenn nur diese Arbeit im Mai nicht an die große Glocke gehängt worden wäre. Hwang & Co. hatten keinen neuen Kniff gefunden oder gar ein Rätsel gelöst, sie hatten lediglich zwei Prozesse, das eigentliche Klonen und die anschließende Kultivierung von Stammzellen aus diesen Klonen in vielen kleinen Details, aber in der Summe entscheidend optimiert. Die Tatsache, dass sie dafür Zellen von kranken Menschen verwendet hatten, bedeutet auch keinen Durchbruch. De facto macht es für den Kloneur keinen Unterschied, ob er die Zellen eines kranken Menschen klont oder die von einem gesunden, das war lediglich ein medienwirksamer Seitenaspekt.

Die Arbeit aus dem Mai, sollte sie doch noch haltbare Belege bekommen, dokumentiert lediglich eine erstaunliche Effizienz-Steigerung in der Stammzellproduktion. Und sie musste herhalten, um die erste, wirklich bahnbrechende Arbeit aus dem Frühjahr 2004 zu bestätigen: den ersten Menschenklon und die ersten aus einem menschlichen Klonembryo gewonnenen Stammzellen. Sollte Hwang die Vorwürfe, die nun im Raum stehen, nicht widerlegen können, müssten sicherlich auch die Arbeiten aus 2004 geprüft werden.

Auch wenn momentan in erster Linie Hwang Woo Suk in der Kritik steht, darf nicht vergessen werden, dass er nicht alleine agiert hat. Kaum vorstellbar, dass ein Einzelner hinter den Rücken der übrigen 24 Mitglieder des Autorenteams Daten hätte fälschen können. Auch wenn wir es uns vielleicht wünschen würden.

Von Hanno Charisius (wst)