"Ich genieße den Vorteil, dass ich flexibler bin."

Der Programmierer Markus Franz stellte gestern eine Konzeptstudie einer Suchmaschine vor, die die multimediale Suche ermöglicht. Der Schüler zeigte damit das, was die deutsch-französische Suchmaschinen-Initiative Quaero schon seit Monaten verspricht.

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Von
  • Gordon Bolduan

Auf dem Jahresforum des Vereins zu Förderung der Suchmaschinen-Technologie und des freien Wissenzugangs (SuMa-eV) sollte die deutsch-französische Suchmaschinen-Initiative Quaero eigentlich über den Status ihres Projektes berichten. Kurzfristig sagte der Vortragende ab, alle Beteiligten hüllen sich in Schweigen. An einer ähnlichen Suchmaschine arbeitet auch 18-jährige Schüler Markus Franz, der bereits den Algorithmus für die vom Suma-eV betriebene Metasuchmaschine Metager 2 entwickelt hat. Technology Review sprach mit dem Programmierer über sein Meta4media-Konzept, die Motivation für seine Arbeit und die Konkurrenz der Quaero-Initiative.

TR: Herr Franz, sie haben gestern den Prototypen einer Suchmaschine präsentiert, der das wahr macht, was Quaero seit Monaten verspricht: die Multimediale Suche. Wie kommt es dazu?

Markus Franz: Angefangen hat es damit, dass mich vor einigen Monaten Dr. Wolfgang Sander-Beuermann [A.d.R. Geschäftsführer von SuMa-eV] angesprochen hat und gesagt hat: „Wie müssen unbedingt etwas in die Richtung machen.“ Dann haben wir über E-Mail zusammen diskutiert, was wir da tun und wie wir es umsetzen könnten. Ich schlug vor, es vom Oberflächen-Design her zu gestalten wie die Amazon-Suchmaschine A9: Produktsuche und Textsuche werden dort in Spalten darstellt. Allerdings gehen wir weiter, da wir konsequent alle Medientypen in Spalten darstellen.

TR: Warum befasst sich ein 18-jähriger Schüler so intensiv mit Suchmaschinen?

Markus Franz: Ein Krankenhausaufenthalt ist daran schuld. Während diesem ging es bei mir mit Computern los. Suchmaschinen faszinieren mich, weil sie meiner Meinung nach noch eines der schwierigsten Probleme in der Informatik darstellen: Wie finde ich wirklich relevante Informationen? Vom Nutzer kommt ja nur relativ wenig, maximal drei bis vier Begriffe. Damit ist es nicht so einfach, relativ gute Seiten zu finden, die den Benutzer auch wirklich interessieren.

TR: Das reichte aus, um schneller als ein deutsch-französisches Konsortium zu arbeiten?

Markus Franz: Ich habe bereits schon mehrere Projekte in dem Bereich gemacht. Eine wichtige Konstante ist dabei immer Dr. Sander-Beuermann. Er ist so eine Art Mentor für mich: Ich mache die Technik und er gibt mir alle zwei Wochen Anregungen, damit die technische Entwicklung auch in die richtige Richtung geht.

TR: Wie hat sich diese Mentoren-Beziehung ergeben?

Markus Franz: Ich bin im März 2004 bei "Jugend forscht" auf Regionalebene mit einem Suchmaschinen-Konzept gescheitert, das Seiten nachlädt. Im November des gleichen Jahres habe ich auf der Internetseite von Dr. Sander-Beuermann über ein Projekt gelesen, das ähnliche Ansätze verfolgte, aber wegen technischer Probleme nicht realisierbar war. In der Schulpause habe ich ihn dann vom Handy aus angerufen und gesagt: Das müsste gehen und zwar mit meiner Suchmaschinen-Technologie, die ich für den Wettbewerb entwickelt habe. Zusammen haben wir daraus die Suchmaschine Metager 2 entwickelt und arbeiten seitdem zusammen.

TR: Was bedeutet Nachladen im Kontext von Suchmaschinen?

Markus Franz: Eine Meta-Suchmaschine lädt sich ja die Ergebnisse anderer Suchmaschinen, fasst diese zusammen. Herkömmliche Suchmaschinen sehen nur, was auf der Ergebnisseite steht. Wir laden noch mal jede Ergebnisseite, sehen dadurch auch die aktuellen Seiteninhalte und können somit Suchmüll verhindern.

TR: Was ist jetzt das Besondere an Ihrer neuen Suchmaschine meta4media, die Sie gestern auf dem Forum unter dem internen Projektnamen M4 vorgestellt haben?

Markus Franz: Zum ersten Mal haben wir hier eine richtige Multimedia-Suchmaschine. Sie finden nicht mehr irgendwelche Inhalte wie Bilder und Audio getrennt, sondern alle vier Medientypen Text, Bilder, Audio, Video mit einer Suchmaschine, mit einer Suchanfrage, auf einer Ergebnisseite.

TR: Brauche ich das als Nutzer?

Markus Franz: Gegenfrage: Wenn Sie nach den Beatles suchen, wollen Sie dann wirklich nur paar Text-Suchergebnisse oder gar ein paar Audioschnipsel, ein kleines Video und paar nette Bilder?

TR: Gegenfrage: Wenn ich jetzt bei herkömmlichen Suchmaschinen für den Begriff „Beatles“ mit der textbasierten Suche als auch mit der Bildersuche arbeite, bin ich dann ein schlauer Nutzer oder ein besonders anspruchsloser?

Markus Franz: [lacht] Sie sind eine Mischung aus beiden. Wenn Sie nur Text wollen, ist es natürlich schlauer, nur eine textbasierte zu nutzen. Aber die meisten Beatles-Fans wollen wirklich mehrere Medien.

TR: Wie ist meta4media realisiert?

Markus Franz: Wir greifen auf andere Suchmaschinen zu, meta4media ist eine Meta-Suchmaschine. Programmiert habe ich es in PHP und Java.

TR: Auf welche Probleme sind sie während der Entwicklung gestoßen?

Markus Franz: Problematisch war, dass die unterschiedlichen Quellsuchmaschinen unterschiedliche Informationen zu Verfügung stellen. Suchmaschinen, die beispielsweise Audio-Ergebnisse reinladen, stellen nicht immer die Länge zu Verfügung. Daher musste ich dann eine Menge von Ergebnisfeldern definieren, die wirklich von allen Suchmaschinen abgedeckt wird.

TR: Wie wird es mit meta4media weitergehen?

Markus Franz: Ich möchte das Ranking der Treffer verbessern und auch eine Art umgekehrte Bildersuche implementieren, mit der der Benutzer zu einem von ihm hochgeladenen Bild auf die Suche nach Multimedia-Daten gehen kann. Das ist ein Punkt, wo Dr. Sander-Beuermann und ich noch Innovationspotenzial sehen. Das wollen wir ausbauen, indem wir auf vorhandene Forschungsergebnisse zurückgreifen.

TR: Wie geht es mit media4meta langfristig weiter?

Markus Franz: Langfristig soll sie in metager2 integriert werden, auch um Quaero etwas unter Druck zu setzen.

TR: Wie lange haben Sie jetzt eigentlich gebraucht, um meta4media zu implementieren?

Markus Franz: Den ersten Anruf von Dr. Sander-Beuermann erhielt ich vor acht Wochen. Seitdem habe ich jede freie Minute vor dem Rechner gesessen.

TR: Warum schaffen Sie etwas in Wochen, was ein deutsche-französisches Konsortium in Monaten nicht vollbringt?

Markus Franz: meta4media ist ja nur eine Konzeptstudie, aber das Grundsystem funktioniert. Ich genieße den Vorteil, dass ich flexibler bin. An Quaero sind sehr viele einzelne Unternehmen beteiligt, die nicht die Freiheit haben und in erster Linie auch eigene Interessen mit dem Projekt verbinden. Ich habe es da einfacher.

TR: Ihre Flexibilität wird durch nichts eingegrenzt?

Markus Franz: Doch. Morgen muss ich wieder auf der Schulbank sitzen, denn Mitte nächsten Jahres baue ich mein Abi: Leistungskurse Deutsch, Wirtschafts-und Rechtslehre.

TR: Warum haben Sie als Suchmaschinen-Guru nicht Informatik und Mathematik als Leistungskurs gewählt?

Markus Franz: [lacht] Tja. (gob)