Seitensprung-Portal: 70.000 Bots auf Ashley Madison

Ihre Analyse der Datenbank war fehlerhaft, gesteht die Journalistin Annalee Newitz ein. Was sie nun gefunden hat, ist aber keineswegs schmeichelhafter für Ashley Madison.

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Seitensprung-Portal Ashley Madison
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Beim Seitensprungvermittler Ashley Madison hätten höchstens 12.000 Frauen aktiv mitgemacht, hatte vorige Woche die Journalistn Annalee Newitz berichtet. Nun teilt sie mit, dass ihre Analyse falsch war. Avid Life Media, Betreiber der Website, hatte Newitz "inkorrekter Annahmen" beschuldigt. Aus den verfügbaren Daten könne nicht auf die Zahl der Userinnen geschlossen werden. "Das ist richtig", gesteht Newitz.

Alan Turing (Büste) hätte mit den Bots seine Freude gehabt.

(Bild: SjoerdFerwerda CC-BY-SA 3.0)

Dafür hat sie etwas Neues gefunden: 70.529 Bots, die sich als Frauen ausgegeben haben. Der oder die Hacker haben ein zweites Konvolut veröffentlicht, der unter anderem Quellcode enthält. Dieser verweise auf 550 Sätze (Tables) von Userdaten, berichtet die Journalistin. Bisher sind aber nur vier dieser Tables bekannt geworden; auf diese vier hatte sich auch Newitz' erste Analyse bezogen.

Ursprünglich hatte Newitz angenommen, dass gut 20 Millionen Männer ihre Ashley-Madison-Mailbox geöffnet hätten, aber nicht einmal 1500 Frauen. Doch nun glaubt sie, dass die vorhandenen Daten gar keine Angaben über menschliche Betätigung enthalten. Vielmehr sollen das die Aktivitäten eigens programmierter Bots sein.

Nachdem sie mit erfahreneren Helfern den Quellcode analysiert hat, folgert sie nun: Gut 20 Millionen Mal hätten Bots Nachrichten an männliche Konten geschickt, aber nicht einmal 1500 Mal an weibliche Accounts. Bei den Chats sieht es ähnlich aus: Bots haben demnach 11 Millionen Chats mit Männern absolviert, aber nur etwa 2400 mit Frauen.

Einerseits haben die Frauen wohl genug mit echten Männern zu tun; und andererseits bringen nur die Männer Einnahmen. Frauen dürfen gratis mitmachen. Die Journalistin teilt außerdem mit, dass sie diverse Zuschriften von Männer und Frauen erhalten hat, die von erfolgreichen Ashley-Madison-Abenteuern berichten.

Die teuerste Mitgliedschaft auf der Webseite gewährt eine Art "Garantie" für eine Affäre. Diesen besonders teuren Kunden sollen die Betreiber ganz spezielle Chat-Bots widmen. Dieser Bot-Typ soll die Premium-User dazu bringen, weiteres Guthaben zu kaufen. Anschließend würden sie an einen "Affiliate" (Partner) übergeben.

Newitz vermutet, dass dahinter echte, bezahlte Menschen stecken, die den spendierfreudigen Mann langfristig bei Laune halten sollten. "Es könnte ihn auch zu einem Escort-Service verbinden", meint sie. Aus unternehmensinternen E-Mails schließt sie auch, dass die Betreiber laufend damit zu kämpfen haben, die Bot-Texte in allen 31 unterstützten Sprachen anzufertigen.

"Kann es sein, dass Weibsvolk anwesend ist?", fragte John Cleese in "Das Leben des Brian".

(Bild: Paul Boxley/Beao CC-BY-SA 2.0)

Eine Zeit lang dürften die "weiblichen" Bots auch homosexuelle Männer aufgesucht haben; davon sollen etwa 345.000 in der Datenbank stehen. Das wurde den Bots aber abgewöhnt. Auf die nicht-zahlenden Frauen sind praktisch keine Bots angesetzt.

Insgesamt glaubt Newitz, dass bei Ashley Madison zuletzt 5,5 Millionen Konten mit weiblicher Identität bestanden haben. Wie viele davon aktiv sind oder waren, erschließt sich ihr nicht.

Laut Avid Life Media ist die Zahl der Teilnehmer und Teilnehmerinnen bei Ashley Madison zuletzt stark gewachsen. Kein Wunder, hat die Website doch noch nie so viel internationale Aufmerksamkeit erfahren. Für manche Firmen sind bad news wirklich good news. (ds)