"Wir wollen mit unserer Technik in die Fernbedienung"

Suranga Chandratillake, Mitbegründer des Video-Dienstes Blinkx, im Interview mit Technology Review über die Zukunft der Bewegtbilder im Internet.

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Jason Pontin
Inhaltsverzeichnis

Auf der "Demo '07", einer Konferenz, auf der jedes Jahr neue Technologien junger Start-ups vorgestellt werden, war er einer der Stars: Suranga Chandratillake, Mitbegründer und Co-Technikchef von Blinkx, einem neuartigen Online-Video-Dienst.

Blinkx ermöglicht es den Nutzern derzeit, mehr als sieben Millionen Stunden an Internet-Videomaterial zu durchsuchen, um passende Clips zu finden. Im Gegensatz zu den meisten anderen Videodiensten setzt Blinkx dabei nicht auf Textbeschreibungen oder Tags, sondern lässt die Inhalte mit Hilfe von Algorithmen durchforsten – dabei kommen Spracherkennung, neuronale Netze und maschinelles Lernen zum Einsatz. Die dadurch entstehenden digitalen Mitschriften lassen sich dann durchsuchen – so findet man deutlich relevantere Ergebnisse, glaubt man bei Blinkx.

Im Gespräch mit Technology Review äußert sich Chandratillake über den aktuellen Boom bei Internet-Videos, die Idee, einen Navigator durch die Inhaltewelt zu schaffen und neue Technologien, die das Suchen im Netz erleichtern sollen.

Technology Review: Herr Chandratillake, was ist eigentlich so toll an Internet-Videos? Warum wächst der Sektor so schnell?

Suranga Chandratillake: Das liegt vor allem daran, dass die Infrastruktur inzwischen vorhanden ist – die Bandbreite und die Rechner, die leistungsfähig genug sind. Videokameras sind billig, und Schnittprogramme entweder kostenlos oder enorm kostengünstig zu haben. All dies bedeutet, dass die Eintrittshürden massiv gesunken sind. Das hat die Angebotsseite dieser großen globalen Industrie völlig durcheinandergewirbelt. Zuvor wurde die Produktion durch einige wenige Menschen kontrolliert, und der Vertrieb der Inhalte erfolgte dann durch eine eingeschränkte Anzahl an Medien: Das Kino, die Videotheken oder das Kabelfernsehen beispielsweise.

Der Paradigmenwechsel bei Produktion und Vertrieb der Unterhaltungsinhalten spielt auf mehreren Ebenen eine wichtige Rolle. Für die Gesellschaft bedeutet die Demokratisierung der Medien, dass wir alle an einem globalen Gespräch teilnehmen können oder dieses zumindest miterleben dürfen. Kommerziell wird es hingegen plötzlich möglich, einen ganzen Rattenschwanz an Inhalten zu vermarkten, der zuvor kaum ein Publikum gefunden hätte.

TR: Welche Herausforderungen sehen Sie für das weitere Wachstum des Sektors? Und wie will Blinkx dazu beitragen, seine Probleme zu lösen?

Chandratillake: Die Herausforderungen gliedern sich in zwei Bereiche. Ersten wären da die Urheberrechts- und Lizenz-Probleme und die korrekte und faire Aufteilung der Einnahmen. Die Leute konzentrieren sich heute vor allem auf die großen Medienfirmen und ihre Inhalte, aber kleinere Produzenten zählen doch auch. Das ist die wirtschaftliche Seite. Der zweite Problemkomplex ist ein technischer – das Filtern und Durchsuchen der Inhalte. Wenn es einmal hunderte Millionen Stunden Video-Inhalte im Netz gibt, muss es einen effizienten, skalierbaren Weg geben, diesen Medienberg zu erschließen.

TR: Blinkx hat sich noch Mitte 2005 mit der lokalen PC-Suche beschäftigt – mit dem Desktop-Search-Markt. Wie kommt es nun, dass Sie Ihren Fokus derart verändert haben?

Chandratillake: Eigentlich hat sich dieser gar nicht so sehr verändert, es ging uns immer um eine kontextsensitive Suchfunktion. Wir glauben, dass dort die Grundprobleme noch immer nicht gelöst sind. Anfangs konzentrierten wir uns auf den Desktop. Nun, nachdem sich die Internet-Video-Verbreitung derart beschleunigt hat, sehen wir eine große Chance, etwas in diesem Rich Media-Bereich zu verbessern.

TR: Videos machen heute 60 Prozent des Internet-Datenverkehrs aus – manche Forscher schätzen gar, dass dieser Wert noch in diesem Jahrzehnt auf 90 Prozent steigen könnte. Wie viele dieser Inhalte will Blinkx durchsuchbar machen? Und was kann die Konkurrenz?

Chandratillake: Blinkx ist es egal, welche Inhalte und welche Quellen durchsucht werden. Wir arbeiten daran, alle Videos zu indizieren, egal wo im Web sie sich auch befinden. Daraus soll die größte Video-Suchmaschine der Welt entstehen. Die anderen Suchmaschinen konzentrieren sich hingegen immer nur auf einen bestimmten Inhaltebereich. So durchsuchen unsere Konkurrenten Clipblast und Furl beispielsweise nur Spaßvideos, während Truveo und Singingfish nur Filme finden, die in RSS-Feeds stecken. Das macht gerade einmal zehn Prozent von dem aus, was verfügbar ist.

TR: Wie arbeitet Blinkx mit Video-Sharing-Angeboten wie YouTube oder YouAreTV?

Chandratillake: Blinkx indiziert alle Inhalte, die auf beiden Angeboten verfügbar sind, und macht sie komplett durchsuchbar. Auf den Ergebnisseiten können die Nutzer sich dann dorthin durchklicken.

TR: Wenn Videos über Peer-to-Peer-Netze verteilt werden, kann Blinkx sie dann ebenfalls durchsuchen?