Mythos Gründer-Gen

Ticken Unternehmensgründer anders als der Rest der Menschheit? Neue Forschungsergebnisse stellen das in Frage.

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Ticken Unternehmensgründer anders als der Rest der Menschheit? Neue Forschungsergebnisse stellen das in Frage.

Ja, ich weiß: Schon die Industriemagnaten der Gründerzeit umgaben sich gern mit dem Nimbus des Visionären. Als Macher und Lenker stellten sie sich gerne dar – Industriekapitäne, die ihre Mannschaft mit Weitblick und harter Hand sicher durch stürmische Zeiten bugsierten.

So richtig in Schwung gekommen ist die Heilslehre von der unternehmerischen Persönlichkeit aber erst mit dem Computerzeitalter. Am Anfang waren es nur einzelne, wie wie der bebrillte Nerd Bill Gates oder der Barfuß-Hippie Steve Jobs, die durch die Gründung einer Computerfirma zu sagenhaftem Reichtum gelangt sind. Aber mittlerweile spuckt das Silicon Valley solche Erfolgsgeschichten ja in einem atemberaubenden Tempo aus.

Und so beschäftigen sich Forscher seit Jahren immer ernsthafter mit der Frage: Was haben die, was wir nicht haben? Warum leben im Silicon Valley so viele erfolgreiche Gründer und hier nicht? Gibt es vielleicht gar einen genetischen Unterschied zwischen diesen Gründern und dem Rest der Welt?

Ein neues Paper von Sandra Black und Kollegen ("On the Origins of Risk Taking" – ich frage mich, ob der Titel eine bewusste Anspielung auf Darwin ist) weist nun in eine andere Richtung: Die Wissenschaftler untersuchten das wirtschaftliche Verhalten von adoptierten Kinder, die zwischen 1950 und 1980 geboren wurden, in Relation zu denen ihrer biologischen- und Adoptiveltern – zum Beispiel, ob und welche Aktien sie besaßen und handelten. Ihr Ergebnis: Die Umgebung, in der die Kinder aufwachsen, ist der dominante Faktor. Das Wirtschaftsmagazin Quartz kommentierte trocken: Gründer haben kein spezielles Risiko-Gen – sie kommen aus wohlhabenden Familien.

Eigentlich logisch: Papa hat nicht nur Geld, sondern auch Beziehungen. Und wer sich keine Sorgen um Essen und Wohnen machen muss, der hat es leichter, kreativ und groß zu denken. Leuchtet ein. Was mich wundert an der Geschichte ist weniger das Ergebnis. Verblüffend finde ich vielmehr, dass Wissenschaftler sich ernsthaft mit solchen Fragen beschäftigen – und auch noch dafür bezahlt werden.

Natürlich kann man die Frage, ob es gewissermaßen geborene Führerpersönlichkeiten gibt, ganz unvoreingenommen betrachten. Aber der Verdacht liegt nahe, dass der Forschende ein positives Ergebnis nicht nur zur Kenntnis nehmen würde, sondern es sich vielleicht sogar wünscht. Was für ein Weltbild steckt hinter so einem Wunsch? (wst)