Meinung: Die dicke DSLR ist ein Auslaufmodell

Vor knapp 10 Jahren wurden DSLRs erschwinglich. Wer einigermaßen mit der Entwicklung Schritt halten will, muss seine Kamera seitdem im Dreijahres-Takt austauschen. Neue Modelle protzen mit immer mehr Megapixeln und teils absurd hohen ISO-Zahlen: Inzwischen ist die Entwicklung an einem Punkt angelangt, wo die neueste Super-Duper-DSLR kaum noch jemanden begeistert.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Sascha Steinhoff

Es ist gar nicht so lange her, da haben digitale Spiegelreflexkameras den Kameramarkt gründlich umgekrempelt. Spätestens seit Nikon mit der D70 eine für jedermann erschwingliche Kamera gebracht hatte, wurden DSLRs zu massenkompatiblen Technik-Spielzeugen. Profifotografen, Amateurknipser, Computer-Nerds und selbst bis dahin wenig foto-affine Normalanwender griffen eine Zeitlang wie selbstverständlich zur DSLR. Es gab ja auch kaum eine brauchbare Alternative, wenn man Wert auf eine gute Bildqualität legte. Und wer eine Einsteiger-DSLR gekauft hatte, der liebäugelte natürlich mit einer dicken DLSR. Also einer Mittelklasse-DLSR oder sogar einem Topmodell, natürlich mit einem Vollformatsensor. Der hohe Preis dieser Kameras wurde ebenso akzeptiert wie ihr Gewicht und die nicht gerade kompakten Abmessungen.

Ein Kommentar von Sascha Steinhoff

Sascha Steinhoff ist Redakteur bei c't Digitale Fotografie und schreibt seit 2008 regelmäßig über techniklastige Fotothemen. Privat ist er seit analogen Zeiten bekennender Nikon-Fanboy, beruflich ist er da flexibler. Als Softwarespezialist kümmert er sich insbesondere um die Themen Raw-Konvertierung, Bildbearbeitung und Bildarchivierung.

Inzwischen ist das anders, die Verkäufe von DSLRs sind seit zwei Jahren extrem rückläufig. Wer jetzt eine kleine DSLR hat, beispielsweise eine APS-C Kamera, der träumt noch lange nicht vom Upgrade auf ein größeres Modell. Inzwischen sind kleine und leichte Kameras angesagt. Die klassischen DSLRs, und hier vor allem die hochwertigen Modelle, entwickeln sich aber in eine gänzlich andere Richtung. Um einen 50-Megapixel-Brummer wie die Canon EOS 5Ds auszunutzen, sind die besten Objektive gerade eben gut genug. Von Zeiss gibt es mit dem von uns getesteten Otus 1.4/55 eine wirklich schöne aber nicht unbedingt leichte Normalbrennweite. Das Set aus Kamera und Objektiv kostet rund 7000 Euro und wiegt satte zwei Kilogramm. Mal ganz abgesehen vom Pekuniären: Mit so einem Klotz zu fotografieren bereitet wenig Freude.

Spiegelreflexkameras waren schon immer anspruchsvoll und haben normale Anwender auch schon immer überfordert. Inzwischen geraten aber auch technisch interessierte und versierte Fotografen an ihre Grenzen. Der praktische Nutzen höchstaufgelöster Vollformat-Bildsensoren ist in vielen Fällen fraglich, er zwingt Objektivhersteller und Anwender in jedem Fall in ein groteskes Wettrüsten. Am Ende der Entwicklung stehen nun absurd teure Fotoapparate, die durch ihre schweren Objektive kaum noch handhabbar sind. Dass man bei diesen Auflösungen tunlichst nur noch mit Stativ fotografieren sollte, dämpft den gelebten Fotospaß ebenfalls erheblich.

Eine dicke DSLR ist heute für viele kein Statussymbol mehr, sondern eher ein Auslaufmodell. Als Profi-Werkzeug hat sie nach wie vor ihre Daseinsberechtigung, aber das ist eben nur eine kleine Nische. Als Traumkamera für Fotoamateure taugt die dicke DSLR nicht mehr. 50 Megapixel-Sensoren und kiloschwere Normalobjektive sind einfach zuviel des Guten, und zwar in jeder Hinsicht. (sts)