Staatsanwaltschaft: Laien dürfen für umstrittene Medikamente werben

PR-Agentur hatte Netzdebatten für Bayer-Präparat in großem Stil beeinflusst, der Ethikrat der Branche rügt dieses Vorgehen

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Der österreichische Ethik-Rat für die PR-Branche hat die Bayer AG und sechs weitere Unternehmen "wegen planmäßiger Täuschung von Userinnen und Usern in großem Stil durch gefälschte Postings" gerügt. Kritisiert wird in der Erklärung auch die PR-Agentur mhoch3, die in Sozialen Netzwerken hunderttausende gefälschter Kommentare verbreitet haben soll.

Nach Darstellung des Selbstkontrollgremiums der PR-Branche hatte der Pharmakonzern Bayer bei der PR-Agentur mhoch3 unter anderem eine Kampagne für die Hormonspirale Mirena in Auftrag
gegeben, obwohl Werbung für verschreibungspflichtige Präparate verboten ist und das Produkt von der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft kritisch bewertet wird.

In der Bewertung des Ethik-Rates heißt es dazu: "Die jahrelange und weitreichende Zusammenarbeit mit mhoch3 in sensiblen Themenbereichen wie der Debatte über die umstrittene Hormonspirale Mirena ist daher scharf zu kritisieren und muss von den damals für Kommunikation Zuständigen verantwortet werden."

Nach Ansicht der Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG), einer Nichtregierungsorganisation zur Kontrolle des Bayer-Konzerns, hat die Agentur aus Wien über Jahre hinweg Schleichwerbung im Internet platziert. "Mit Hilfe von erfundenen Identitäten wurden hunderttausende gefälschter Kommentare gepostet, unter anderem bei Facebook, YouTube und
Spiegel.de", heißt es bei der CGB. Auch Einträge bei der Online-Enzyklopädie Wikipedia seien positiv verändert worden. "Nach Angaben des Ethik-Rats sind die Postings überwiegend bis heute online", konstatiert die CBG.

Justitiabel ist die Werbung nach Ansicht der deutschen Staatsanwaltschaft trotz des Werbeverbotes für Medikamente jedoch nicht. Eine Strafanzeige der CBG wurde in Köln (Aktenzeichen 117 UJs 1/15) mit der Begründung eingestellt, dass es sich bei den Verantwortlichen im vorliegenden Fall "nicht um Experten, sondern um Laien" gehandelt habe. Das Heilmittelwerbegesetz verbiete lediglich die
Vortäuschung einer "aus fachkundigen Kreisen vorgegebenen objektiven Informationsvermittlung".