Trotz EU-Kritik: Bundesregierung hält an Vorratsdatenspeicherung fest

Die EU-Kommission moniert an den Berliner Plänen zur Vorratsdatenspeicherung, dass Provider Nutzerspuren nur im Inland aufbewahren dürften. Das Justizressort sieht darin aber keinen Verstoß gegen EU-Recht.

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Trotz Kritik der EU-Kommission: Bundesregierung hält an Vorratsdatenspeicherung fest
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Die Bundesregierung hält ihren Gesetzentwurf für eine neue Vorratsdatenspeicherung für vereinbar mit dem EU-Recht. Die geplante Vorgabe, wonach die betroffenen Telekommunikationsanbieter Verbindungs- und Standortinformationen nicht in EU-Ländern oder Drittstaaten lagern dürften, verstoße "nicht gegen die Dienstleistungsfreiheit", heißt es in einer heise online vorliegenden Antwort des Bundesjustizministeriums auf eine Anfrage der Bundestagsfraktion der Linken. Die Auflage könne nämlich mit "zwingenden Erfordernissen des Allgemeinwohls begründet werden".

Vorratsdatenspeicherung

Da das Vorhaben Dienste der Informationsgesellschaft betrifft, musste der Bund den Entwurf der EU-Kommission vorlegen und für Kommentare der Mitgliedsstaaten öffnen. Die Kommission hat dem Justizressort mittlerweile eine "Mängelliste" im Rahmen dieses "Notifizierungsverfahrens" zurückgeschickt, wie die Rheinische Post berichtet. Darin soll sie vor allem einen Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit beklagt haben. Demnach gilt nun eine neue Stillhaltefrist bis zum 6. Oktober. Bis dahin kann der Gesetzentwurf nicht vom Bundestag verabschiedet werden.

Die "ersten Investitionskosten" für die mehrwöchige Vorratsdatenspeicherung schätzt die Bundesregierung auf rund 260 Millionen Euro. Diese Summe beziehe sich allein auf die benötigte Technik. Der gesamte "Erfüllungsaufwand" für die Wirtschaft lasse sich derzeit noch nicht beziffern. Dieser hänge "maßgeblich von der Ausgestaltung des detaillierten Anforderungskatalogs ab, den die Bundesnetzagentur auf der Grundlage der gesetzlichen Regelungen zur Datensicherheit zu erstellen hat". Der Providerverband eco geht von Belastungen für die Branche von etwa 600 Millionen Euro aus.

Das Justizministerium beteuert, dass sich durch die Nutzerspuren keine Persönlichkeitsprofile erstellen ließen und "die Freiheitswahrnehmung der Bürger nicht total erfasst" werde. Es schließt sich zudem der Ansicht der Regulierungsbehörde an, dass zumindest die Nutzer von WLAN-Hotspots der Freifunk-Bewegung nicht als "Erbringer" von Telekommunikationsdienstleistungen einzustufen seien und so keine Daten auf Vorrat speichern müssten. Inwieweit der Verein der Freifunker selbst als solcher zu gelten habe, müsse die Bundesnetzagentur "allerdings noch untersuchen".

Dass künftig Anbieter auch Datum und Uhrzeit der ersten Aktivierung aller im Voraus bezahlten Dienste erfassen müssten, während dies derzeit nur anonyme Dienste betrifft, erklärt die Regierung mit einer bislang "missverständlichen" Formulierung: "'Anonyme Dienste' im engeren Sinne gibt es in Deutschland nicht." Linken-Vize Jan Korte riet Schwarz-Rot angesichts weiterer grundrechtlicher Probleme, das Vorhaben auf dem "Müllhaufen der Überwachungsgeschichte" zu entsorgen. (anw)