EU-Kommission plant keine Klage wegen deutscher Vorratsdatenspeicherung

Die EU-Kommission hat Berichte zurückgewiesen, dass sie wegen des hierzulande geplanten neuen Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof drohe. Brüssel will sich weitgehend raushalten.

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Elżbieta Bieńkowska

Elżbieta Bieńkowska

(Bild: EU-Kommission)

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Als "irreführend" hat die EU-Kommission Medienberichte bezeichnet, wonach sie ein Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen die Pläne der Bundesregierung für eine Vorratsdatenspeicherung angekündigt habe. "Wir sind uns bewusst, dass die Vorratsdatenspeicherung oft Gegenstand einer sehr sensiblen, ideologischen Debatte ist und dass es eine Versuchung geben kann, die Europäische Kommission in diese Diskussionen zu ziehen", heißt es in einer Stellungnahme. Sie sei aber nicht bereit, "bei diesem Spiel mitzumachen".

Die Kommission verweist darauf, dass der EuGH die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung für nichtig erklärt und sie danach wiederholt betont habe, dass Gesetzesinitiativen in die Richtung seitdem "eine nationale Entscheidung" seien. Daran habe sich nichts geändert. Sie erwäge daher nicht, gegen den deutschen Gesetzentwurf vor den EuGH zu ziehen.

Mitgliedsstaaten bleibe es überlassen, ihre gegenwärtigen Systeme zum Aufbewahren von Verbindungs- und Standortinformationen beizubehalten oder neue zu schaffen; vorausgesetzt dass diese "den Grundprinzipien" des EU-Rechts entsprechen, die etwa in der Richtlinie für den Datenschutz in der elektronischen Kommunikation enthalten seien. Diese schränkt den Spielraum für eine verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung ein.

Anlass für das Dementi auf Berichte wie in der Süddeutschen Zeitung ist die Stellungnahme der Binnenmarktkommissarin Elżbieta Bieńkowska für das vorgeschriebene "Notifizierungsverfahren" der Initiative der Bundesregierung. In dem Schreiben, das Netzpolitik.org veröffentlicht hat, wittert die Polin in dem deutschen Vorhaben vor allem einen Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit. Sie kritisiert dabei die geplante Vorgabe, nach der die betroffenen Telekommunikationsanbieter Verbindungs- und Standortdaten nicht in EU-Ländern oder Drittstaaten lagern dürften.

Darüber hinaus verweist Bieńkowska aber auch auf grundrechtliche Probleme. So vermisst die Kommissarin etwa statistische Nachweise dafür, wieso die geplante Speicherdauer von bis zu zehn Wochen notwendig sei. Zudem moniert Bieńkowska, dass der vorgesehene Katalog schwerer Straftaten nicht ausreichend eingegrenzt sei, bei dem ein Zugriff auf die Daten erlaubt werden soll.

Der Kommissarin scheint auch der Schutz von Berufsgeheimnisträgern wie Ärzten, Abgeordneten, Anwälten, Journalisten oder Seelsorgern noch nicht schlüssig. Sie verwundert dabei etwa, wieso diese sensiblen Gruppen nicht genau so behandelt werden sollen wie die Telefonfürsorge und so von Anfang an gar keine Informationen über sie erfasst würden. Derzeit bleibe unklar, wie Daten von Berufsgeheimnisträgern effektiv vor dem Risiko des Missbrauchs und vor rechtswidrigem Zugriff bewahrt werden könnten. (anw)