Smarter Mundschutz überwacht Gesundheitszustand

Forscher haben einen Mouthguard für Sportler und andere Anwender entwickelt, der die chemischen Bestandteile des Speichels analysieren und vor Krankheitsanzeichen warnen kann.

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Von
  • Mike Orcutt

Forscher haben einen Mouthguard für Sportler und andere Anwender entwickelt, der die chemischen Bestandteile des Speichels analysieren und vor Krankheitsanzeichen warnen kann.

Über den Mundspeichel lassen sich ohne großen Aufwand Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand eines Menschen ziehen. Doch bislang musste man zunächst eine Speichelprobe beim Arzt abgeben, der dann in einem Labor die verschiedenen Bestandteile der Spucke analysieren ließ.

Forscher an der University of California in San Diego (UCSD) haben nun einen neuartigen Mundschutz entwickelt, der verschiedene digitale Sensoren enthält, die eine Echtzeitüberwachung der chemischen Zusammensetzung des Speichels erlauben. Einen solchen Mouthguard ohne Elektronik tragen unter anderem Sportler, Kampfpiloten oder Polizisten im Einsatz. Zudem dient er einigen Menschen zum Schutz der Zähne während des Schlafens und wird im Krankenhaus bei bestimmten Patientengruppen verwendet.

Der UCSD-Mundschutz kann verschiedene chemische Substanzen erkennen, darunter Harnsäure und Laktate. Ist Harnsäure im Blut, Urin oder Speichel erhöht, kann dies auf Stoffwechselerkrankungen hindeuten. Der Laktatspiegel kann bei Sportlern zum Nachweis von Muskelproblemen dienen.

Die Daten des Smart Mouthguard werden drahtlos per Bluetooth Low Energy (BLE) an Computer und Smartphones übertragen. BLE-Funk benötigt deutlich weniger Leistung als die klassische Bluetooth-Technik. Gezeigt haben die UCSD-Forscher bereits, dass die Technik in den Mundschutz passt, klinische Studien am Menschen stehen allerdings noch aus.

Speichel ist ein interessantes Diagnosemedium, weil er sich ohne invasive Prozeduren sammeln lässt – im Gegensatz zur Blutabnahme oder Biopsie. Er kann einfach gelagert werden und enthält viele potenziell interessante biologische Informationen. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass die Konzentration verschiedener Substanzen im Speichel mit ihren Konzentrationen im Blut korrespondiert. Die Medizin muss hier aber noch viel forschen – und etwa herausfinden, welche Marker im Speichel wirklich genau genug sind, um Krankheiten und Entzündungen zu detektieren. Der Smart Mouthguard der UCSD-Forscher sei aber das erste vorzeigbare Gerät, mit dem sich Speichel auf relevante Substanzen in Echtzeit untersuchen lasse, sagt Patrick Mercier. Der Professor für Elektro- und Computertechnik ist stellvertretender Direktor des Center for Wearable Sensors an der UCSD und Autor der Studie.

Als erste Anwendung haben sich Mercier und sein Team Sportler ausgeguckt, die intensiv trainieren und ihre Laktatkonzentration im Speichel ständig überwachen wollen. Auch die US-Luftwaffe ist an einem tragbaren Sensorsystem interessiert, mit dem sich das Stressniveau von Piloten untersuchen lässt.

Die Smart-Mouthguard-Plattform sei für solche und andere Anwendungen ideal, weil der Mundschutz groß genug ist, die elektronischen Komponenten aufzunehmen, sagt Mercier. Auf längere Sicht soll die Technik aber noch verkleinert werden und weitere Sensoren für zusätzliche Marker detektieren, die dann für Ärzte noch interessanter wären.

David Walt, Chemieprofessor an der Tufts University, wirft allerdings ein, es sei eine große Herausforderung, Speichel für die Echtzeitdiagnostik zu verwenden. Das habe zwei Gründe: So seien die Substanzen, die mit den Bestandteilen des Bluts übereinstimmten, nur in kleinen Konzentrationen vorhanden – und die Menge an Speichel, die der Mensch produziert, variiere zum Teil stark.

Mercier und seine Kollegen ficht das nicht an. Sie glauben, die Speicheldiagnostik könne sich nur verbessern, wenn mehr Daten zu Biomarkern vorliegen. "Je mehr wir sammeln, desto reichhaltiger sind die Informationen, die wir gewinnen können", meint Mercier. ()