Wenn Roboter IKEA-Stühle bauen

Roboter sind schlecht bei vielen Aktivitäten, die Menschen ganz einfach finden. Zwei Forscher berichten jetzt aber von ersten Fortschritten beim automatischen Zusammenbau von Möbeln.

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  • TR Online

Roboter sind schlecht bei vielen Aktivitäten, die Menschen ganz einfach finden. Zwei Forscher berichten jetzt aber von ersten Fortschritten beim automatischen Zusammenbau von Möbeln.

Bei vielen Tätigkeiten in der realen Welt schneiden Roboter immer noch weitaus schlechter ab als Menschen. Denn die Maschinen finden sich kaum in den ungeordneten, vollgestopften Umfeldern zurecht, mit denen Menschen keine Probleme haben. Außerdem fällt es ihnen schwer, kleine Gegenstände zu finden und zu greifen, und es fehlt ihnen an der nötigen Feinsteuerung.

All diese Probleme zusammen finden sich beispielhaft in einer einzigen Aufgabe wieder: dem Zusammenbau eines IKEA-Möbels. Viele Menschen haben das bereits – mehr oder weniger erfolgreich – hinter sich gebracht. Roboter aber sind dazu schlicht noch nicht in der Lage.

Das könnte sich bald ändern: Francisco Suarez-Ruiz und Quang-Cuong Pham von der Nanyang Technological University in Singapur haben sich vorgenommen, einen Roboter einen IKEA-Stuhl zusammenbauen zu lassen; Ende September haben sie in einem Fachaufsatz ihre bisherigen Fortschritte vorgestellt.

Der Roboter der beiden Forscher besteht aus zwei Armen mit sechs Bewegungsachsen, jeder davon ausgestattet mit Parallelgreifern zum Aufnehmen von Objekten. Diese Greifer sind in der Industrie sehr verbreitet, so dass alles, was Suarez-Ruiz und Pham an ihnen lernen, weite Anwendung finden könnte.

Die Greifer verfügen über Kraftsensoren, über die erfasst wird, wie fest sie zugreifen und mit wie viel Kraftl sie Objekte in Kontakt zueinander bringen. Hinzu kommt ein optisches System mit sechs Kameras, das bis zu fünf Objekte mit einer Genauigkeit von etwa 3 Millimetern nachverfolgen kann.

Die technische Ausstattung ist also beeindruckend. Doch mit dem IKEA-Stuhl präsentiert sich auch eine echte Herausforderung für sie.

Um die zu meistern, haben Suarez-Ruiz und Pham den Zusammenbau in mehrere Unteraufgaben zerlegt. Eine davon ist das Hineinstecken eines kleinen Holzstiftes in ein anderes Bauteil und besteht ihrerseits aus drei Teilaufgaben: Erstens muss ein Arm den Stift finden und greifen. Zweitens muss der andere Arm das Holzteil lokalisieren und festhalten. Und drittens muss der Roboter das Loch darin finden und den Stift hineinstecken.

Dabei stellt sich eine ganze Reihe von Problemen. Erstens ist der Stift nur ein paar Millimeter groß, so dass die Grenze der Genauigkeit des optischen Systems fast erreicht wird. Suarez-Ruiz und Pham gehen damit um, indem sie den Roboter seinen Greifer zunächst nur nahe am Stift auf dem Arbeitstisch ablegen lassen; dann schließt er den Greifer langsam, um den Stift zu fassen.

Das Holzteil lässt sich einfacher ergreifen. Aber das Loch darin macht wieder Probleme, denn es ist ebenfalls so klein, dass die Grenzen des optischen Systems erreicht werden. Deshalb platziert der Roboter den Stift in der Nähe und nimmt eine programmierte Abfolge von Bewegungen vor, um mit Hilfe seiner Kraftsensoren die Form des Holzteils und seine Ränder zu erfassen. Anschließend erkundet er die Oberfläche in der Nähe des Lochs, indem er den Stift wiederholt sanft dagegen drückt, bis er hineingleitet.

Und das war es: Das erste Einfügen eines kleinen Holzstiftes in ein Loch unter annähernd Realbedingungen. Ein Video des Roboters in Aktion ist hier zu sehen.

Damit wäre der erste Schritt in Richtung der – für Maschinen – bemerkenswert schwierigen Aufgabe getan, einen IKEA-Stuhl zusammenzubauen. Und das Forscher-Duo ist entschlossen, noch weiter zu gehen: „Die Arbeit wird fortgesetzt, bis alle Aufgaben für den Zusammenbau eines IKEA-Stuhls ausgeführt werden können“, schreiben Suarez-Ruiz und Pham.

Natürlich sind die Bedingungen dabei noch nicht so schwierig wie das, mit dem die meisten Menschen problemlos zurechtkommen. Die Teile liegen gut sichtbar unter hellem Licht auf einem weißen Tisch – und nicht etwa verstreut in einem schlecht beleuchteten Flur zwischen Kartonstücken. Auch gibt es keine zusätzlichen Störungen wie fehlende Teile, besserwisserische „Helfer“ oder schreiende Kinder im Hintergrund.

Die größte Schwäche aber ist vielleicht, dass das System nicht mit Menschen interagieren kann – die müssen sich fernhalten, damit der Roboter sie nicht verletzt. Um dieses Problem kümmern sich jedoch bereits andere Forschergruppen.

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