Neuer Name, neues Glück

Nach PReP, CHRP und HRP favorisiert das furchtlose Trio nun die "PowerPC Platform", die, wenn es nach ihren Schöpfern geht, Intel-PCs sowohl in Leistung als auch Vielseitigkeit ausstechen soll.Die Spezifikation steht, Prototypen kann man schon anfassen, und sogar eine sehr frühe MacOS-Version läuft schon darauf.

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Von
  • Carsten Meyer

Interessierten Entwicklern zeigte Apple auf der Comdex in Las Vegas erste Prototypen des Universalrechner-Konzepts, das dereinst von sieben Betriebssystemen unterstützt werden soll: IBM OS/2 Warp Connect PowerPC Edition, AIX, SunSoft Solaris PowerPC Edition, Windows NT, NetWare PowerPC Edition und nicht zuletzt Apples Copland (System 8) als Mainstream- und Einsteiger-OS. Drei unterschiedliche Board-Designstudien existieren bereits: Eines von Motorola, eines von Apple selbst und eines vom Taiwan NewPC Consortium. Der breiten Öffentlichkeit vorgestellt werden soll der PowerPC-Platform-Mac erst im vierten Quartal '96 -- zeitgleich mit der geplanten Fertigstellung von Copland. Andere Hersteller versprechen mehr: FirePower will schon im Januar mit einer PowerPC Platform fertig sein.

Äußerlich unterscheidet sich ein PowerPC-Platform-konformer Rechner von einem Mac durch einige typische PC-Anschlüsse, die zusätzlich zu den üblichen Mac-Schnittstellen -- SCSI, ADB, SCC, Audio-In/Out und Ethernet Twisted Pair -- vorhanden sind: PC-Keyboard, PS/2-Maus, RS 232 und ein Parallel-Printerport nach IEEE 1284 (ECP-Standard). Auf dem Mainboard findet sich des weiteren eine Soundblaster-kompatible Hardware, die wie sämtliche andere PC-Peripherie (Boot-ROM nach Open-Firmware-Spezifikation, "Super-I/O"-Chip, MFM-Floppy-Controller, NVRAM, EIDE) an einem ISA-Bussystem hängt. Laut Spezifikation wären auch bis zu fünf ISA-Slots möglich. Als Erweiterungsbus verwendet Apple wie schon bei der aktuellen Power-Mac-Generation den 33 MHz schnellen PCI-Bus mit drei Slots. Die Prozessor/PCI/ISA-Bridge ist mit dem MPC106 von Motorola realisiert, der unter anderem auch die Adreß-Maps der unterschiedlichen Betriebssysteme umsetzt. Das steckbare Mac-ROM, das die Spezifikation explizit verlangt, stellt im Grunde nur noch eine Art Dongle dar, denn das kommende Copland benutzt überhaupt keine ROM-Routinen mehr (wird aber sehr wohl die Anwesenheit eines ROMs überprüfen). Die dem Mac völlig fremden Schnittstellen und der ISA-Bus machen die Betriebssystem-Anpassung nicht gerade einfach; einige Entwickler befürchten, daß das Konglomerat aus zum Teil schon angestaubten Mac- und PC- Bestandteilen zu heftigen Stabilitätsproblemen führt. Das vorläufige System 7.5.3 meidet einige der Portbausteine noch -- man ist sich noch nicht so recht einig, wie man sie auf MacOS-Seite unter ein gemeinsames API bekommt. Beispielsweise wird Apple zwar Routinen für das Ansprechen des Parallelports einbauen, aber keine Treiber für PC-Drucker anbieten. Zugesichert ist jedoch die Unterstützung von PC-Mäusen und -Keyboards.

Lobenswert am "PowerPC Platform White Paper" ist vor allem, daß es dort wesentlich präziser auf diverse Einzelheiten eingeht, wo PReP durch Vorschläge oder Empfehlungen eher verwirrte. Einer der wichtigsten Erweiterungen der Spezifikation ist die Möglichkeit, verschiedene Betriebssysteme gleichzeitig auf Festplatte zu installieren und alternativ zu booten. Dazu wurde das Format der im NVRAM (nichtflüchtiges Parameter-RAM) abgelegten Boot-Informationen überarbeitet. Um unterschiedliche Ausstattungsmerkmale der Implementationen in den Griff zu bekommen, hat man ferner die "Runtime Abstraction Services" (RTAS) geschaffen, ein API unter anderem für ein standardisiertes L2-Cache- und Power-Management, für Hardware-Exception-Handling und wenig zeitkritische Board-Funktionen. Interessierte können das White Paper unter http://chrp.apple.com/, http://www. mot.com/PowerPC/ oder http://www.chips. ibm.com einsehen.Vor der Einführung der PowerPC Platform steht der Apple-Kundschaft noch eine Aufsplittung der Produktfamilie in eine "Enhanced Power Macintosh"-Linie und eine "Value Power Macintosh"-Linie bevor. Die Aufteilung soll später (Mitte 1997) mit Power-Platform-Macs fortgesetzt werden. Selbst über PowerPC-Platform-PowerBooks (was ein Wort!) hat man schon nachgedacht; Kenner der Materie erwarten so etwas aber nicht vor 1998. (cm) (cm)