Oscar-verdächtig

miro kommt mit einer echten Innovation auf den Markt: ein komplettes Videostudio für den Macintosh – bestehend aus PCI-Karte und Adobe Premiere – zum Sensationspreis von 1600 DM.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 3 Min.

Die Braunschweiger haben bereits im Dezember '95 mit der miroVIDEO DC20 für PCs den Desktop-Videomarkt umgekrempelt [1]. Voraussichtlich noch im Februar soll die miroMOTION DC20 fertig werden, die 300 Mark teurere Schwester für den Macintosh. Den Aufpreis rechtfertigt man mit der mitgelieferten Vollversion von Adobe Premiere 4.0. Uns lag eine Betaversion vor.

Die Kombination aus PCI-Karte und Software stellt ein komplettes Videostudio, das sich um Digitalisierung, Kompression, Bearbeitung (Schnitt, Montage, Titel, Effekte) und Wiedergabe kümmert. Obwohl die Karte vier Buchsen bereitstellt – S-Video-In, S-Video-Out und zwei mal Composite – genügt ein einziger Videorekorder. Umständliches Arbeiten mit mehreren analogen Geräten und der damit unvermeidliche Qualitätsverlust beim Kopieren gehören endlich der Vergangenheit an. Im Gegensatz zu bisheriger Computerhardware verarbeitet die miro-Karte Vollformatvideo in S-Video-Qualität – also 768 x 576 Bildpunkte (PAL-Auflösung) bei 24 Bit Farbtiefe und 25 Vollbildern pro Sekunde. Den Ton liefert die Mac-Hardware. Die Rechnerperformance wirkt sich entscheidend auf die erreichte Qualität aus: je mehr Videoinformationen pro Sekunde die Karte digitalisieren und auf die Festplatte schreiben kann, um so besser ist das Ergebnis. Überfordert man die Schreibrate der Festplatte, gehen zwischendurch einzelne Bilder verloren – die Wiedergabe ruckelt. Deshalb empfiehlt miro, die Performance der Festplatte in Adobe Premiere vozugeben, damit die Videokarte den Kompressionsfaktor entsprechend anpassen kann.

Bei einer Maximalrate von 1,5 MByte/s beim Schreiben eignet sich eine Einstellung von 1200 KByte pro Sekunde für die Videodaten in Premiere, damit noch genügend Performance für die Audioaufnahme bleibt. In diesem Beispiel kommt ein sehr hoher Faktor von 18:1 zustande, der sich in typischen Kompressionsartefakten, problematischen Kanten und Farbsäumen äußert. Ganz anders bei einer schnellen Platte: schon bei 2,5 MByte/s sinkt der Kompressionsfaktor auf 9:1 – man sieht nahezu keinen Qualitätsverlust mehr. miro hat einen Tip parat, um die Bildqualität bei einer langsamen Festplatte zu verbessern: statt mit der vollen PAL-Auflösung (768 x 576 Bildpunkte) soll man mit der halben Horizontalauflösung (384 x 576) digitalisieren – dann stellt Adobe Premiere das Bild im Preview-Fenster zwar zusammengestaucht dar, aber beim Abspielen auf dem Videomonitor rechnet der miro-Codec das Bild per Interpolation wieder auf die volle Auflösung hoch. Die verlorengegangenen Pixel nimmt das menschliche Auge weniger gut wahr als die besagten Kompressionsartefakte; auch bei dieser Einstellung gibt die Karte kontinuierlich Stereoaudio und Video ohne Rucken wieder.

Leider erfordert die Arbeit mit der miroMOTION einen Videomonitor oder Fernseher an der Video-Out- oder Composite-Buchse. Ein digitales Overlay, also die Anzeige des Videobildes auf dem Computermonitor, beherrscht die Karte nicht – obwohl sich dazu die eingebaute Videohardware in den Power Macs 7500 und 8500 [2] geradezu anböte. miro plant, diese Funktion in einer späteren Software-Release nachzurüsten.

Soweit es die Bildqualität betrifft, eignet sich die miro-Karte – wenn auch mit Einschränkungen – selbst zu semiprofessionellen Vorproduktionen. Für Amateurzwecke jedenfalls ist sie sehr gut geeignet. (se)

  • [1] Ulrich Hilgefort, Zauberlehrling, PCI-Schnittkarte: miro DC 20, c't 12/95, S. 66
  • [2] Ulrich Hilgefort, Stephan Ehrmann, Sound and Vision, Video mit den Macs 7500 und 8500, c't 11/95, S. 174