VerRAMscht

Hauptspeicher war noch nie so billig: Für einen PC133-Riegel mit 128 MByte zahlten unsere anonymen Testkäufer teilweise nicht einmal 50 DM. Selbst Markenmodule ergatterten wir für knapp 80 DM. Andererseits konnten wir aber auch nicht widerstehen, wenn uns jemand für ‘Highspeed’-RAM fast 200 Mark abknöpfen wollte. Insgesamt lieferten unsere Testkäufer 171 Speichermodule zur Begutachtung im c't-Labor ab.

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Lesezeit: 11 Min.
Von
  • Georg Schnurer
Inhaltsverzeichnis

Wer derzeit auf der Suche nach Hauptspeicher für seinen PC ist, hat theoretisch gut lachen: So viel RAM fürs Geld bekam er noch nie. Der Grund für das aktuelle Preistief liegt im seit Monaten schleppenden PC-Absatz. Da die großen Hersteller nicht mehr so viele Rechner verkaufen, ordern sie auch weniger RAM.

Nun können die Speicherproduzenten ihre Chip-Fabriken aber nicht mal eben schnell abschalten. Also füllen sich die Lager und der Marktpreis für Speicher sinkt und sinkt. Wie schnell das gehen kann, zeigt ein Blick auf die Grafik auf Seite 93: Innerhalb von nur einem Monat fiel der Einkaufspreis für No-Name-DIMMs auf dem Spotmarkt um satte 30 Prozent. Für ein 128-MByte-Modul zahlte ein Händler am 13. Juli ab Taiwan noch einen Einkaufspreis von 13,5 US-Dollar.

Der Preis für No-Name-Speicher sank im letzten Monat beinahe täglich: Auf dem taiwanischen Spottmarkt zahlten Händler Ende Juli für 128-MByte-DIMMs kaum mehr als 13 US-Dollar.

Aber so preiswert RAM aller Hersteller auch geworden ist, es gibt weiterhin die typischen Preisunterschiede zwischen Marken- und No-Name-DIMMs, nur der absolute Differenzbetrag ist deutlich geschmolzen. Und ein Preiskrieg, wie er derzeit tobt, lässt auch Markenhersteller nicht unbeeindruckt. Die Gewinne - sofern tatsächlich noch welche eingefahren werden - schwinden, Kostensenkung wird oberstes Gebot.

Vor diesem Hintergrund muss man sich daher schon fragen, ob die Qualität generell noch stimmt oder ob nicht sogar die Großen der RAM-Branche hier und da Qualitätsfaktoren wegrationalisieren. Bisher jedenfalls konnte man davon ausgehen, dass hochwertige Speichermodule von Markenanbietern aus sorgfältig getesteten Speicherchips auf aufwendigen Leiterplatten mit bis zu sechs Lagen bestehen. Billigmodule erkannte man meist an Chips fragwürdiger Herkunft und vielfach nur vierlagigen Platinen.

Um diese Fragen zu klären, haben wir unser Testkäufer-Team losgeschickt, damit es im Internet und im Fachhandel vor Ort anonym Speichermodule einkauft. Die Vorgabe für die Einkäufer: Sie sollten zunächst die billigsten 128-MByte-Module nach dem PC133-Standard beschaffen. Damit hier nicht einzelne gute oder schlechte DIMMs das Testergebnis verfälschen, beschafften sie jeweils drei gleiche Module.

Zusätzlich kauften sie bei denselben Händlern aber auch Module, die diese als Markenware ausgewiesen hatten. Wenn ein Händler noch besonders schnellen Speicher im Programm hatte oder er ein Produkt als besonders zuverlässig anpries, so griffen wir auch hier zu.

Daneben orderten wir von den großen Modulproduzenten jeweils drei Muster der schnellsten verfügbaren 128-MByte-DIMMs als Testreferenz. Insgesamt fanden 171 Speichermodule mit erheblichen Unterschieden sowohl bei der angegebenen Qualität als auch im Preis den Weg in unser Testlabor. Den billigsten 128-MByte-Riegel verkaufte uns ein Hannoveraner PC-Shop für nicht einmal 48 DM. Für das teuerste Modul, ein ‘Vitelic-CL2-DIMM’, blätterten wir beim Online-Shop von PrimusAvitos stolze 195 DM hin.

Alle Module absolvierten zunächst einen Eingangstest im c't-Labor. Hier prüften wir ihre grundsätzliche Funktionsfähigkeit und ermittelten die technischen Basisdaten. Bereits hier zeigten sich zum Teil gehörige Abweichungen von den versprochenen Eigenschaften. Wo diese allzu krass ausfielen, reklamierten wir anonym. Wenn sich der Händler außer Stande sah, sein Werbeversprechen zu erfüllen, verlangten wir unser Geld zurück. So viel sei schon verraten: Zu guter Letzt kamen wir tatsächlich überall zu unserem Recht, aber das Erlebnis mit einem der Versender hat unsere Testkäufer echt umgehauen.

Hatte das Modul seine prinzipielle Funktionsfähigkeit bewiesen, so ging es in den Praxistest: Auf zehn verschiedenen Mainboards mit aktuellen Chipsätzen und Prozessoren mussten die DIMMs zeigen, dass sie in der Praxis stabil und zuverlässig arbeiten. Hier stellte die Programmierung des SPD-EEPROMs durch den Modulhersteller die erste Hürde dar. In diesem, auf jedem aktuellen DIMM-Modul vorhandenen Baustein stecken die Informationen zu Speicherorganisation und -Timing.

Wenn hier Abweichungen vom aktuellen Standard (Intel SPD-Spezifikation 1.2 oder JEDEC 2.0) auftreten, so kann das Board-BIOS den Speicherriegel nicht automatisch mit dem korrekten Timing betreiben - dann läuft der Rechner entweder instabil oder zu langsam. Traten entsprechende Fehler auf, so vermerkten wir dies als Regelverletzung und stellten sinnvolle Parameter von Hand ein.

Im nächsten Schritt bemühten wir die Speichertest-Programme ‘Memtest’ und ‘MyTest’. Memtest wurde von Fujitsu-Siemens entwickelt und dient dort dazu, Speichermodule und Boards auf ihre Kompatibilität hin zu überprüfen. Infineon verwendet das hauseigene MyTest als praxisnahen Ausgangstest für die eigene Speicherproduktion. Beide Testprogramme nutzen ausschließlich normale Speicherzugriffe, enthalten also keine herstellerabhängigen Finessen.

Leider geben die Hersteller Memtest und MyTest nicht frei, doch ein gleichwertiges, frei erhältliches Tool konnten wir diesmal nicht finden. Den im letzten Speichertest verwendeten Memtest 1.04 von Alexander Grigoriev entwickelt der Autor nicht mehr weiter. In der aktuellen Fassung scheitert sein Programm aber an wichtigen modernen Chipsätzen, sodass es unseren Anforderungen nicht mehr genügte. Zusätzlich bemühten wir noch besonders speicherintensive Teile der SPEC unter Linux, um die Stabilität der DIMMs zu prüfen.

Der Praxistest galt als bestanden, wenn das Board mit drei 128-MByte-DIMMs eines Lieferanten, also mit 384 MByte Hauptspeicher, alle Prüfungen ohne Fehler absolvierte. Gab es Ausfälle, so reduzierten wir die Anzahl der Module, bis das System fehlerfrei arbeitete beziehungsweise auch bei nur einem DIMM scheiterte.

Parallel dazu prüften wir die Module auf professionellen Speichertestern. Da solche Geräte in der Anschaffung gut zwei Millionen Mark kosten und zudem geschultes Personal erfordern, fand dieser Test bei Herstellern von DIM-Modulen nach Vorgaben und unter Aufsicht von c't statt. Alle Module testeten wir bei zwei verschiedenen Herstellern: MCI fertigt in Engelskirchen bei Köln seit Jahren hochwertige Speichermodule und nutzt neben einem Advantest 5581 auch noch einen weiteren Tester der Firma Ando (AL6082). Optosys hat sich auf hochkompakte Speichermodule spezialisiert und ermöglichte uns Prüfungen auf einem Advantest 5581.

Da der Test von knapp zweihundert Modulen im c't-Labor und in den beiden Speziallabors viel Zeit benötigt, können wir sämtliche Testdetails erst in der nächsten Ausgabe präsentieren. Wir beschränken uns deshalb hier auf die beim Einkauf und bei der Inbetriebnahme der Module gesammelten Erfahrungen - und das sind nicht wenige. Den einen oder anderen Vorgriff auf bereits vorliegende Testergebnisse werden wir Ihnen aber nicht vorenthalten.

Speicherkauf via Internet könnte so bequem sein: Schnell zum gewünschten Produkt per Suchmaschine, hochaktuelle Preislisten, Angaben über die Lieferbarkeit, Datenblätter zu den Modulen - etliches davon ließe sich leicht automatisieren. Doch wir stießen auf die unterschiedlichsten Shopsysteme. Bei Reichelt etwa dominiert noch das Katalogprinzip aus der Papierwelt mit höchst unübersichtlichen Listen, immerhin unterstützt von einer halbwegs treffsicheren Suchmaschine.

Die anderen Shops wirken zwar zeitgemäßer, doch war es immer wieder verblüffend, wie viele Stichwörter man durchprobieren musste, bis man PC133-Speichermodule in der Anzeige hatte: Bei Checkpoint beispielsweise führten weder die Begriffe PC133-SDRAM, PC133, SDRAM noch RAM zu Treffern, bei PrimusAvitos landeten wir nach Eingabe von PC133 gar bei Notebook-Taschen. Außer Reichelt haben die Shops aber neben der Suchmaschine noch ein Registersystem parat, mit dem wir vielfach schneller ans Ziel kamen. Bei LiComp, wo man ganz auf eine Suchmaschine verzichtet, ging es eh nicht anders.

Statusinformationen zur Lieferbarkeit fanden wir bei den meisten Shops, musste aber zum Beispiel bei K&M Elektronik und bei Mix-Computer feststellen, dass das Web-Angebot nicht immer auf dem neuesten Stand ist. Ebenso variierten die Bestätigungen. Alternate etwa bietet hier recht viel Service: Auf die Bestätigungs-Mail zur Bestellung folgt eine weitere, die über den Beginn der Bearbeitung informiert und schließlich kommt noch eine, sobald Alternate das Paket losschickt. Wer eine Handy-Nummer angibt, erhält entsprechende Informationen auch per SMS. Bei anderen gab es nur die Bestätigungs-Mail, bei wieder anderen auch noch mal eine weitere zum Stand der Dinge.

Ziemlich trübe sah es bei den technischen Daten beziehungsweise bei den grundsätzlichen Beschreibungen der Speichermodule aus. Nur bei Crucial, dem Direktvertrieb von RAM-Hersteller Micron, fanden wir tatsächlich detaillierte Datenblätter.

Unsere erste Freude bei Reichelt indes, wo ein Papiersymbol vor der Produktbeschreibung ebenfalls ein Datenblatt verspricht, verflog schnell: Der Server quittiert das Anklicken nur mit einen ‘Not Found’-Error. Nicht dass die anderen Versender wirklich präzise und vollständige Angaben böten (Alternate war hier vergleichsweise ausführlich), aber bei Reichelt waren wir - wie übrigens auch bei Schiwi Elektronik - zum Kauf per Blindflug gezwungen.

Bei Checkpoint versagt der Info-Button zur Produktbeschreibung ähnlich, aber die Daten aus der Liste erlauben wenigstens eine grobe Orientierung. Bei CSD etwa sind die Daten nicht nur rudimentär, sondern auch widersprüchlich. Bei PrimusAvitos finden sich unter ‘Detailinformationen’ nicht etwa die für den Speicherkauf so wichtigen Timing-Angaben, sondern lediglich dürre Daten und eine Übersicht darüber, was andere Kunden, die dieses Produkt erworben haben, noch auf ihrem Einkaufszettel stehen hatten.

Letztlich trifft man bei jedem Anbieter auf eine eigene Notation zur Beschreibung von RAM-Riegeln, einige davon werden Sie bei den folgenden Einzelbesprechungen noch kennen lernen. Insgesamt darf man konstatieren, dass man nur zu oft gezwungen ist, die Katze im Sack zu kaufen. Auch Angaben zu den Versandkosten sind nicht überall leicht zu finden. Bei LiComp erfährt man zum Beispiel erst beim Klicken auf den Button ‘Versand’, dass der Händler 15 DM Versandkosten und weitere 10 DM für die Nachnahme berechnet - im Übrigen ein üblicher Preis bei den meisten Versendern. Bei Reichelt fanden wir diesen Posten gar nicht auf der Webseite, aber mit nur zehn Mark lagen sie immerhin besonders günstig. Etwas ‘shocking’ sind die Angaben bei Snogard, wo die Versandkosten zwischen 25 bis 90 DM liegen können - für unsere Lieferung zahlten wir 25 Mark.

Bei den folgenden Einzelbesprechungen haben wir den High- und Low-Lights unserer Einkaufstour etwas mehr Platz eingeräumt. Bei den Anbietern, wo es im Großen und Ganzen geklappt hat, beschränken wir uns auf eine kurze Beschreibung der DIMMs und wie sie unsere ersten Tests überstanden haben. Da fast alle No-Name-DIMMs falsche Angaben im SPD-EEPROM trugen, haben wir auch diesen Tatbestand nicht jedes Mal gewürdigt, zumal Sie diese Details in der Tabelle finden. Die Zeit, nach der die Lieferung bei uns eintraf, ist dort ebenso vermerkt wie die verwendete Verpackung. (gs)