Die Suche nach Geld

Die WWW-Suchmaschinen sind durch die E-Commerce-Krise und den Wegfall des Werbemarktes besonders hart getroffen: Wer überleben will, verkauft Rankings - offen oder versteckt, mit für den Besucher zum Teil undurchschaubaren Resultaten.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Excite ist pleite und soll verkauft werden; Lycos ‘erwirtschaftete’ im vergangenen Geschäftsjahr bei 139 Millionen Euro Umsatz einen Verlust von 202 Millionen Euro; Netguide, erst Ende Juni mit viel Tamtam gestartet, wurde schon ein paar Monate später eingedampft; Infoseek verschwand vollständig, weil Hauptkunde und Gesellschafter T-Online einen anderen Suchhelfer für sein Portal wollte.

Google hebt bezahlte Treffer deutlich von den Index-generierten Ergebnissen ab, und auch bei Qualigo wird durch den ‘Klickwert’ deutlich, dass die Platzierungen gekauft sind. Bei anderen Such- und Metasuchhelfern wie Apollo7.de fehlt ein solcher Hinweis.

Harte Zeiten für die Betreiber von Suchmaschinen: Klassische Bannerwerbung, lange Zeit die wichtigste Geldquelle, bringt immer weniger Geld ein. So suchen die Betreiber händeringend nach neuen Finanzierungsmodellen. Ihre Technik an andere Unternehmen zu lizenzieren, gelingt nur wenigen Großen, etwa Google mit seinen weltweit etwa 130 Partnern, Inktomi, das hinter HotBot, LookSmart, der AOL- und der MSN-Suche steht, oder Fast, dem ‘Neuen’ von T-Online.

Erfolg versprechender und immer beliebter ist es, sich von Website-Besitzern die bevorzugte Aufnahme einer Homepage in den Volltextindex oder in das Verzeichnis honorieren zu lassen. Web.de beispielsweise bearbeitet für 60 Euro Anmeldungen bis zum nächsten Arbeitstag. Webseiten wie gehabt unentgeltlich in das Verzeichnis aufnehmen zu lassen, kann dagegen bis zu sechs Monate dauern.

Von der begünstigten Aufnahme in einen Index ist es nur ein kleiner Schritt zur vorgezogenen Platzierung. Und tatsächlich verdienen bereits etliche Suchdienste Geld, indem sie Verweise prominent positionieren - in den verschiedensten Spielarten, von deutlich gekennzeichneten ‘Sponsored Links’ bis hin zur ausschließlichen Versteigerung der Platzierungen.

Für Anwender von Suchmaschinen sind gekaufte Positionen allerdings von zweifelhaftem Nutzen. Schließlich ist der Treffer, für den ein Unternehmen dem Suchmaschinen-Betreiber das höchste Entgelt gezahlt hat, aus Sicht des Anwenders nicht unbedingt der beste - für die Betreiber der Suchknechte ein schwieriger Spagat: Google will sich beispielsweise die Einkommensquelle durch den Verkauf von Verweisen nicht entgehen lassen und bietet mit ‘Sponsored Links’ und ‘AdWords’ gleich zwei Möglichkeiten, kommerzielle Links in Rechercheergebnisse einzubauen. Allerdings hebt Google diese farblich und räumlich deutlich von den Treffern aus dem Index ab.

Andere Suchmaschinen bauen verkaufte Links in ihre normalen Ergebnislisten ein. Web.de beispielsweise listet bei einigen Suchbegriffen Partner, die Bannerwerbung schalten, an erster Stelle. Laut Web.de handelt es sich hierbei um einen Testbetrieb; allerdings hatte c't schon Anfang des Jahres darauf hingewiesen. Auch Acoon vermarktet Top-Positionen, ohne den Benutzer darauf hinzuweisen.

Bei einer dritten Gruppe von Suchhelfern beruht das gesamte Geschäftsmodell darauf, Positionen ganz offen in den Trefferlisten zu verkaufen. Overture, vormals GoTo, versteigert seit seinem Bestehen Platzierungen. Der Dienst zeigt sogar an, wie viel jeder Listenplatz pro Besucher kostet.

In Deutschland versuchen mittlerweile einige Anbieter Overture nachzuahmen, beispielspielsweise Cyfind, Hurra oder Qualigo. Insbesondere Qualigo betreibt eine aggressive Expansionspolitik. Zum einen ruft das Unternehmen Webmaster auf, ein Suchfenster von Qualigo auf deren Seiten einzubauen. Für jeden Besucher, der von dort aus Qualigo für Suchanfragen nutzt, erhält der Webmaster einen Eurocent.

Zum anderen spannt Qualigo auch andere (Meta-)Suchmaschinen für seine Zwecke ein und ermöglicht ihnen, Prozente zu kassieren, wenn sie mit ihren Suchergebnissen Besucher auf die Websites der Qualigo-Kunden liefern. Wer seine Seiten bei Qualigo positioniert, soll auch bei anderen (Meta-)Suchdiensten gefunden werden, darunter Metager, suchmaschine.de, nettz und apollo7.

Insbesondere für kleinere Anbieter stellt das Qualigo-Angebot eine Verlockung dar, ihre Suchergebnisse dahingehend zu ‘optimieren’, dass Qualigo-Treffer weit oben liegen. apollo7 beispielsweise lieferte Mitte November immer einen Qualigo-Treffer an erster Position, wenn Qualigo dazu bezahlte Links lieferte. Kein Zufall: Nach Auskunft der Betreiber testete man gerade die Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Qualigo.

Es wird im Suchmaschinen-Dschungel immer schwieriger, zwischen neutral ermittelten und gekauften Ergebnissen zu unterscheiden. In den USA haben sich Verbraucherschützer des Themas angenommen. Die Verbraucherschutzgruppe ‘Commercial Alert’ von Ralf Nader wirft Suchmaschinen wie Altavista und Lycos Betrug vor, die bezahlte Links nicht als solche kenntlich machen. Im Juli strengte sie deshalb bei der Federal Trade Commission (FTC) ein Verfahren an, das bislang noch nicht entschieden wurde. (jo)

[1] Stefan Karzauninkat: Suchmaschinen erschließen neue Einnahmequellen, c't 9/ 01, S. 17 (jo)