Klage gegen NSA-Programm Upstream zurückgewiesen

Human Rights Watch, Wikimedia, Journalisten und Rechtsanwälte haben gegen die Backbone-Überwachung der NSA geklagt. Das Gericht lehnte nun den Fall ab: Die Kläger hätten nicht bewiesen, dass die Überwachungseinrichtungen auch gegen sie eingesetzt werden.

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NSA-Präsentationsfolie über Upstream

Die NSA zahlt hunderte Millionen für den Zugriff auf Backbone-Leitungen.

(Bild: NSA)

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Ein US-Bundesbezirksgericht hat am Freitag eine Klage gegen die Backbone-Überwachung der NSA zurückgewiesen. Richter Thomas Selby Ellis befand, dass die Kläger zu ihrer Klage nicht berechtigt seien. Denn dass die NSA im Rahmen des Upstream-Programms mächtige Überwachungseinrichtungen an Netzknoten installiert hat, sei noch kein Beweis, dass damit auch richtig viel überwacht werde.

Admiral Michael S. Rogers leitet die NSA, den Militärgeheimdienst CSS und das militärische US Cyber Command.

Zudem könne die Befürchtung, überwacht zu werden, nicht auf Upstream zurückgeführt werden. Eine Entscheidung in der eigentlichen Frage, ob Upstream unter US-Recht legal ist, hat der Richter also nicht getroffen. Die Kläger können gegen die Zurückweisung Berufung einlegen.

Im Rahmen des Upstream-Programms zapft die NSA Backbone-Leitungen direkt an. In der Datenflut sucht sie dann nach gewissen "Selektoren", die bestimmte Kommunikationsteilnehmer identifizieren sollen. Dabei kann aber auch Kommunikation unbeteiligter Dritter, die darin einen der Selektoren erwähnen, im Filter landen ("about surveillance").

Aus dem geheimen NSA-Etat für das Jahr 2013 ist bekannt, dass sich die NSA den direkten Zugriff auf die Backbones Einiges kosten lässt. Damals wurden nicht weniger als 278 Millionen US-Dollar für Zahlungen an kollaborierende US-amerikanische Backbone-Provider budgetiert. Das aktuelle Verfahren heißt Wikimedia Foundation v National Security Agency/Central Security Agency.

Kläger sind die Wikimedia-Stiftung, der Nationale Verband der Strafverteidiger (NACDL), Human Rights Watch, Amnesty International USA, PEN American Center, Global Fund for Women, das Nation Magazine, das Rutherford Institute und das Washington Office on Latin America. Sie wurden von der American Civil Liberties Union (ACLU) unterstützt. Beklagt sind die NSA und der Central Security Service sowie der Chef der beiden Spionagedienste, das Justizministerium und seine Ministerin sowie der Nationale Geheimdienstdirektor und seine Behörde.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Als Beweise legte die ACLU unter anderem Dokumente aus dem Fundus Edward Snowdens, öffentliche Aussagen von Funktionsträgern und ausdrücklich erklärte Absichten der Regierung vor. Die Existenz des Upstream-Programms wurde vom Gericht dann auch nicht angezweifelt.

Aber: Aus dem Vorhandensein der Abhöranlagen, "kann nicht geschlossen werden, dass die NSA tatsächlich den Inhalt der gesamten durch die Überwachungsgeräte laufenden Kommunikation untersucht", schreibt der Richter in der Begründung. Dann vergleicht der Richter die NSA-Geräte mit einem Auto, das nicht unbedingt zu schnell fährt, nur weil es dazu in der Lage ist.

Zudem hält er fest, dass die Kläger Umfang und Reichweite von Upstream nicht beweisen können, weil es geheim ist. Trotzdem würden sich die Kläger in unzulässiger Weise auf eine "Kette von Spekulationen" stützen. Sie könnten nicht beweisen, tatsächlich betroffen zu sein.

Auch der Umfang des Wikipedia-Traffics half nicht. Die Kläger hätten nicht dargelegt, wie viel Traffic es im Internet gibt. Also sei nicht erkennbar, ob der Wikipedia-Anteil bedeutend sei. Der Behauptung, dass wenigstens irgendein Teil dieses enormen Traffics in die Upstream-Fänge geraten sei, fehle die statistische Grundlage.

Überhaupt stellte der Richter in Abrede, dass die Kläger geschädigt sind. Beispielsweise hatte die Vereinigung der Strafverteidiger gezeigt, welchen Aufwand ihre Mitglieder treiben müssen, um mit bestimmten Klienten frei kommunizieren zu können. Dieser Aufwand beruhe auf "subjektiver Angst vor Überwachung" und könne nicht in fairer Weise auf Upstream zurückgeführt werden, meinte Richter Ellis.

(ds)