Software spürt Kinderpornographie auf

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Ein Informatiker der Abteilung `Kommunikation und Information´ des hessischen Landeskriminalamtes hat in seiner Freizeit ein Softwareprogramm entwickelt, das tier- und kinderpornographische Bilder anhand von `elektronischen Fingerabdrücken´ erkennt - unabhängig vom Format, in dem sie gespeichert sind. Angebliche Fehlerquote: gleich Null. Der Abgleich von Prüfsummen und eindeutig identifizierten Bildteilen findet mit Hilfe einer ständig aktualisierten Datenbank des Bundeskriminalamtes (BKA) statt.

Anlaß der Entwicklung, die jetzt für internationales Aufsehen sorgt: Die tägliche Suche nach Kinderpornographie im Internet war für die Computerpolizisten zu mühsam und frustrierend. Das automatisierte Verfahren soll hingegen eine effiziente Überprüfung großer Datenbestände ermöglichen und Einzelbildsichtungen auf die nach dem Suchlauf ausgegebenen Treffer reduzieren.

Auch Internetprovidern wird nun seitens des hessischen Landeskriminalamtes (LKA) nahegelegt, die Filtersoftware einzusetzen: Mit dem Programm `dürften die bisherigen Hauptargumente der Provider - die nicht verhältnismäßig zu leistende Kontrolle riesiger Datenmengen sowie die `uneingeschränkte Kommunikation´ stehe Eingriffen in den Datenbestand entgegen - entkräftet sein´, teilte das LKA der Presse mit.

Der Urheber des neuen Programms hat mittlerweile eine Kooperation zur kommerziellen Verwendung mit der Hofheimer Compass Informatik und Consulting GmbH abgeschlossen. Unter dem Namen `perkeo filescan´ (Programm zur Erkennung relevanter kinderpornografischer eindeutiger Objekte) wird die Software in verschiedenen Preiskategorien vermarktet und laufend verbessert (http://www.perkeo.com). Die Firma erhält Zugang zur BKA-Datenbank, im Gegenzug stattet sie alle mit der Suche nach illegaler Pornographie befaßten deutschen Behörden kostenlos mit dem Programm aus.

Seitdem Ex-Compuserve-Geschäftsführer Felix Somm wegen Verbreitung pornographischer und gewaltverherrlichender Schriften angeklagt wurde und es bei Providern und Hochschulen zu Hausdurchsuchungen kommt, fürchten manche Firmenchefs und Web-Administratoren, mit einem Bein auf der Anklagebank zu stehen. Laut Mediendienste-Staatsvertrag sowie Informations- und Kommunikationsdienstegesetz muß ein Provider auf Verlangen der Strafverfolgungsbehörden oder sobald er `davon Kenntnis hat´ rechtswidrige Inhalte aus Newsgroups löschen beziehungsweise den Zugang zu illegalen Websites sperren. Allerdings nur, soweit dies `technisch möglich und zumutbar´ ist.

Eine Marktlücke für das aufstrebende Unternehmen? Compass-Mitarbeiter Peter Bublitz meint: `Wenn das LKA in der Lage ist, Kinderpornographie im Internet zu identifizieren, sollte es auch die private Wirtschaft sein´. Michael Schneider, Anwalt des Electronic Commerce Forum (eco) und Mitglied des Internet Medienrats hält die Rechtslage jedoch für eindeutig: `Provider müssen die Software nicht einsetzen.´ Wenn die Polizei die Software einsetze, sei dies in Ordnung, nicht jedoch bei den Providern vor Ort. `Die Provider sollten nicht zu Hilfssheriffs werden,´ so Schneider.

Nach Angaben von Compass-Mitarbeiter Bublitz sind Verhandlungen mit interessierten Providern bereits im Gange, unter anderem mit der Telekom. Auf großes Interesse stieß das Programm auch bei internationalen Polizeiorganisationen. Der Bedarf an Scansoftware wächst exponentiell, das Geschäft scheint vielversprechend. Nach Angaben des Wiesbadener LKA stieg die Anzahl der polizeilich bekannt gewordenen einschlägigen Delikte in Deutschland von 32 im Jahre 1996 auf 104 in den ersten drei Quartalen des Jahres 1997 - dies sei nicht zuletzt auf die Erfolge durch den Softwareinsatz zurückzuführen. Fast täglich finden in Hessen Hausdurchsuchungen statt. Und im nächsten Jahr soll die Scansoftware auf jugendschutzrelevante Belange erweitert werden. (Christiane Schulzki-Haddouti/nl) (ole)