Deutsche Paypal-Alternative Paydirekt: "Man muss nicht immer der Erste sein"

Mit dem Bezahldienst Paydirekt möchten die deutschen Banken Paypal Marktanteile beim Onlinekauf abknöpfen. Die beiden Geschäftsführer des neuen Dienstes erklären heise online, wie sie das schaffen wollen.

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Paydirekt
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Inhaltsverzeichnis

Paydirekt ist ein Gemeinschaftsprojekt der deutschen Banken, das die Übermacht Paypals beim Online-Shopping brechen soll. Große Privatbanken, Volksbanken und Sparkassen sind alle mit an Bord, wobei die Sparkassen erst später dazustoßen wollen. Die Nutzer sollen damit direkt von ihrem Girokonto schnell und einfach Käufe bezahlen können. Käuferschutz soll es bei Paydirekt auch geben, Altersverifikationen seien ebenfalls nicht mehr nötig, weil sich der Kunde bereits bei seiner Bank identifiziert hat. Die Zahlungsgebühren trägt der Händler – und muss diese mit den teilnehmenden Banken aushandeln.

Ende des Jahres soll es losgehen, Nutzer können sich dann über ihr Onlinebanking registrieren, sobald ihre Hausbank teilnimmt. Paydirekt-Apps für Android und iOS finden sich auch schon in den App-Stores. Die Geschäftsführer Helmut Wißmann und Niklas Bartelt erklären im Gespräch mit heise online, wie man den Markt aufrollen will.

Die fast einhellige Meinung zu Paydirekt lautet: Das kommt 10 Jahre zu spät. Was erwidern sie darauf?

Helmut Wißmann: Man muss nicht immer der Erste sein. Wir haben in einem Jahr technischer Entwicklung das geschafft, wofür andere mehrere Jahre gebraucht haben, darauf sind wir schon mal stolz. Wir mussten uns natürlich in vielen Punkten mit den beteiligten Banken abstimmen und sicherstellen, dass es reibungslos funktioniert. Das dauert. Ich glaube nicht, das wir zu spät sind, weil sich der Markt ja auch weiterentwickelt. Unser Potenzial: Jedes onlinefähige Girokonto kann teilnehmen.

Ist der Kuchen nicht schon längst verteilt? Es gibt 16 Millionen Paypalnutzer in Deutschland, wie wollen sie die überzeugen?

Wißmann: Erstens zahlt man mit uns ganz einfach. Zweitens ist es sicher, es geht über kein externes Zwischenkonto, sondern direkt von meiner Bank zum Händler. Ich kann mir also gewiss sein, dass Daten meiner Einkäufe nicht unberechtigt an Dritte weitergegeben werden. Die Daten werden in Deutschland verarbeitet. Und ich glaube auch nicht, dass, wie sie sagten, der Kuchen verteilt ist. Ich denke, dass sich die Händler über einen weiteren Wettbewerber freuen. Ich bin überzeugt, dass die Kunden die Vorteile der Sicherheit und des Datenschutzes sehen.

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Ist es nicht hinderlich, dass die Sparkassen sich erst ab Frühjahr 2016 ans System andocken werden?

Wißmann: Wir befinden uns im abgestimmten Zeitplan. Wir fahren ab Ende des Jahres sukzessive hoch, die Banken kommen nach und nach dazu. Wir sind so ausgerichtet, dass das auch möglich ist. Wer sich im Bankenumfeld auskennt, weiß, dass ein Bigbang-Start aller Banken und Techniken nicht zielführend ist.

Wie aufwendig war es, sich an die ganzen Backends der Banken anzudocken? Man denkt da ja an 70er-Jahre-Mainframes und altehrwürdige Cobol-Programmierer, die bloß nicht in Rente gehen dürfen.

Wißmann: Formulieren wir es mal so: Bestimmte Programme laufen noch auf Mainframes, andere aber auch nicht. Da hat jede Technik ihre Daseinsberechtigung. Zu der Verwendung müssen Sie die Banken befragen. Für uns ist es vor allem eine organisatorische Frage. Wir haben eine definierte Schnittstelle mit allen Banken abgestimmt, an die sich die dezentralen Systeme der Banken andocken. Da gibt es einen klaren Software-Befehlssatz. Die Ausführung ist einfach, die Organisation des Ganzen ist aber nicht immer einfach.

Sie müssen ja nicht nur Banken und Nutzer überzeugen, sondern auch Händler. Wie sieht es denn an der Front aus?

Wißmann: Wir sind zuversichtlich, dass wir immer mehr Händler für paydirekt angemeldet bekommen. Die Gespräche mit den Händlern werden aber durch die Banken geführt, wir stellen die Voraussetzungen bereit.

Niklas Bartelt: Um mal ein großes Beispiel zu nennen: Der Metro-Konzern hat zugesagt, dass er teilnehme. Das bringt eine Reihe bekannter Händler wie Media-Saturn und Redcoon. Wir sind zuversichtlich, dass wir eine gute Händlerabdeckung hinbekommen.

Paydirekt als App (3 Bilder)

Apps für Android und iOS sind schon in den Stores.

Womit wollen Sie denn die Händler ködern, noch ein weiteres Zahlungssystem einzuführen?

Bartelt: Weil es für den Kunden bequem ist, fällt die Abbruchquote beim Kauf niedrig aus. Punkt zwei ist eine große Abdeckung von Kunden – es werden potenziell 50 Millionen Online-Konten erreicht. Dazu ist die Einbindung leicht, wir bieten Plug-Ins und arbeiten mit Payment-Service-Providern zusammen, über die Händler die Bezahlabwicklung einkaufen und sich aufschalten lassen können. Und dann last but not least wird es mir gerade bei großen Händlern zurückgespiegelt, dass die Sicherheit der Daten auch für Händler sehr wichtig ist.

Wißmann: Da wäre vielleicht noch das Thema garantierte Zahlung zu nennen. Es findet eine Prüfung statt, ob der Kunde mit seinem Onlinebanking überhaupt zahlen kann.

Mich als Händler würden ja erstmal die Gebühren interessieren. Muss ich als Händler tatsächlich mit jeder teilnehmenden Bank verhandeln?

Bartelt: Im Moment muss der Händler mit sieben Banken beziehungsweise Bankengruppen sprechen. Bei den großen Händlern ist es natürlich so, dass die direkt mit den großen Banken werden verhandeln wollen. Wahrscheinlich wird es für einen kleineren Händler nicht so attraktiv sein, dass selber auszuhandeln. Und auch für die haben wir eine Lösung, nämlich das Vermittlermodell. Beispielsweise kann ein Payment-Service-Provider, der seinen Händlern den Bezahlvorgang zur Verfügung stellt, sozusagen als Großhändler für das Entgelt auftreten und stellt seinen Kunden eine Rate zur Verfügung.

Warum so umständlich?

Bartelt: Das hat uns der Regulator so auferlegt. Das ist kartellrechtlich begründet, um Absprachen zu vermeiden. Und ich glaube, wir haben gute Lösungen gefunden, damit umzugehen.

Sie können also nicht mal einen ungefähren Rahmen für Gebühren nennen?

Bartelt: Wir dürfen die Preise gar nicht kennen. Und da tun wir auch alles, um diese Raten nicht zu kennen, weil wir natürlich auf keinen Fall mit dem Bundeskartellamt im Konflikt kommen wollen.

Wie ist gerade der Stand des Systems?

Wißmann: Wir sind mit Pilotkunden in einer ersten Phase und haben unter anderem die Hypovereinsbank, die Comdirect und die Commerzbank als Banken bereits angebunden. Die Pilotkunden sind Bankmitarbeiter. Aktuell sind zwei Shops angeschlossen. D-Living und Sport Tiedje. Das wird sukzessive mehr.

Kann ich dann auch mehrere Konten in meinem Paydirekt-Account integrieren? Wie sieht es mit Kreditkarten aus?

Bartelt: Wir haben im Moment eine Eins-zu-Eins-Beziehung. Was sie machen könnten, ist sich zwei verschiedene paydirekt-Nutzer anlegen für die jeweiligen Konten. Was Kreditkarten angeht: Unsere Marktforschung hat gezeigt, dass die Kunden die Verbindung mit ihrem Girokonto bevorzugen.

Was ist mit Zahlungen außerhalb Deutschlands?

Bartelt: Grenzüberschreitende Zahlungen sind technisch möglich, wenn der Kunde ein deutsches Konto hat und der Händler an uns angedockt ist. Erster Schritt ist natürlich der Fokus auf den Heimatmarkt. Für mehr sind wir offen, aber man muss erstmal laufen, bevor man rennt.

Sind auch Zahlungen von Nutzer zu Nutzer möglich?

Wißmann: Das ist eine der Option der Weiterentwicklung, die wir auf der Liste haben. (axk)