Schönlinge

Wer beim PC-Kauf Wert auf ein gepflegtes Äußeres legt, hat so viel Auswahl wie noch nie: Schicke, kleine Mini-Barebones zum Selbstkomplettieren gibt es in allen Leistungsklassen und für jeden Prozessortyp. Was die aktuellen Modelle abgesehen von der schönen Hülle noch mitbringen, verrät ein Blick auf 29 moderne Geräte.

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Von
  • Georg Schnurer
Inhaltsverzeichnis

Wer sich für einen schicken, kleinen Rechner interessiert, der zudem leistungsfähig und erweiterbar ist, landet unweigerlich bei einem der vielen Mini-Barebones. Diese aus Gehäuse, Board, Netzteil und Kühllösung bestehenden Basisrechner ermöglichen einen weitgehend an den individuellen Bedürfnissen orientierten Systemaufbau - und das nicht nur für Hardware-Profis. Jeder mit Schraubendreher bewaffnete Anwender mit etwas Fingerspitzengefühl kann sich seinen Wunsch-Schönling auf Basis eines Barebones zusammenbauen.

Einige Erfahrung im Umgang mit Prozessoren und anderen empfindlichen Halbleitern kann freilich nicht schaden. Schließlich nehmen es die noch fehlenden Komponenten CPU, Speicher, Festplatte und optisches Laufwerk übel, wenn sie allzu sehr traktiert werden. Wer sich den Selbstbau nicht zutraut, findet im Internet und vor Ort viele Händler, die den Wunsch-Barebone gegen eine kleine Gebühr komplettieren. Daneben bieten einige Barebone-Hersteller wie etwa Shuttle und AOpen inzwischen auch komplett bestückte Versionen ihrer Mini-Rechner an.

Weit über 60 Mini-Barebone-Modelle findet man derzeit im Handel. Wer hier den Überblick verliert, erlebt mitunter einen teuren Reinfall. Anders als der klassische PC im Tower-Format bestehen die Barebones nämlich nicht aus weitgehend standardisierten Komponenten. Der nachträgliche Austausch etwa von Board oder Netzteil ist hier in der Regel nicht möglich.

Geht es um einen PC fürs Wohnzimmer, so kommen auf den ersten Blick die von verschiedenen Herstellern angebotenen „HiFi“- oder „AV“-Barebones in Frage. Mit integriertem Radio, Fernbedienung, TV-Tuner, Abspielfunktion für Audio- und MP3-CDs sowie Video-DVDs scheinen diese Modelle wie gemacht für einen Einsatz im heimischen Wohnzimmer - zumal die Anbieter versprechen, dass all diese Funktionen direkt nach dem Einschalten ohne zeitraubenden Bootvorgang zur Verfügung stehen.

Doch manchmal stimmt die Ausstattung nicht oder Bedienphilosophie und Qualität der zum Gerät gehörigen Media-Center-Software missfallen, sodass ein „normaler“ Barebone mit individuell angepasster Hard- und Software vielleicht doch die bessere Wahl ist. Zudem ist längst nicht jeder „HiFi-Barebone“ wohnzimmertauglich, was seine Geräuschkulisse anbelangt.

Lärm ist ohnehin ein kritisches Thema für alle aktuellen Barebone-Modelle. In Sachen Performance können sie - bestückt mit einem rasanten Prozessor und einer leistungsfähigen Grafikkarte - längst mit jedem Desktop- oder Tower-Modell mithalten. Doch der begrenzte Raum zwingt die Hersteller, leistungsstarke Lüfter einzusetzen, um die anfallende Abwärme aus dem Gehäuse zu befördern. Zudem kommen in Barebones oft kleine Lüfter zum Einsatz, die den benötigten Luftdurchsatz nur bei hohen Drehzahlen bewältigen. Mit einem geschickten Lüftungskonzept und einer ausgefeilten Regelung kann man hier zwar einigen Lärm vermeiden, ein Allheilmittel ist das aber nicht.

Für Barebones gilt deshalb: Ins Gehäuse kommt nur so viel Power wie nötig, damit möglichst wenig Abwärme entsteht. Wer keine rasanten 3D-Actionspiele spielen will, sollte tunlichst auf eine hochgezüchtete Grafikkarte verzichten. Eine überdimensionierte CPU ist ebenfalls nicht angebracht.

Soll es partout ein kleiner 3D-Renner werden, so wählt man besser ein Barebone-Modell ohne integrierte Chipsatz-Grafik - was man nicht nutzt, sollte man auch nicht bezahlen. Steht die Leistungsklasse der Grafikkarte fest, gilt es, ein Gehäuse zu finden, in das sie auch hineinpasst. Karten mit PCI-Express-Anschluss (PEG) finden nur in wenigen Barebones einen geeigneten Steckplatz. Flotte 3D-Beschleuniger haben oft einen extrabreiten Kühler, der in den üblicherweise 15 Millimetern bis zum nächsten Slot nicht genug Platz findet. Gibt es rechts neben der Grafikkarte einen freien PCI-Steckplatz, steht natürlich mehr Platz zur Verfügung. Befindet sich der Grafik-Steckplatz des Barebones am Boardrand, so begrenzt der Gehäusedeckel den zur Verfügung stehenden Raum. In der Tabelle am Ende des Artikels haben wir deshalb nicht nur angegeben, wie lang, sondern auch wie breit eine Grafikkarte maximal sein darf.

Dass eine Karte mechanisch ins Gerät passt, ist allerdings nur die halbe Miete. Grafikkarten mit Lüfter arbeiten besser, wenn sie kalte Umgebungsluft durch geeignet angebrachte Durchbrüche in der Seitenwand des Barebones ansaugen können. Längst nicht alle Hersteller haben hier vorgesorgt. Besser sieht es da schon bei den Leistungsreserven der verbauten Netzteile aus: Alle Barebones bringen mindestens ein 200-Watt-Modell mit, das auch leistungshungrigere Grafikkarten versorgen können sollte. Ein Freibrief für den Einsatz von Hochleistungsmodellen à la GeForce 6800 Ultra ist das allerdings nicht. Zum einen verlangen diese Spitzenleistungen von über 100 Watt, zum anderen muss das Kühl- und Lüftungssystem des Barebones mit der zusätzlich eingebrachten Wärme auch fertig werden. Ohne explizite Freigabe durch den Hersteller sollte man solche (teuren) Experimente deshalb besser unterlassen.

Auch die Wahl der richtigen CPU kann den Lüfterlärm deutlich reduzieren. Generell steigt bei Pentium-4-Prozessoren ab 3,2 (Sockel 478) beziehungsweise 3,4 GHz (Sockel 775) die Gefahr, einen echten Energiefresser zu erwischen. Wer einen Hochleistungs-P4 einsetzen will, sollte tunlichst ein Barebone mit Sockel 775 wählen. Nur für diese Bauform gibt es derzeit die neuen Prescott-Versionen im so genannten E0-Stepping, die weniger Energie als ihre Vorgänger verbrauchen und so für einen insgesamt geringeren Lärmpegel sorgen [2]. Freunde von AMDs Athlon 64 haben da mehr Wahlfreiheit. Den neuen, im 90-nm-Prozess gefertigten Winchester-Kern gibt es zwar bislang nur für den modernen Sockel 939, doch sein Energieverbrauch liegt im Normalbetrieb nur geringfügig unter dem des Vorgängermodells. Nur unter Last ist er im Vergleich zum Vorgänger deutlich sparsamer. Generell gilt: Von den Vorzügen neuer Prozessorkerne hat man nur dann etwas, wenn der Wunsch-Barebone diese auch unterstützt. Ein Besuch der Hersteller-Website ist vor dem Kauf daher dringend anzuraten: Hier finden sich hoffentlich detaillierte Kompatibilitätslisten.

Ein interessantes Einsatzgebiet für Mini-Barebones sind - so erstaunlich es auf den ersten Blick klingen mag - kleine Server. Für das Netzwerk daheim muss es kein 19"-Rack sein, und wenn die Kiste gut sichtbar im Flur steht, schadet es überhaupt nicht, wenn sie klein und ansehnlich ist. Wer öfters LAN-Partys veranstaltet, schätzt zudem die leichte Transportierbarkeit solcher Mini-Server.

Wichtiger als große Prozessor- und Grafikleistung ist beim Mini-Server die übrige Ausstattung. Ein zweiter Netzwerkanschluss ist hier ebenso willkommen wie Einbauplatz für zwei oder mehr Festplatten. Einige Modelle bieten RAID-taugliche IDE-Ports, mit denen sich zwei Festplatten entweder spiegeln oder zu einem Stripe-Set zusammenfassen lassen. Die mitunter anzutreffenden Gigabit-LAN-Ports sind allerdings mit Vorsicht zu genießen. Ist der entsprechende Chip über den PCI-Bus angekoppelt, beansprucht er einen Großteil der zur Verfügung stehenden Busbandbreite. Für andere PCI-Karten bleibt dann kaum noch etwas übrig. Besser, aber teurer sind Lösungen, bei denen der GBit-Chip über einen separaten Chipsatz-Port oder über PCI Express angekoppelt ist.

Die immer beliebter werdende Funkvernetzung via WLAN macht auch vor Mini-Barebones nicht halt. Viele Hersteller bieten passende Aufrüstoptionen an, einige liefern gleich eine WLAN-Mini-PCI-Karte nebst passender Antenne mit. Doch auch hier lohnt ein Blick auf die Details. So gibt es Geräte, die zwar einen Mini-PCI-Steckplatz, aber keine vorinstallierte Antenne bereithalten. Hier bleibt es dem Anwender überlassen, das Funksignal aus dem geschirmten Gehäuse herauszuführen.

[1] Georg Schnurer, Kleine Helden, 35 Mini-PCs zum Selbstkomplettieren, c't 3/04, S. 78

[2] Christof Windeck, Rasen oder sparen, Pentium 4 mit überarbeitetem Kern, c't 25/04, S. 180 (gs)