Überhaupt nicht gebohrt

Der Draht hat so manche Vorteile: Man sieht, woher er kommt und wohin er führt, er ist sicher, einfach zu bedienen und kommt mit bescheidener Technik aus. Doch er benötigt Löcher, will man drahtgebunden mit dem nächsten Zimmer kommunizieren. Zum Glück lassen sich viele Aufgaben drahtlos erledigen - wenn man weiß, womit.

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Carsten Meyer
  • Dusan Zivadinovic

Perforierte Wände, Decken und Verkleidungen, hässliche Strippen und Kabelkanäle sind weder dem Vermieter noch einem halbwegs ästhetisch orientierten Partner zuzumuten. Selbst wer das Glück hat, ein Eigenheim zu bewohnen, wird vor dem lärmenden, schmutzenden Einsatz der Metabo zurückschrecken, nur damit der surfwillige Nachwuchs im Obergeschoss vom DSL-Volumentarif profitieren kann.

Eine Unzahl drahtloser Kommunikationstechniken hat sich in den letzten Jahren entwickelt - angefangen vom schnurlosen Telefon über Audio-Video-Übertragungsstrecken bis hin zu lokalen Funknetzen. Daneben existieren etliche Kurzzeit-Funker, etwa Autoschlüssel, mittels derer man Zentralverriegelungen von Fahrzeugen bedient. Allen ist gemeinsam, dass sie Funkwellen zur Informationsübertragung nutzen - aber das ist fast schon alles. Ebenso unterschiedlich wie die Frequenzbereiche sind die Modulations- und Kodierungsarten, um der Hochfrequenz die gewünschten Daten mit auf den Weg zu geben - und doch gibt es unangenehme Gemeinsamkeiten.

Die funkenden Helfer arbeiten durchweg auf Frequenzen, die außerhalb der normalen Radio- und TV-Bereiche liegen, oft in der Nähe von freigegebenen Amateurfunkbändern oder in „unregulierten“ oder zumindest lizenz- und anmeldefreien Bereichen. Einige Funkanwendungen liegen in gleichen oder benachbarten Frequenzbereichen und können sich daher schwer ins Gehege kommen; es ist daher gut zu wissen, wer und was so alles im Heimbereich hochfrequent strahlt. Bei der Auswahl eines beliebigen drahtlosen Gerätes spielt deshalb der Frequenzbereich, auf dem es arbeitet, eine wichtige Rolle - obwohl man es selten nach diesem Gesichtspunkt auswählen kann. Grundsätzlich gilt: Je höher die Arbeitsfrequenz liegt, desto lichtähnlicher wird die Wellenausbreitung. Gegenstände oder Mauern zwischen Sender und Empfänger werden also umso leichter „umrundet“, je niedriger die Frequenz und je größer die Wellenlänge ist. Daneben ist auch die nötige Antennenlänge unmittelbar von der Frequenz abhängig: Je höher sie liegt, desto kürzer kann eine vollwertige Antenne sein. Im beliebten 2,4-GHz-ISM-Band (ISM = Industrial, Scientific, Medical), das etwa WLANs zur Vernetzung nutzen, genügt letztendlich ein Stummel von rund drei Zentimetern Länge oder eine simple Leiterbahn auf der Platine.

Im extremen Nahbereich, etwa für die kabellose PC-Maus, kommt der 27-MHz-Bereich zu späten Ehren. Vor der Erfindung des Handys tummelten sich hier nur die CB-Funker und Modellflieger sowie medizinische Therapiegeräte und industrielle Wirbelstrom-Öfen. Wenn also Ihre Funkmaus pünktlich morgens um halb zehn verrückt spielt, bekommt vielleicht Oma Käthe in der Praxis gegenüber ihre Bestrahlung. Schon die CB-Funker richteten deshalb ihre (meist dem Selbstzweck dienende) Kommunikation auf Zeiten außerhalb der Sprechstunde von Kurzwellentherapeuten ein, und die Modellflieger wichen auf das 35- und 40-MHz-Band aus. Meterlange Antennenpeitschen benötigen Funkmäuse und -tastaturen nur deshalb nicht, weil man hier kleine Ferrit-Antennen wie im Mittelwellenradio verwendet, die geringe Wirksamkeit dieser Konstruktion spielt bei den kleinen Entfernungen von wenigen Metern eine untergeordnete Rolle.

Da die 27-MHz-Störer mittlerweile eher rar sind, wird es auch selten Probleme mit Funkmaus und -tastatur geben, und wenn, sind diese eher hausgemacht. Weil hier ein zuverlässiges Verfahren zur Gerätezuordnung fehlt - Maus und Tastatur können ihre Signale ungesteuert auch an den Nachbar-PC senden -, ist Gruppenfunk meist nicht möglich. Bessere Funk-Eingabegeräte können sich zumindest mit dem Empfänger automatisch abstimmen, wenn mehrere Funkkanäle vorgesehen sind. In gebührendem Abstand zum 27-MHz-Band senden einige Babyphone auf rund 40 MHz, sie teilen sich ihre Kanäle folglich mit RC-Fernsteuerungen für den Modellbau. Störungen im Rundfunk- oder Fernsehempfang sind hier selten, und wenn, sind sie meist auf ungünstige Aufstellung zurückzuführen.

Etwas anders sieht es mit den FreeNet-Funkgeräten aus, die auf drei ehemaligen B-Netz-Kanälen um 149 MHz arbeiten. Im Umkreis von rund 50 m wird beim Senden der Sonderkanal S07 des Kabelfernsehens stark gestört. Die anmelde- und gebührenfreien FreeNet-Walkie-Talkies dürfen mit 500 Milliwatt (mW) senden und überbrücken damit maximal einen Kilometer. Als gebührenfreier Handy-Ersatz für den Nahbereich (etwa für den Nachwuchs auf dem Spielplatz) empfehlen sich daher eher LPD- und PMR-„Funken“.

Die LPD-Geräte arbeiten im 70-cm-ISM-Band (433,05 bis 434,79 MHz) mit maximal 10 mW und auf 69 Kanälen, sie sind gebührenfrei. LPD bedeutet „Low Power Device“, also Geräte mit kleiner Sendeleistung (10 mW EIRP) - und ebenso begrenzter Reichweite, die in dicht bebautem Umfeld nur wenig über 300 m reicht.

Die LPD-Kanäle liegen mitten im 70-cm-Amateurfunkband (430 bis 440 MHz), und da Amateurfunker wenig zimperlich mit der Ausgangsleitung ihrer Senderendstufen sind und auch gern stark bündelnde Richtantennen benutzen, kann es hier durchaus zu (zeitlich begrenzten) Kollisionen kommen. Der 433-MHz-Bereich wird zudem von Garagentoröffnern, Fernsteuerungen und -bedienungen, einigen Babyphones und älteren drahtlosen Kopfhörern okkupiert.

Nahbereichs-Fernbedienungen funken natürlich nicht im „Dauerstrich“, sondern mit momentaner Tastung, wie die Auto-Fernbedienungen am Schlüsselbund. Damit sich nicht Nachbars Benz entriegelt, wenn man seine ferngesteuerten Rolläden herunterlassen will, arbeiten derlei Geräte mit einer Kodierung, das heißt, dem Fernbedienungsbefehl wird eine Adresse vorangestellt. Der Einfachheit halber verwendet man durchweg eine Amplitudenmodulation (AM), das hält auf Sender- und Empfängerseite den Aufwand in Grenzen. Die hohe Störempfindlichkeit amplitudenmodulierter Signale ist wenig relevant, zumal die Übertragung hochgradig redundant erfolgt - der Befehl wird einfach wiederholt, so lange man die Taste der Fernbedienung gedrückt hält und bis sich das beabsichtigte Ereignis einstellt.

Etwas oberhalb des LPD-Bandes ist der PMR-Bereich angesiedelt (PMR = Private Mobile Radio), die moderne Form des CB-Funks. PMR-Geräte arbeiten auf acht Kanälen im 70-cm-Band (446,0 bis 446,1 MHz) mit maximal 500 mW Strahlungsleistung (EIRP) und sind gebührenfrei, die Reichweite beträgt ein bis vier Kilometer. Der Abstand zum LPD-Band macht Störungen unwahrscheinlich, lediglich in unmittelbarer Nähe kann durch die recht hohe Sendeleistung die heimische AV-Unterhaltungselektronik gestört werden.

Die Audio-Übertragung bei neueren Funk-Kopfhörern und -Lautsprechern erfolgt meist mittels analog frequenzmodulierter (FM) Dezimeterwellen um 864 MHz auf drei wählbaren Kanälen. Diese Wellen breiten sich bereits lichtähnlich aus und werden durch Mauerwerk recht stark abgeschirmt. Durch die robustere Frequenzmodulation erreicht man eine Klangqualität wie beim UKW-Rundfunk, aber Abhörsicherheit ergibt sich ausschließlich aus der relativ begrenzten Reichweite. Immerhin sind in diesem Frequenzbereich „Gleichwellenstörungen“ (also durch Störer mit sehr naher oder gleicher Trägerfrequenz) selten, es sei denn, die Nachbarschaft hat ebenfalls Funk-Kopfhörer unter dem Weihnachtsbaum gefunden.

"Drahtlos verbinden"
Weitere Artikel zum Thema "Drahtlos verbinden" finden Sie in der c't 2/2005:
Funktechniken störungsfrei kombinieren S. 122
Neue Nahfunktechniken am Start S. 128

(dz)