Auferstandener Brandstifter

Mit WinOnCD 8 belebt Roxio seinen Brenn-Veteran wieder und bläst zum Angriff auf Nero: Einfache Bedienung, großer Funktionsumfang und deutlich günstigerer Preis sollen die Nutzer vom zündelnden Kaiser weglocken.

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Die erste WinOnCD-Version nach der Übernahme von Roxio durch Sonic Solutions vereint bereits bekannte Einsteiger-Produkte beider Hersteller in aktualisierter Fassung unter einem Hut: Alleine MyDVD, VideoWave, PhotoSuite und CinePlayer kosteten früher einzeln mehr als nun das komplette Paket. Als Dreingabe bekommt man die Vollversion des DivX 6 Create Bundle, das im DivX-Shop alleine 20 US-Dollar kostet. Vergleicht man den Funktionsumfang von WinOnCD 8 mit dem des Creator 7.5 aus gleichem Hause (s. c't 13/05, S. 73), stellt man weitgehende Übereinstimmung fest, wodurch der deutlich teurere Creator quasi seine Daseinsberechtigung verliert. Tatsächlich wird er hierzulande vom Markt verschwinden. Zu teuer, zu unbekannt - so Roxios Feststellung. Die Deutschen kennen „die Mutter aller Brennprogramme“ WinOnCD und sollen sie bekommen; weltweit heißt die Suite weiterhin Easy Media Creator.

Startet man WinOnCD, öffnet sich der Programmstarter WinOnCD 8 Home, der die einzelnen Programmfunktionen übersichtlich und mit Kurzbeschreibung auflistet - quasi Nero StartSmart, wie man es sich wünschen würde. Der Start der Einzelapplikationen könnte indes etwas fixer gehen und noch passen nicht alle Komponenten perfekt in die uniforme Look&Feel-Schablone.

Der Disc Copier dampft wie schon die im Creator 7.5 enthaltene Version Video-DVDs schnell und in sehr guter Qualität für einlagige DVD-Rohlinge ein, erzeugt wahlweise aber auch WMV9- und DivX-Discs - letztere sogar mit einem Menü. Wer hofft, so etwa seine DivX-Trailersammlung mit einem Menü versehen zu können, hat sich getäuscht: Disc Copier verlangt immer zuvor einen DVD-Ordner oder ein DVD-Image. Der „DivX to DVD“-Assistent bereitet DivX-Videos DVD-konform auf, sodass man sie auf jedem herkömmlichen DVD-Player abspielen kann - die Tonspur landet in Dolby Digital 2.0 auf der Scheibe, so sie nicht schon ohnehin in Dolby Digital 5.1 vorlag. Bei letzterem zickte der Disc Copier mitunter - während die Übernahme der Dolby-Spur meist klappte, kennzeichnete er sie in einem Fall als PCM und gab nur Rauschen aus. DivX-Filme, die ohne schwarze Balken kodiert wurden, hievt Disc Copier im richtigen Seitenverhältnis auf die DVD, leider ist die Bildqualität der resultierenden MPEGs nur Mittelmaß.

MyDVD kodiert an sich DVD-konformes DVB-Material neu.

Zwar macht WinOnCD im Unterschied zu Nero noch keine Anstalten in Richtung Media Center, doch einen UPnP-Server namens MediaSpace zum Verteilen von Medien im Heimnetz bringt auch Roxios Software mit. Im Media Manager kann man zudem LiveShares einrichten und Freunde und Bekannte einladen, einen Blick auf das eigene Fotoarchiv zu werfen. Dazu verschickt die Software eine E-Mail mit bis zu zehn Miniaturbildern samt Link auf die Freigabe an die Eingeladenen.

Als Highlight kann WinOnCD 8 unter dem Punkt „DVD-Musikdisc“ bis zu 50 Stunden lange Musik-DVDs erstellen. Als Quelle dienen etwa MP3-, WMA- oder Ogg-Vorbis-Dateien, aber auch Audio-CDs. WinOnCD liest automatisch die Einträge für Interpreten, Album und Titel - auch CD-Text -, generiert die nötigen DVD-Bildschirme (inklusive Titelindex von A bis Z) und konvertiert die Songs - was einige Stunden dauern kann. Cover-Bilder muss man manuell einbinden, darf aber auch jedem Titel ein anderes Bild zuweisen. Die Musik wird wahlweise in Dolby Digital 2.0, MP2 oder PCM gewandelt. Das Ergebnis lässt sich - anders als MP3-DVDs - auf jedem DVD-Player abspielen. Den Etiketten-Editor hat Roxio leider nicht auf die Musikdisc abgestimmt. Er listet lediglich die Tracks auf, gibt aber keinen Überblick über Interpreten und Alben. Hier muss der Anwender selbst Hand anlegen.

Der „MC- und LP-Assistent“ zum Digitalisieren und Säubern analoger Aufnahmen unterstützt jetzt Gracenotes Fingerprinting-Mechanismus MusicID, um dem Nutzer weitgehend das händische Eintragen von Interpret und Titel abzunehmen. Die besten Erkennungsquoten erzielten wir, wenn wir Trackmarker für den Fingerprint auf den Anfang des Songs setzten - MusicID nutzt zur Erkennung nur die ersten 15 Sekunden eines Songs.

Ähnlich wie Neros Scout kann auch WinOnCD 8 die Festplatten und das Netzwerk nach Musik, Filmen und Fotos durchforsten und die Ergebnisse in einer virtuellen Dateistruktur auflisten. Diese Liste lässt sich gar per UPnP ins Netz streamen. Anders als bei Nero werden die virtuellen Ordner jedoch nicht in die Windows-Dateistruktur integriert, sondern stehen nur innerhalb der Brenn-Suite zur Verfügung.

WinOnCD teilt Datensätze, die nicht auf eine CD, DVD oder DVD-RAM passen, automatisch auf mehrere Discs auf - Nero fehlt diese wichtige Grundfunktion nach wie vor. Wenn man mehrere Brenner in einem PC hat, kann man auf diesen parallel brennen.

Wer detailliert in Brenneinstellungen eingreifen will, um etwa die UDF-Version zu ändern, fährt mit Nero besser. WinOnCD versteckt solche Optionen, um ungeübte Anwender nicht zu verwirren oder bietet sie erst gar nicht.

Roxio Backup kann nun auch inkrementelle Backups sowohl auf optischen Datenträgern als auch auf Festplatten erstellen. Es überwacht Verzeichnisstrukturen, komprimiert und verschlüsselt (128 Bit AES) sie und lässt sich per Timer programmieren. Leider kann man kein bootfähiges Image von der Systempartition sichern.

HD DVD und Blu-ray Disc unterstützt WinOnCD 8 bisher nicht. Roxio hat noch nicht entschieden, ob diese Funktionen später kostenlos nachgeliefert werden oder ob man für ein solches Update bezahlen muss.

WinOnCD 8 macht da weiter, wo die Software vor Jahren aufhörte. Sie kann zwar nicht ganz mit Nero (so fehlen AVC-Kodierung und Media-Center-Oberfläche) mithalten, kostet dafür aber auch deutlich weniger. Wenn Roxio die mitunter aufgetretenen Instabilitäten in den Griff bekommt und den Start der Programmkomponenten beschleunigt, bekommt man eine bewährte Brenn-Suite zum Vorzugspreis. Und wer sich wünscht, seine Musiksammlung gepaart mit guter Navigationsstruktur auf DVD brennen zu können, dürfte alleine schon für die „DVD-Musikdisc“ bereit sein, das Geld zu investieren. Wer WinOnCD und Nero parallel betreiben will, kann das unbesorgt tun, beim Test gab es keine Nebenwirkungen.

WinOnCD 8
Brenn-Suite
Hersteller Roxio, www.roxio.de
Systemanf. Windows 2000/XP/x64, CPU ab 500 MHz, 256 MByte RAM, 1 GByte freier Speicher
Preis 40 €

(hag)