Wegweiser durch den Navi-Zoo

Kaufinteressenten für ein Navigationsgerät stehen vor einer fast nicht mehr überschaubaren Gerätepalette: Festeinbau, PDA, Handy, PNA? Soll man mit dem Gerät nur Auto fahren oder auch wandern und segeln können? Dieser Artikel bringt eine Systematik in die Modellgruppen und beantwortet die Frage, welches Navi sich für wen eignet.

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Von
  • Peter Röbke-Doerr
Inhaltsverzeichnis

Der gut verdienende Nachbar hat ein fest eingebautes Navi gleich mit dem Neuwagen zusammen gekauft. Der weniger betuchte Kollege schwört auf seinen PDA mit nachträglich installierter Navi-Software. Und Aldi oder Penny bieten PNAs (Personal Navigation Assistants) für unter 200 Euro an: Durch die rasante Entwicklung der letzten Jahre - die Navigationsbranche beansprucht auf der CeBIT in Hannover bereits eine ganze Halle - ist eine Vielfalt von Gerätetypen entstanden, die auch dem Kenner der Szene inzwischen zu schaffen macht. Unser Schaubild gibt einen Überblick über die aktuell verfügbaren Geräteklassen.

Hauptsächlich unterscheiden sich die zwei wichtigen Gruppen (rechts und links, Pixel oder Vektor) durch die Darstellungsarten der Landkarte. Die Mehrzahl der Geräte benutzt Vektorkarten - also eine Datenbank, in der eine Straße als Vektor mit Ursprung, Länge, Richtung und Endpunkt gespeichert ist. In einem Straßennetz aus diesen Vektoren lässt sich mit Computerhilfe der Weg von A nach B sehr schön nach verschiedenen Kriterien beispielsweise für Autos oder Fahrradfahrer aus verschiedenen Vektoren errechnen und zusammensetzen.

Ganz anders dagegen die Pixelkarten: Hier besteht die Landkarte aus einer gescannten Papiervorlage (einem Bild also), in der jeder einzelne Bildpunkt mit seiner geographischen Position im Programm gespeichert ist. Eine Unterscheidung zwischen „Straßen“-Bildpunkt oder „Wald“-Bildpunkt ist unmöglich; und somit kann eine Navigation von A nach B naturgemäß nur aus einer geraden Linie zwischen Start und Ziel bestehen. Dies hilft im Auto so gut wie gar nicht, ist aber in der Fliegerei oder der Schifffahrt recht nützlich.

Im Diagramm erkennt man in der Mitte eine dritte und vierte Gruppe: die GPS-Handhelds, die aus unserer Systematik ein wenig herausfallen - weil sie entweder gar keine Landkarten enthalten oder gleich beide Sorten: sowohl Vektor- als auch Pixelkarten. GPS-Handhelds sind nicht zu verwechseln mit Smartphones oder PDAs, die zuweilen auch als Handhelds bezeichnet werden.

Bei den Geräten ohne Karten muss man Wander- oder Fahrradstrecken auf dem PC zu Hause vorbereiten und als Wegpunkt-Liste auf das Gerät laden. Die „Navigation“ besteht darin, die Abweichung von der gewählten Strecke auf einem kleinen Monochrom-Display zu erkennen und möglichst bei Null zu halten. Allerdings sind solche GPS-Handheld-Navis schon für den rauen Betrieb draußen konstruiert, wiegen nur wenig, vertragen Regen und Tauchbäder in Flüssen und halten bis zu zwölf Stunden durch. Als Weiterentwicklung findet man sie aktuell als Trainingshilfen für Läufer; sie sind auf Armbanduhr-Größe geschrumpft. Obwohl ein Massenmarkt für Handhelds nicht erkennbar ist, haben sie doch ihre Daseinsberechtigung für aktive Wanderer, Fahrradfahrer, Bergsteiger oder auch Jogger.

Für GPS-Handheld-Anwendungen, bei denen das Gewicht und auch der Preis nur untergeordnete Rollen spielen, gibt es jetzt auch Geräte mit etwas größerem Display - sogar in Farbe - mit Pixelkarten und Vektorkarten, wasserdicht und langer Standzeit. Man kann sie also sowohl im Auto als auch im Mountainbike-Gelände verwenden. Typische Vertreter findet man unter anderem bei Garmin und Magellan. Bei diesen Alleskönnern muss man aber mit Preisen jenseits 600 Euro rechnen, hat nach wie vor nur ein relativ kleines Display, im Auto keine Sprachführung und muss sich mit Einschränkungen beim Bedienungskomfort - beispielsweise bei der Eingabe von Zielen - abfinden.

Bei den Programmen für die linke Produktgruppe mit den Pixelkarten finden sich fast immer zwei Segmente: Das eine läuft auf dem heimischen PC, das andere auf dem PDA. Der große Rechner zu Hause beherbergt das Hauptprogramm zum Erstellen, Verwalten und Auswerten von Routen und Wegpunkten. Ein Ableger dieser Software wird auf einen (Windows-)PDA oder Palm übertragen - und dies Gerät dient dann quasi als mobiler Sensor und Speicher für die Outdoor-Aktivitäten. Da klassische PDAs benutzt werden, beschränkt sich die Anwendung jedoch auf eine trockene Umgebung im Rucksack, auf dem Segelboot oder in der Sportfliegerei - andernfalls braucht man wasserdichtes Zubehör wie die Otterbox oder andere Schutzhauben (Aquapac oder Ortlieb GPS-Hülle).

Die Navis für den Massenmarkt verwenden ausschließlich Vektorkarten für die Straßennavigation, nur damit kann der Computer Strecken ausrechnen; zwei Hersteller teilen sich weltweit den Markt mit den Kartendaten: Teleatlas und Navteq. Der rechte Hauptzweig unseres Schaubildes zeigt die Familie der Vektorkarten-Navisoftware.

Und Straßennavigation meint nur Straßennavigation: Wirtschaftswege, Rad- und Wanderwege sind zwar in manchen Navi-Programmen sichtbar, sie sind aber nicht als Vektordaten erfasst und können somit auch nicht in eine Strecke eingebaut werden. Egal wie oft einige Anbieter immer wieder von Fahrrad- oder auch Fußgängernavigation reden, handelt es sich dabei doch um eine Irreführung des Käufers. Man kann zwar die eigene Position beispielsweise in einer Fußgängerzone sehen, eine vom Programm geroutete Strecke wird aber immer großzügig auf einer Autostraße drumherum führen.

Hauptsächlich läuft Vektorkarten-Software auf PDAs, PNAs, in PKWs festeingebauten Navigationsgeräten und inzwischen auch auf Handys.

PDAs haben den großen Vorteil, dass man sie nebenbei noch für andere Dinge als für die Navigation benutzen kann. Sie haben ein relativ großes Display, das bei kluger Auswahl auch draußen bei direktem Sonnenlicht noch ablesbar ist und sie lassen sich zum Schutz vor Diebstahl leicht und schnell notfalls sogar in der Hosentasche verstauen.

Dem stehen jedoch mehrere Nachteile entgegen: Eine Akkuladung im PDA hält lediglich drei, maximal vier Stunden; dann braucht man eine Steckdose. Weiter darf ein PDA nicht nass werden - solange man die Hardware im Auto, Boot, Flugzeug oder in einer wasserdichten Plastiktüte einsetzen kann, ist alles in Ordnung - außerhalb solcher Schutzzonen muss man sich aber etwas anderes einfallen lassen. Und schließlich: Die Installation einer zugekauften Software und die Konfiguration der Bluetooth-Schnittstelle für den externen GPS-Empfänger ist nicht jedermanns Sache. Wenn der sachverständige Admin mit im Auto sitzt, ist das gar kein Problem, aber Muttern damit zur Kur nach Bad Gastein schicken? - das ist doch sehr gewagt und zieht bei einem „windows-normalen“ kleinen Systemabsturz erhebliche Telefonkosten nach sich.

Deutlich einfacher ist die Konfiguration eines PDAs mit eingebautem GPS-Empfänger, wie sie jetzt zunehmend angeboten werden. Das Betriebssystem ist meistens so eingerichtet, dass der Empfänger automatisch gefunden und eingestellt wird und damit rückt der praktische Betrieb solcher Geräte in die Nähe von PNAs.

Wer PDA-Funktionen nicht braucht oder wem solch ein „Taschen-PC“ zu teuer ist, für den dürfte ein so genannter PNA das Mittel der Wahl sein. Mit dem „persönlichen Navigations-Assistenten“ kann man eigentlich nichts anderes anstellen als navigieren. Zusätzliche MP3-, Foto- und Video-Funktionen liegen zwar im Schnickschnack-Trend der Zeit, der eigentliche Kauf-Impuls kommt aber immer von der Navigation her. Und hier glänzen diese Geräte richtig: Selbst wenn bei verschiedenen Anbietern einmal die Menüführung nicht ganz so gelungen ist, können auch mitreisende Kinder das Gerät bedienen, neue Routen eingeben und sogar nach einem Absturz den alten Zustand wieder herstellen.

PNAs sind direkt einsatzbereit, sie benötigen keine Konfiguration und keine Einstellungen - einschalten, Ziel eintippen und losfahren reicht. Es gibt kaum Einbauprobleme, eine Saugnapfhalterung ist fast immer dabei und aus einem Leihwagen ist das Gerät mit einem Griff in ein anders Auto umsetzbar. Und selbst, wenn man sie einmal außerhalb des Autos betreiben will, machen sie mit: Zumindest zwei bis vier Stunden lang, bis der eingebaute Akku leer ist.

Die Preise von PNAs reichen von 200 Euro bis 500 Euro. Diese Bandbreite rührt hauptsächlich von unterschiedlicher Kartenausstattung und den Zusatzfeatures wie Stauwarn-Funktionen per TMC, MP3- oder Video-Player her. Doch es ist zu erwarten, dass die Preise weiter sinken und dass Fortschritte in der technischen Entwicklung sich als erstes bei den PNAs niederschlagen werden.

Allerdings sollte man auch die Nachteile dieser Geräte nicht verschweigen: Die Spannungsversorgung von zwölf Volt begrenzt die erzielbare Lautstärke und in kleinen, meist lauten Autos kommt es daher manchmal zu Problemen mit der Verständlichkeit von Sprachdurchsagen. PNAs navigieren ausschließlich mit GPS-Signalen; fallen diese aus - beispielsweise in langen Tunnels - „steht“ die Navigation oder rechnet bestenfalls mit der letzten Geschwindigkeit und der letzten Richtung weiter. Diesen Mangel vollständig zu kompensieren, gelingt nur mit der nächsten Gerätekategorie.

Den vollständigen Artikel finden Sie in c't 09/2007.

"Ihr Handy als Lotse"
Artikel zum Thema "Ihr Handy als Lotse" finden Sie in der c't 9/2007:
Welches Navigationsgerät für wen? S. 122
15 Navi-Programme fürs Handy S. 126

(roe)