Hacking Team: Kantonspolizei kaufte Überwachungssoftware trotz Bedenken des Bundesgerichts

Die Zürcher Kantonspolizei hat nach einer Weisung ihres Sicherheitsdirektors Überwachungssoftware von Hacking Team eingekauft, obwohl das Bundesgericht in einer Entscheidung monierte, dass die Anschaffung gegen geltendes Recht verstoßen kann.

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Kantonspolizei kaufte Überwachungssoftware trotz Bedenken des Bundesgerichts

(Bild: dpa, Julian Stratenschulte)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Die Zürcher Kantonspolizei hat sich beim Kauf von Überwachungssoftware über eine Entscheidung des Schweizer Bundesgerichtes hinweggesetzt, wie die Zeitung Schweiz am Sonntag berichtet. Das Gericht kippte in einer der Zeitung vorliegenden Entscheidung vom 1. Oktober 2014 den Artikel 32 f. des Zürcher Polizeigesetzes (PDF-Datei) zur "Informationsbeschaffung im Internet", laut dem ein Polizeioffizier oder eine Polizeioffizierin den Einsatz von Software bei bestimmten Delikten anordnen kann.

Das Gericht mahnte an, dass hier gemäß Artikel 179 des Schweizer Strafgesetzbuches eine richterliche Genehmigung vorliegen müsse und zweifelte daran, ob diese Genehmigung "auf die Überwachung mittels Computerprogrammen anwendbar ist." Unter Verweis auf einen Gesetzeskommentar warfen die Richter die Frage auf, ob Trojaner-Software ein "Überwachungsgerät" darstellt, dessen Funktionsfähigkeit vorher geprüft werden müsse.

Die Entscheidung des Bundesgerichtes ignorierend hatte Regierungsrat Mario Fehr in seiner Eigenschaft als Sicherheitsdirektor der Zürcher Kriminalpolizei bei der italienischen Firma Hacking Team am 24. Dezember 2014 Software und Schulungs-Dienstleistungen im Wert von 486.000 Euro bestellt und eine Option zur Nutzungslizenz für die Jahre 2016 und 2017 für jeweils 70.000 Euro vereinbart. Die geht aus den Verträgen der Firma Hacking Team hervor, die von unbekannten Hackern nach einem Einbruch in die IT-Systeme entführt und veröffentlicht wurden.

Wegen dem Ankauf dieser Software wurde Fehr von den Schweizer Jusos angezeigt, worauf dieser seine Mitgliedschaft in der Sozialdemokratischen Partei Schweiz (SP Schweiz) vorläufig unterbrach. Die Zürcher Staatsanwaltschaft hat inzwischen die Annahme der Anzeige abgelehnt. Nach Angaben der "Schweiz am Sonntag" verteidigt Fehr nach wie vor den Ankauf der Trojaner-Software: "Ich nehme die Grundrechte der ehrlichen Bürgerinnen und Bürger sehr ernst", sagte er der Zeitung.

Um Hacking Team ist es nach wie vor sehr ruhig. Von Zeit zu Zeit gibt es E-Mails des Firmenchefs Vinvenzetti, der auf verschiedenen Mailinglisten einen Neustart seiner Firma mit "revolutionärer Software" ankündigt, die von Grund auf neu entwickelt wurde. Details dieses neuen "Remote Control Systems" sind noch nicht öffentlich geworden. (axk)