Juwelen im Bilderberg

Vor dem Export einer Bildergalerie fürs Web oder einer Fotosammlung für den Belichtungsdienst müssen würdige Exponate gefunden werden; also geht man auf die Jagd nach den Juwelen im Bilderberg. Clevere Werkzeuge von der können sich bei dem aussichtslos erscheinenden Unterfangen als Geheimwaffe entpuppen.

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Inhaltsverzeichnis

Ebenso wie wissenschaftliche Fachbücher häufig mit „Schon die alten Griechen ...“ beginnen, fangen viele Artikel zur Digitalfotografie mit einem Lamento über die verglichen mit analogen Zeiten unkontrollierbare Bilderflut an - und es ist berechtigt. Tausend Fotos von einer Hochzeit nützen gar nichts, wenn sie nur auf der Festplatte liegen. Viele Programme von der Heft-DVD assistieren aber dabei, aus den tausend Bildern die 50 für die Familie interessantesten auszuwählen und in diversen Spielarten zu exportieren.

Die Bilddatenbanken ThumbsPlus und StudioLine helfen mit ihren Schlagwortsystemen nach IPTC-Standard. Da deren Pflege aber wertvolle Freizeit kostet, sollte man den Aufwand von vornherein auf ein Minimum beschränken. In den meisten Fällen kommt man auch ohne Verwaltungsprogramm ans Ziel. Zum Vorführen der Bilder vom letzten Wochenendtrip reicht es, den Überblick über die Fotos der letzten drei Monate zu behalten.

Mit einer durchdachten Ordnerstruktur kann man sich den Start der Bildverwaltung dann oft sparen. Die Scans aus Schulzeiten liegen dann beispielsweise im Ordner 1995-06_Abi, die aktuellen Urlaubsbilder in 2007-07_Toskana. Wer ausschließlich Metal-Bands und Segelschiffe fotografiert, kann stattdessen entsprechende Ordner anlegen und Unterordner mit den Namen der Kapellen beziehungsweise Kähne hinzufügen. Sollte man Manowar einmal auf der Gorch Fock erwischen, hat man aber ein Problem, das sich mit Dateiordnern nicht lösen lässt. Hier empfiehlt sich eine Bilddatenbank mit Kategoriensystem wie StudioLine. Dazu später mehr. Welche Ordnerstruktur auch immer praktikabel erscheint: Wichtig ist, dass man ein einmal begonnenes System konsequent weiterführt.

Nicht jeden Schnappschuss aufzuheben, reduziert den Verwaltungsaufwand noch einmal kräftig. Auch wenn Privatfotos eine sehr emotionale Angelegenheit darstellen: Bloß weil man zu einem zufälligen Zeitpunkt den Auslöser gedrückt hatte, besitzen die dabei produzierten Daten nicht zwangsläufig dokumentarischen Wert. Der verglichen mit analogen Zeiten geringe Materialverbrauch animiert zwar zum Experimentieren mit Bildkomposition und Belichtung. Nach dem Kopieren auf die Festplatte kann man aber, je nachdem wie nervös der Finger am Abzug lag, häufig einen guten Teil des Rohmaterials aussondern.

Der Bildbetrachter IrfanView hilft bei der Vorauswahl, denn er stellt Digitalfotos im Vollbild besonders schnell dar. Das gilt insbesondere für sperrige Raw-Dateien, die IrfanView nach Installation der auf DVD mitgelieferten Plug-ins anzeigt. Je nach Schärfe der Selbstkritik schrumpft die Bildermasse nach Löschen missratener Fotos oder unbrauchbarer Varianten eines Motivs auf ein erträgliches Maß.

Wer seine Dateien anschließend umbenennt, erkennt bereits am Dateinamen, worum es sich ungefähr handelt. Unter Datei/Batch Conversion/Rename macht IrfanView sich die verschiedenen Metadatenstandards zunutze, wie die von der Kamera in den Header der Bilddatei eingetragenen technischen EXIF-Daten und die vom Fotografen zu ergänzenden inhaltlichen IPTC-Daten [1]. $N beschreibt zum Beispiel den alten Dateinamen, $125 eventuell vorhandene IPTC-Schlagwörter und $E306 das EXIF-Datum samt Uhrzeit, welches den Aufnahmezeitpunkt ausweist. Über alle anderen verfügbaren Datei-, EXIF- und IPTC-Informationen samt Platzhaltern gibt die Hilfe Auskunft, die über einen Knopfdruck im Umbenennen-Dialog erscheint.

Die Bildbetrachter FastStone Image Viewer und XnView sowie die Vollversion Zoner PhotoStudio präsentieren JPEG-, TIFF- und Raw-Fotos zügig als Vorschaubilder mit variabler Miniaturengröße. Im Windows Explorer unter XP schleppt sich hingegen die Anzeige großer TIFF-Dateien dahin, Raw-Formate werden gar nicht erst unterstützt.

Auf Wunsch konvertieren alle genannten Programme ausgewählte Fotos im Batch-Modus nach JPEG, TIFF oder in andere Formate. Zum Weitergeben der Raw-Fotos an die Tante muss man also nicht Photoshop & Co. bemühen, denn die Viewer starten schneller und die Bedienung ist weniger kompliziert als die Stapelverarbeitung vieler Bearbeitungsprogramme.

Das Konvertieren ist bei JPEG-Dateien kontraproduktiv, da eventuell Bildinformationen verloren gehen und die Daten überdies bereits platzsparend gespeichert sind. Raw-Fotos sollte man fürs Archiv allenfalls ins quelloffene DNG-Format konvertieren (Digitales Negativ), um sie auch zukünftig noch lesen zu können. Das erledigt der ebenfalls auf Heft-DVD befindliche DNG-Konverter von Adobe. Auch er benennt Fotos auf Wunsch anhand des EXIF-Datums, des alten Dateinamens und eigenen Textes um.

Eine einfache Möglichkeit, den Durchblick in einem größeren Bilderwald zu behalten, bietet Picasa. Bei dem Google-Programm handelt es sich um ein Mischwesen aus Bildbetrachter und Bilddatenbank. Auf Schlagwortsysteme verzichtet es. Stattdessen lädt es auf Wunsch alle Bilder der Festplatte oder eines ausgesuchten Ordners in die Datenbank und stellt sie über großzügige Vorschaubilder dar.

Vom kompletten Festplatten-Scan kann man allerdings nur abraten, denn man ahnt gar nicht, was für Bilder und Bildchen auf der Festplatte schlummern und plötzlich in Picasa erscheinen, beispielsweise Screenshots aus Hilfe-Dateien, CD-Booklets oder Elemente aus HTML-Vorlagen. Sinnvoller ist die Wahl eines Ordners mit den Fotodateien. Picasa ordnet alle Bilder chronologisch anhand des in den EXIF-Informationen gespeicherten Aufnahmedatums.

Weicht das EXIF-Datum vom Aufnahmedatum ab, wie beispielsweise bei eingescannten Analogfotos, sortiert Picasa die Fotos allerdings falsch ein. Die Perl-Skriptsammlung ExifTool ändert über die Kommandozeile EXIF-Angaben wie das Datum oder den Kommentar, den vielleicht der Vorbesitzer einer Kamera eingetragen hat. Der Exif-Viewer lässt sich mit grafischer Oberfläche etwas einfacher bedienen. Er setzt das EXIF-Datum aller Dateien eines Ordners neu oder verschiebt es um eine Anzahl Tage, Stunden und Minuten. Alternativ lässt sich die Jahreszahl neu setzen oder das Datum unabhängig von der Uhrzeit ändern. Außerdem kann man das Dateidatum als EXIF-Datum festlegen und umgekehrt. Das Ganze erledigt das Tool nicht nur für JPEG-, sondern auch für TIFF- und NEF-Dateien.

Hat man das EXIF-Datum des Scans der großelterlichen Hochzeit auf den korrekten Termin vom April 1948 gesetzt, erscheint das entsprechende Foto nach einem Re-Import an der korrekten Stelle in Picasas Timeline. Mit der Option „Zeitverlauf“ kann man in Glücksrad-Manier durch die Jahre browsen. Ausgesuchte Bilder zeigt Picasa als Diashow an, skaliert und exportiert sie als JPEG-Dateien oder erstellt eine HTML-Galerie.

Den vollständigen Artikel finden Sie in c't 19/2007.

[1] Andrea Trinkwalder, Für die Ewigkeit, Metadatenstandards fürs Bildarchiv, c't 16/06, S. 156

"Foto Workshop"
Artikel zum Thema "Foto Workshop" finden Sie in der c't 19/2007:
Bilder verwalten, drucken und ins Web stellen S.92
Kontrast, Helligkeit und Farbe optimal anpassen S.98
Fotobearbeitungs-, Grafik- und DTP-Programme S.106
Software zum Experimentieren, Üben und Nachschlagen S.160

(akr)