BND-Skandal: Opposition fordert Untersuchungsausschuss zu BND-Selektoren

Linke und Grüne wollen, dass die Suchmerkmale des Bundesnachrichtendiensts in den NSA-Untersuchungsausschuss einbezogen werden. Die Koalition sperrt sich dagegen.

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(Bild: dpa, Jochen Lübke)

Lesezeit: 3 Min.

Im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags gibt es wieder einmal einen handfesten Streit über das weitere Vorgehen. Die Opposition fordert, dass der Ausschuss auch eigene Selektoren des Bundesnachrichtendiensts (BND) genau unter die Lupe nimmt. Die Bundesregierung ist dagegen der Ansicht, dass diese Suchmerkmale für die Internet- und Satellitenaufklärung nicht Teil des Untersuchungsgegenstands sind und allein im speziellen Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr) behandelt werden dürften. Auch die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD machen bislang keine Anstalten, die BND-Selektoren einbeziehen zu wollen.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Der BND steht im Verdacht, nicht nur mit Suchmerkmalen der NSA, sondern auch mit einer eigenen Auswahl etwa von Telefonnummern oder IP-Adressen zur Telekommunikationsüberwachung gegen deutsche sowie europäische Interessen verstoßen und "Freunde" ausspioniert zu haben. Obleute des NSA-Untersuchungsausschuss durften am Montag eine Liste mit 10.000 bis 20.000 solcher kritischen BND-Selektoren im Kanzleramt einsehen – unter hohen Sicherheits- und Geheimhaltungsanforderungen. Den Vertretern von Linken und Grünen erschien das Material dabei brisant genug, um es im Detail in dem parlamentarischen Gremium zu prüfen, in dem vor allem die Snowden-Enthüllungen aufgearbeitet werden sollen.

Die Obfrau der Linken, Martina Renner, erklärte nach einer Beratungssitzung des Ausschusses am Mittwoch, es gebe einen klaren Bezug zwischen den BND-Suchmerkmalen und denen der NSA. Teils seien diese sogar identisch, insgesamt stark miteinander verzahnt. Es gehe mit um den "Kern des Spionageskandals". Kritische Bestandteile seien in der BND-Zentrale in Pullach und am Horchposten Bad Aibling im gleichen Rahmen identifiziert und teils gelöscht worden. Konstantin von Notz von den Grünen bezeichnete die Erklärung des Bundeskanzleramts, dass die Selektoren kein Fall für den Ausschuss seien, als "hochnotpeinlich". Die Merkmale könnten schließlich auch Teil des zu untersuchenden "Ringtauschs" von Informationen zwischen westlichen Geheimdiensten sein.

Die Opposition will nun zunächst einen Antrag für die nächsten Plenarsitzungen des Bundestags stellen, mit dem der Untersuchungsgegenstand offiziell um die BND-Suchmerkmale erweitert werden soll. Es sieht aber danach aus, dass die Koalition mit ihrer Mehrheit dagegen stimmen wird. Für diesen Fall wollen Linke und Grüne einen eigenen Untersuchungsausschuss für die BND-Selektoren beantragen. Einen solchen könnten Union und SPD nicht verhindern, da hier die Minderheitenrechte der Opposition zum Tragen kämen.

Umstritten ist nach wie vor auch die Handhabe der NSA-Suchmerkmale. Die Koalitionsfraktionen bestellten im Sommer im Regierungsauftrag mit dem Ex-Bundesverwaltungsrichter Kurt Graulich einen Sonderermittler, um die vom BND früher oder später aussortierten knapp 40.000 US-Selektoren zu prüfen. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass die Vorgaben vielfach illegitim waren. An sich sei der Ansatz aber "richtig" und "politisch intelligent" gewesen. Die Opposition will auch die NSA-Merkmale selbst einsehen und hat deswegen Verfassungsbeschwerde eingelegt. (mho)