Japan: Roboter für die alternde Gesellschaft

Japan altert rasant, die Einwohnerzahl sinkt. Doch die Gesellschaft sperrt sich gegen Einwanderer. Stattdessen sollen Roboter bei der Altenpflege helfen und die Wirtschaft in Gang halten.

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Japan: Technik für die alternde Gesellschaft
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Eine der beliebtesten Manga-Figuren in Japan ist Doraemon: Eine freundliche Roboterkatze aus der Zukunft, die einem tollpatschigen Jungen hilft, sein Leben zu meistern.

Auf der Roboter-Messe iREX in Tokio muss man unweigerlich an Doraemon denken. Denn die Messe zeigt, wie stark die Japaner mittlerweile auf die Hilfe von ganz realen Robotern zählen. Über 500 Aussteller zeigen niedliche Dienstleistungsroboter, kollegiale Industrie-Roboter und Exoskelette, die übermenschliche Kräfte verleihen.

iREX Tokio 2015: Technik für die alternde Gesellschaft (11 Bilder)

Exoskelette sind eine typisch japanische Antwort auf den demografischen Wandel: Sie helfen Senioren bei körperlicher Arbeit.

Die Hilfe ist dringend nötig: Japans Bevölkerung altert rapide, die Einwohnerzahl sinkt seit 2005. In vielen Branchen fehlen Arbeitskräfte, zum Beispiel in der Altenpflege. Doch Einwanderung ist immer noch ein Tabuthema. Die Regierung fordert stattdessen, dass "alle 100 Millionen Japaner ihren Beitrag leisten".

Vor allem Ältere und Frauen sollen mehr arbeiten. Doch die japanische Wirtschaft bietet Frauen kaum eine Chance, Nachwuchs und Karriere zu vereinen. Und die Erhöhung des Rentenalters steht nicht zur Debatte. Viele Unternehmen setzen deshalb auf Roboter, um die Lücken zu füllen.

Zum Beispiel auf Pepper, den Kommunikationsroboter von Softbank. In Banken und Geschäften verteilt er Flyer, belustigt Wartende, berät Kaufinteressenten. Größter Kunde ist momentan Nestle: Pepper fragt Kunden nach ihren Kaffee-Vorlieben und empfiehlt die passende Maschine. Mizuho, eine der größten Banken Japans, setzt Pepper in einem halben Dutzend Filialen ein – bald sollen es über 100 sein.

Die positive Haltung gegenüber Robotern rühre aus der japanischen Popkultur, sagt Fuminori Gunji von Softbank Robotics. Peppers niedliche ("kawaii") Art helfe, letzte Berührungsängste abzubauen. Der Roboter solle an einen ungefähr zwölfjährigen, unbeholfenen Jungen erinnern. Bald will Softbank ein SDK bereitstellen und einen App Store öffnen, damit Pepper vielseitiger einsetzbar wird.

Deutlich größer als der Bereich der Dienstleistungsroboter ist auf der iREX der Industriebereich. Die Grenzen sind allerdings fließend: Der deutsche Hersteller Kuka preist einen Leichtbau-Industrie-Roboter als Arzthelfer an, zum Beispiel für Ultraschall-Untersuchungen. Der "Sawyer" von Konkurrent Rethink Robotics soll in Fabriken arbeiten, ist mit seinen großen Augen aber auch ziemlich kawaii.

Obwohl die iREX als Robotermesse firmiert, zeigen auffallend viele Aussteller andere technische Lösungen speziell für Pflegeheime und Krankenhäuser. Unter anderem sollen die Pflegerobbe Paro, Alarmsysteme und Exoskelette das knappe Pflegepersonal entlasten.

Viele iREX-Besucher nutzen die Chance, einmal selbst ein Exoskelett anzulegen. Auch solche Anzüge, die übermenschliche Kräfte verleihen, kennen fast alle Japaner aus Mangas. (cwo)