DSL-Turbo Vectoring: Angst vor Monopol unbegründet?

Auf die weitreichende Kritik der Monopolkommission an den Vectoring-Plänen der Telekom und dem dazu von der Bundesnetzagentur vorgelegten Regulierungsentwurf gibt es unterschiedliche Reaktionen in der Branche.

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DSL-Router

(Bild: dpa, Frank Rumpenhorst/Archiv)

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Die Kritik der Monopolkommission an den Vectoring-Plänen wird von Telekom und Bundesnetzagentur zurückgewiesen, währen sich die Wettbewerber des Bonner Konzerns über die kritischen Worte freuen. Die Befürchtungen, beim Vectoring könnte ein neues Monopol der Telekom entstehen, seien "völlig unbegründet", findet die Deutsche Telekom. Die Bundesnetzagentur wiederum wehrt sich gegen die Einschätzung, das geplante Vectoring-Verfahren errichte zu hohe Hürden für die Wettbewerber. Der Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) hingegen klatscht Beifall und sieht sich in seiner Kritik bestätigt.

Die Telekom möchte die Vectoring-Technik, mit der bei VDSL über die Kupferleitung auf kurze Distanz bis zu 100 MBit/s möglich sind, im sogenannten Nahbereich um die knapp 8000 Hauptverteiler (Hvt) des Telekomnetzes einsetzen. Technisch bedingt wird beim Vectoring jeweils ein ganzer Kabelstrang mit mehreren Teilnehmeranschlussleitungen (TAL) von einem Vectoring-Anbieter genutzt. Andere Provider bleiben dann außen vor.

Vectoring: der VDSL-Beschleuniger

Kaum ein Netzthema wird so kontrovers diskutiert wie das Vectoring: Mit der neuen Technik lassen sich bis zu 100 Mbit/s aus einem VDSL-Anschluss kitzeln - kein Wunder, dass die Telekom das anbieten möchte. Die Konkurrenz befürchtet aber eine Re-Monopolisierung des Markts, da Vectoring einen exklusiven Zugriff auf die letzte Meile erfordert. Kritiker befürchten zudem weitere Verzögerungen beim zukunftsträchtigen Glasfaserausbau.

Auch wegen dieser technischen Exklusivität hatte die Monopolkommission in ihrem am Montag vorgestellten Sondergutachten harte Kritik an den Vectoring-Plänen der Telekom und der dazu vorgelegten Regulierungsentwurf der Bundesnetzagentur geübt. Das Vorhaben und die geplante Regulierung führten zu einem neuen Technologie-Monopol der Telekom, warnt das wettbewerbsrechtliche Beratungsgremium der Bundesregierung, und errichte “hohe Hürden” für andere Netzbetreiber, die ebenfalls Vectoring anbieten wollen.

Es sei "zu befürchten", erklärte der Vorsitzende der Monopolkommision, Daniel Zimmer, am Montag in Bonn, "dass es der Bundesnetzagentur nicht gelingt, das Technologiemonopol der Deutschen Telekom auf der sogenannten letzten Meile im Nahbereich der Hauptverteiler zu verhindern". Solche Befürchtungen seien "völlig unbegründet", hält ein Telekom-Sprecher dem entgegen. Schließlich sehe der Regulierungsentwurf der Bundesnetzagentur vor, dass auch Wettbewerber "einige Nahbereiche" exklusiv erschließen könnten.

Dass die Hürden dafür zu hoch seien, wie die Monopolkommission meint, will die Bundesnetzagentur so nicht stehen lassen. "Die Hürden für Wettbewerber sind nicht unangemessen hoch", sagt ein Sprecher der Regulierungsbehörde. "In Bereichen, in denen die Wettbewerber sich bislang in stärkerem Maße bei der DSL-Erschließung von KVz in der Fläche engagiert haben als die Telekom, wird ihnen die Möglichkeit eingeräumt, die Nahbereiche selbst mit VDSL2-Vectoring zu erschließen."

Dabei muss auch die Bundesnetzagentur einräumen: "Wie viele Nahbereiche tatsächlich von den Wettbewerbern ausgebaut werden, kann heute noch nicht verlässlich abgeschätzt werden, da das Verfahren zweistufig ausgestaltet ist", sagt der Sprecher. Die erste Stufe ist die Bestandsaufnahme der von den Unternehmen im Anschlussbereich des Hauptverteilers erschlossenen Kabelverzweiger (Kvz). Wer hier die meisten DSL-Anschlüsse versorgt, kann auch Vectoring ausbauen. Stichtag für die Bemessung war der 23. November.

Darüber hinaus muss das Unternehmen eine Investitionszusage geben, sich also verbindlich für den Ausbau verpflichten. Die Monopolkommission kritisiert auch hier eine Schieflage in dem Entwurf der Bundesnetzagentur: Die Wettbewerber müssten eine "notariell beurkundete Verpflichtungserklärung" abgeben, während bei der Deutsche Telekom eine reine Absichtserklärung ausreiche. Die Bundesnetzagentur weist das zurück: Die Vorgabe für die Wettbewerber sei "mit Blick auf den Ausbau und die Verbindlichkeit gleichwertig zur Investitionszusage der Telekom".

Aber auch die Telekom ist mit dem Regulierungsentwurf nicht ganz glücklich. Was eben noch als Schutz gegen ein neues Telekom-Monopol wirkte, gefährdet nun die Wirtschaftlichkeit: Weil die Telekom dem Entwurf der Bundesnetzagentur zufolge "nicht sämtliche Nahbereiche ausbauen kann", sei "nicht mehr sichergestellt, dass die notwendige Mischkalkulation aus rentablen und unwirtschaftlichen Gebieten möglich ist".

Auch die geplanten Auflagen für neue Vorleistungsprodukte wie die virtuell entbündelte Teilnehmeranschlussleitung (VULA) kosten Geld und belasten die Mischkalkulation. Das bedeutet mehr Regulierung, mehr Aufwand und beeinflusst ebenfalls Investitionsentscheidungen", rechnet der Telekom-Sprecher vor. "Ob unter diesen Bedingungen tatsächlich alle Nahbereiche versorgt werden können, müssen wir jetzt prüfen." Übersetzt heißt das: Wenn die Telekom nicht alleine ausbauen darf, lohnt es sich für den Bonner Konzern nicht.

Das kann man auch als Drohung an die Politik verstehen, die für die Erfüllung ihrer Breitbandpläne auf die Telekom und das Vectoring-Verfahren setzt. Die Telekom verspricht schnellere Internetaschlüssen "für Millionen von Menschen". Dass in den Nahbereichen um die Hauptverteiler – hier geht es um eine Kabellänge von 550 Metern – in der Regel schon VDSL mit 50 MBit/s erhältlich sein dürfte und damit die Breitbandpläne der Bundesregierung erfüllt sind, steht auf einem anderen Blatt.

Während Telekom und Bundesnetzagentur die Kritik der Monopolkommission zu entkräften versuchen, sehen sich die Wettbewerber des Bonner Konzerns bestätigt. "Wir freuen uns über die deutlichen Aussagen der Monopolkommission", begrüßt Breko-Geschäftsführer Stephan Albers das Sondergutachten. Die Kommission habe die Positionen des Verbands bestätigt und erkannt, dass Vectoring eine Übergangstechnologie darstelle, die in ihren Möglichkeiten begrenzt sei. Auch die Forderung der Monopolkommission, der Bund müsse seine Anteile an der Telekom verkaufen, begrüßte der Breko-Verband. (vbr)