Netz-Monopoly für Anfänger

Die Monopolkommission warnt – mal wieder – vor einem "Technologiemonopol" der Deutschen Telekom. Interessiert Sie nicht? Sollte es aber!

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 2 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Die Monopolkommission warnt mal wieder vor einem "Technologiemonopol" der Deutschen Telekom. Interessiert Sie nicht? Sollte es aber!

"In einem Sondergutachten kritisiert die Monopolkommission die Pläne der Bundesnetzagentur für den Vectoring-Ausbau um die Hauptverteiler", berichten die Kollegen aus dem Newsroom. "Der Regulierungsentwurf schaffe hohe Hürden für Wettbewerber." Wenn Sie jetzt "Häh?" denken, befinden Sie sich in guter Gesellschaft. Ich vermute mal, außerhalb einer kleinen netzaffinen Community versteht kein Mensch, worum es bei diesem Streit eigentlich geht. Das ist schade. Denn die Diskussion ist eigentlich hochpolitisch.

Worum geht es? Vordergründig um schnelles Internet. Vectoring ist eine Technik, mit der man Daten auf Kupferleitungen mit bis zu 100 Mbit pro Sekunde übertragen kann. Also nochmal schneller als mit VDSL.

Das funktioniert aber nur, wenn ein Telekom-Anbieter alle Signale auf dem Kabel kontrolliert. "Nach den Vorstellungen der Telekom sollen ihre Wettbewerber die Leitungen zu den Kunden künftig über das ehemalige Staatsunternehmen mieten", schrieb Christian Buck in TR 5/2015. "Der Bundesverband Breitbandkommunikation unterstellt der Telekom daher, durch den Ausbau von Vectoring eine Re-Monopolisierung anzustreben."

Die Bundesnetzagentur will die Pläne der Telekom mit Auflagen genehmigen. Die Telekom-Konkurrenz schäumt. Im bisher letzten Akt dieses Dramas tritt nun die Monopolkommission mit einem Sondergutachten auf die Bühne und – siehe oben – warnt ganz eindrücklich vor einem "Technologiemonopol" der Telekom AG, das "bestehende Marktstrukturen weitgehend zementiert".

Schön, könnten Sie sagen. Na und? Da streiten sich halt ein paar Unternehmen, und die Monopolkommission schlägt sich auf die Seite der vermeintlichen Underdogs. Na und?

Vordergründig ist das richtig. Im Grunde genommen geht es bei der Debatte um Vectoring aber um mehr: Es geht darum, wem eigentlich dieses Internet gehört – wer für den Ausbau der Netze zuständig ist, wer diesen Ausbau bezahlt, und wer davon hauptsächlich profitiert.

Die Monopolkommission, und mit ihr leider auch ein Teil der netzpolitischen Community, setzt dabei voll auf den Markt. Die Telekom AG ist für sie ein Relikt aus einer quasi realsozialistischen Vergangenheit – ein ehemaliger Staatskonzern, der so schnell wie möglich komplett privatisiert gehört. Dem stehen private Unternehmen gegenüber. Die, weil sie ja dem Interesse ihrer Aktionäre verpflichtet sind, viel effizienter arbeiten. Die, weil sie unter Konkurrenzdruck stehen, viel agiler sind, und innovativer.

Ich kann's echt nicht mehr lesen. Wenn private Telekommunikationsunternehmen der Meinung sind, man könne mit schnellem Internet einen Haufen Geld machen, dann sollen sie doch ein schnelles Netz aufbauen. Wenn Kupferkabel bestenfalls eine Übergangstechnologie sind und die Zukunft sowieso der Glasfaser in jedem Haushalt gehört – bitte, dann legt doch Glasfaser.

Wer immer noch glaubt, Privatisierung von öffentlicher Infrastruktur sei eine gute Sache, möge sich das Beispiel Großbritannien anschauen. Das Ergebnis von 20 Jahren neoliberaler Politik ist eine Katastrophe. Das Internet wird in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren genauso wichtig werden wie Schiene, Wasserversorgung und Autobahnen. Das ist öffentliche Infrastruktur, die auch in die öffentliche Hand gehört. Damit der Enduser für ihren Ausbau nicht nur kräftig zahlt – denn das wird er sowieso müssen – sondern, damit beim Netzausbau wenigstens ein Mindestmaß an öffentlicher Kontrolle garantiert ist. Damit wir in zwanzig Jahren nicht in die Röhre gucken. (wst)