Austerität ist nicht alternativlos in Portugal

Die Linksregierung in Portugal hebt Löhne, Renten und Zuschüsse an und streicht oder kürzt Steuern

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Es scheint, als wolle die portugiesische Linke den Nachbarn in Spanien vor den Wahlen am Sonntag zeigen, dass es Alternativen zur Spar-, Kürzungs- und Lohnsenkungspolitik der Rechten gibt, um damit der Linken dort Wahlhilfe leisten. So hat die sozialistische Regierung am Donnerstag mit ihren leisen Reformschritten die definitive Abkehr von der Austeritätspolitik der konservativen Vorgänger eingeleitet.

Wie mit dem marxistischen Linksblock (BE) und der grün-kommunistischen Koalition CDU vereinbart worden war, welche die Sozialisten (PS) stützen, wird der Mindestlohn zum 1. Januar von 505 auf 530 Euro angehoben. Dagegen hatten sich die Unternehmerverbände gesträubt, während Gewerkschaften gefordert hatten, ihn gleich auf 600 Euro anzuheben, was bis zum Ende der Legislaturperiode 2019 geschehen soll. Die konservativen Vorgänger hatten ihn in der Krise auf 485 Euro gesenkt. Erst im Hinblick auf die anstehenden Wahlen im vergangenen Oktober wurde er wieder auf 505 Euro angehoben.

Und das Kabinett hat auch beschlossen, niedrige Renten unter 629 Euro im Monat sofort wieder an die Inflation anzupassen, die eingefroren oder sogar gekürzt worden waren. Das ist allerdings nur eine schwache Anhebung von durchschnittlich zwei Euro. Profitieren sollen davon zunächst etwa zwei Millionen Rentner. Aber auch Zuschüsse an sie sollen um durchschnittlich 3% angehoben werden, wenn die Einkünfte an oder unter der Armutsgrenze liegen. Zuschüsse an alleinerziehende Familien, die ebenfalls unter Armut leiden, sollen sogar um 10% erhöht werden. Nach Angaben des Ministers für Arbeit und Soziales José Antonio Vieira da Silva profitierten davon etwa 440.000 Haushalte, darunter "1,1 Millionen Kinder". Die Kosten dafür gibt er mit 173 Millionen Euro an.

Darüber hinaus wurde eine Streichung oder Senkung der Sondersteuer auf Einkommen beschlossen, die die Konservativen ebenfalls eingeführt hatten. Hier gab es Widersprüche, weil die Kommunisten die sofortige Abschaffung gefordert hatten. Geeinigt hat man sich darauf, sie für untere Einkommen bis zu 7.420 Euro jährlich sofort ganz abzuschaffen. Bis 20.000 Euro jährlich sollen Einkommen zunächst noch mit 1% zusätzlich besteuert werden, bis 40.000 werden es 1,75% sein und bis 80.000 künftig 3%. Nur Einkommen darüber werden 2016 noch voll mit 3,5 damit besteuert, bevor die Steuer 2017 dann komplett gestrichen wird.

Beschlossen wurde nun auch, die im öffentlichen Dienst zuvor gekürzten Löhne quartalsweise wieder auf das frühere Niveau anzuheben. Insgesamt sollen darbende Bürger mehr Geld haben und die Binnenwirtschaft ankurbeln und für einen selbstragenden Aufschwung sorgen. Auch konservative Experten gehen davon aus, dass sich über "emporschnellende Steuereinnahmen" die Mehrausgaben gegenfinanzieren lassen, weshalb Portugal wohl die "europäischen Fiskalregeln" einhalten kann.

Das Land will schon in diesem Jahr die Defizitgrenze von 3% wieder einhalten. Beim Nachbar in Spanien, der zwar gerne auch in Berlin als Musterschüler gehandelt wird, sieht das dagegen ganz anders aus. Die Konservativen erhielten immer wieder Erleichterungen und sollten das Ziel erst 2016 wieder einhalten. Daraus wird auch nach Ansicht der EU-Kommission aber nichts. Sie vermutet, dass es 3,6% werden, weil die Annahmen im Haushalt zu optimistisch seien. Wegen den hohen Ausgaben im Superwahljahr geht Brüssel davon aus, dass das spanische Defizit in diesem Jahr sogar 4,7% beträgt, obwohl Spanien 4,2% versprochen hatte.