Störerhaftung: Handelsverband fordert Änderung des Internetrechts

Offenes WLAN kann Kunden länger in Geschäften halten. Das gefällt Ladenbetreibern. Die Störerhaftung verhagelt ihnen allerdings dieses Konzept. Deshalb verlangt der Handelsverband Baden-Württemberg eine Änderung des Telemediengesetzes.

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Öffentlicher Hotspot

(Bild: dpa, Stephanie Pilick)

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Der Handelsverband Baden-Württemberg hat eine Gesetzesänderung zur Internetnutzung gefordert. Die Störerhaftung sei nicht kundenfreundlich und somit schlecht für den Einzelhandel, sagte Geschäftsführerin Sabine Hagmann.

Bei der Störerhaftung wird der Anbieter einer WLAN-Verbindung zur Rechenschaft gezogen, wenn ein Internetsurfer beispielsweise illegal Daten herunterlädt. "Also müssen sich die Kunden im WLAN mit einem Code einwählen und sich registrieren – aber das macht kaum jemand, weil das aufwendig ist." Die Einzelhändler wollten kostenlos WLAN anbieten, damit der Kunde gern ins Geschäft komme und dort länger als üblich verweile.

"Wir wollen WLAN nutzerfreundlich offerieren, aber die Rechtslage erlaubt das nicht wegen der Störerhaftung." Für Menschen auf Shoppingtour werde der Zugriff auf digitale Datenströme immer wichtiger. "Jeder Kunde hat ein, zwei Smartphones, mit denen will er auch im täglichen Einkauf problemlos umgehen können, um Angebote vergleichen oder auch nur mit der Freundin kommunizieren zu können."

Hagmann appellierte an die Landesregierung, über den Bundesrat Druck auszuüben. Es sei ihr völlig unverständlich, warum diese Debatte nicht an Schwung gewinne und warum das Bundesgesetz nicht längst geändert sei.

Auch Baden-Württembergs Verbraucherschutz-Minister Alexander Bonde (Grüne) hält wenig von der aktuellen Regelung. "Die Störerhaftung ist nicht mehr zeitgemäß und ein Hemmnis, daher gibt es eigentlich dringenden Handlungsbedarf", sagt Bonde. Die bisherige Störerhaftung basiere letztlich auf dem Pauschalverdacht, dass Nutzer offener Netze zum Illegalen neigten und anonym "wüste Dinge" tun würden. Diese Annahme sei Unsinn, machte Bonde klar.

Eine Neuregelung müsse aber die Bundesregierung in die Wege leiten. "In der großen Koalition in Berlin gibt es nach meiner Wahrnehmung aber keine Bereitschaft zur Modernisierung der Gesetze." Daher sehe er aktuell keine Chancen auf eine Änderung.

Was eine vom Handelsverband geforderte Bundesratsinitiative von Baden-Württemberg betrifft, äußerte sich Bonde skeptisch. "Ich teile die Faszination für Bundesratsinitiativen nicht überall", sagt Bonde. Solche Initiativen scheiterten bei Themen, die klar in Bundeszuständigkeit liegen, meistens an der übermächtigen Mehrheit von Union und SPD in Berlin. "Da enden geradezu Tonnen an Papierbergen ungelesen im Bundestag."

Derzeit läuft auf Bundesebene eine Novelle des Telemediengesetzes, das auch Regeln zur Störerhaftung enthält – auch künftig sollen WLAN-Betreiber für Fehlverhalten ihrer Internetnutzer haften müssen. Nur wenn sie bestimmte technische Sicherungen verwenden, stehen sie nicht mehr in der Haftung – doch diese erfordern etwa größere Programmierarbeiten. Außerdem sollen Nutzer einer Rechtstreueerklärung zustimmen. Die Rechteverletzung über Hotspots wird von Experten aber als eher unbedeutend eingestuft. Rechtswidrige Dinge im öffentlichem Raum zu tun, sei, so der Berliner Richter Ulf Buermeyer, deutlich gefährlicher als im stillen Kämmerlein zu handeln.

Unabhängig von der Störerhaftung als solcher erwähnt der Handelsverband nicht, welche Sicherheitsrisiken offene WLAN für unbedarfte Nutzer mit sich bringen können. Ein leichterer Zugang könnte auch die Chance erhöhen, dass mehr Nutzer Opfer von Datendiebstählen werden. Wie sich Nutzer geschützt in öffentlichen WLAN bewegen können, erläutert ein Ratgeber der Staatskanzlei Nordrhein-Westfalen. (mit Material der dpa) / (kbe)